Plausiblitätsprüfung durch eine neutrale Person
Die komprimierte Zusammenfassung in der Tabelle bietet noch einmal die Möglichkeit, die Plausibilität des Business Case zu prüfen. Das ist nötig, wenn der Controller an den bisherigen Arbeitsschritten nicht beteiligt war. Dieses Vorgehen bietet sich auch dann an, wenn eine neutrale Person, wie z. B. der zentrale Unternehmens-Controller, mit Fremdblick auf die Daten schaut.
Die Zahlen bieten dazu zahlreiche Anknüpfungspunkte. Am einfachsten ist es, die Entwicklung des Marktvolumens zu prüfen. Bei direkten Substitutionsprodukten wäre ein Anstieg ausgeschlossen. Walkman/MP3-Player oder Röhren-TV/LCD-TV könnten solche direkten Substitute sein. Alpinski und Langlaufski waren es dagegen nicht.
Während beim Absatzvolumen noch eine Mengensteigerung möglich ist, muss bei der Ziel-Deckungsbeitragsmarge von einem Verfall im Zeitablauf ausgegangen werden. Der Preisverfall ist schon früh im Lebenszyklus stärker ausgeprägt als die potenziellen Kostenvorteile, z. B. aus dem Erfahrungskurvengesetz. Die Rentabilität sinkt i. d. R. bereits vor Erreichen der Reifephase (vgl. Abb. 6).
Dazu gehört auch, dass gerade in der Markteinführung erhebliche Werbeaufwendungen anfallen und durch den Kapazitätsaufbau die Abschreibung deutlich ansteigt. In diesem Zusammenhang lässt sich auch prüfen, ob der für die Absatzplanung benötigte Kapazitätsaufbau richtig dargestellt wird. Das betrifft die Zahlungsströme der Investition einerseits und die zeitlich verschobenen Abschreibungen (inkl. der Integration in die Strukturkosten) andererseits.
Zur Plausibilitätsprüfung gehört insbesondere die Prüfung des Net Working Capital. Häufige Fehler bestehen darin, dass
- Vorratsaufbau und Absatz nicht aufeinander abgestimmt sind,
- Veränderungen im Cashflow auf Bestandsgrößen anstelle von Flussgrößen gerechnet werden,
- sinkender Absatz bzw. Umsatz in späteren Lebenszyklusphasen nicht zum Rückgang der Verbindlichkeiten L+L führt und somit zu einem negativen Finanzierungseffekt,
- die Inflation nicht richtig abgebildet wird, d. h. in Umsatz, Kosten und Diskontierungszinsfuß,
falsche Bezugsgrößen verwendet werden.
Umsatzorientierung führt häufig zu falschen Bezugsgrößen
Der letzte Punkt findet sich insbesondere in der Orientierung am Umsatz. Dabei ist es einleuchtend, dass höhere/niedrigere Verkaufspreise mit entsprechender Umsatzwirkung nicht automatisch zu Veränderungen im Werbebudget führen. Andere Beispiele sind Verbindlichkeiten und Vorräte. Erstere sind auf Materialeinzelkosten, Letztere auf Herstellungskosten zu beziehen. Schließlich sind mit Einkaufsrabatten, Rüstkosten, Lohnsteigerungen etc. zahlreiche Faktoren beteiligt, die nicht umsatzgetrieben sind.
Schwieriger zu bemerken sind Veränderungen in der Art des Wettbewerbs (z. B. Wechsel vom Qualitäts- zum Preiswettbewerb), die sich nicht in Zahlen widerspiegeln. Hier hilft nur die genaue Kenntnis der Branche mit entsprechenden Erfahrungswerten für den typischen Verlauf des Lebenszyklus.
Die Beispiele sollen zu weiteren unternehmensspezifischen Fragen anregen und können hier nicht vollständig sein. Sofern alle Fragen aber plausibel beantwortet sind, erscheint der Business Case aus reiner Zahlensicht stimmig. Die Diskontierung der Free Cashflows zeigt, ob ein positiver Unternehmenswertbeitrag geschaffen wird. Ob er jedoch "richtig" ist, d. h. eintreten wird, entscheidet sich (allein) in der Strategie.
Identifizierte Risiken mit anderen Instrumenten noch einmal prüfen
Auch wäre ein höherer Detaillierungsgrad der Rechnung zwar möglich, aber nicht sinnvoll. Im gezeigten Beispiel wurde bewusst gerundet. Angesichts der erheblichen Unsicherheit bzgl. der verschiedenen zu ermittelnden Größen stände dem Mehraufwand nur scheinbar mehr Genauigkeit gegenüber. Deshalb ist es wichtiger, die bis hierhin identifizierten Risiken der Planung noch einmal, d. h. mit anderen Instrumenten, systematisch zu prüfen und zu analysieren.