Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Dr. Matthias Michael Nelde
Zusammenfassung
Das Cash Pooling dient der Steuerung und Optimierung der Liquiditätsversorgung innerhalb eines Unternehmens oder auf Konzernebene. Im Folgenden wird vom Cash Pooling innerhalb eines Unternehmensverbundes ausgegangen. Mit dem Cash Pooling sollen die Finanzierungskosten durch die Konsolidierung konzerninterner Kapitalungleichgewichte und die Nutzung von Zinsvorteilen bei der Kapitalaufnahme verringert werden.
1 Cash Pooling als Instrument des Cash Managements
Ziel des Cash Poolings
Ziel des Verfahrens ist es damit, bei stets ausreichender Liquidität von Mutter- und Tochterunternehmen (Sicherheitsziel) die Kosten für Liquiditätsunterdeckungen aus Konzernsicht so gering wie möglich zu halten bzw. überschüssige Liquidität möglichst ertragreich anzulegen (Rentabilitätsziel). Ebenso soll die gesamte finanzielle Stabilität des Konzerns durch vorausschauende Finanzmittelplanung erhöht werden (Planungsziel). Hierfür werden die Salden der Quellenkonten mehrerer wirtschaftlich in einem Konzern zusammengefasster Tochterunternehmen auf einem einzigen Zielkonto ("Master Account") verrechnet. Die Überschüsse bzw. Fehlbeträge auf den Ursprungskonten werden nicht beibehalten, sondern global konsolidiert. Dies verhindert, dass auf einem Konto, das ein Defizit aufweist, hohe Soll- oder sogar Überziehungszinsen anfallen, während innerhalb des Konzerns gleichzeitig Konten mit Überschüssen vorliegen, die nur geringe oder keine Habenzinsen erwirtschaften. Im Gesamtergebnis verbleibt für den Konzern nur der Saldo des Master Accounts, der entweder möglichst gewinnbringend angelegt oder kostengünstig durch eine Kapitalaufnahme gedeckt werden muss. Das Cash Pooling wird i. d. R. für alle bei einem Kreditinstitut existierenden Konten vorgenommen, wobei ein Kreditinstitut meistens das Cash Pooling als Dienstleistung anbietet (sog. One Bank Solution). Innerhalb des Pooling-Prozesses werden bei größeren Unternehmen organisatorisch häufig komplexe Strukturen aus verschachtelten und kaskadierenden Poolingkreisen gebildet. Bestehen innerhalb eines Konzerns Beziehungen zu mehreren Banken, können die jeweiligen Master Accounts wiederum in einem institutsübergreifenden, aggregierten Cash Pool zusammengefasst werden (sog. Overlay Solution). In der Praxis existieren unterschiedliche Cash-Pooling-Verfahren, die sich, wie in Abb. 1 dargestellt, untergliedern lassen.
Abb. 1: Ausprägungen des Cash Poolings
2 Formen des Cash Poolings
2.1 Physisches Cash Pooling
Im Rahmen des physischen Cash Poolings werden die Salden der einzelnen Quellenkonten der Tochterunternehmen, die eine reine Durchlauf- bzw. Zahlungsverkehrsfunktion besitzen, zunächst auf ein Zielkonto übertragen. Haben-Salden werden dabei auf das Zielkonto transferiert (sog. Sweeping), wobei unterschieden werden kann zwischen einer Verpflichtung (Andienungspflicht) und einem Wahlrecht zum Übertrag (Andienungswahlrecht). Soll-Salden werden wiederum von dem Master Account ausgeglichen (sog. Topping oder Covering). Diese Zusammenführung der Quellenkonten zum Master Account wird durch den sog. Pool Leader durchgeführt, bei dem es sich um das Mutterunternehmen oder eine eigens dafür gegründete Betreibergesellschaft ohne eigenes operatives Geschäft (z. B. eine Inhouse-Bank oder ein Treasury Center) handeln kann. Bei Einsatz einer Betreibergesellschaft werden für das Master Account von der Muttergesellschaft gegebenenfalls Sicherheiten zur Verfügung gestellt. Die Aufnahme bzw. Anlage des Konzernsaldos wird vom Pool Leader vorgenommen, wobei dieser hierbei gegenüber dem Geschäftspartner als alleiniger Vertragspartner auftritt.
Rechtliche Basis
Die rechtliche Basis des physischen Cash Poolings bildet eine Kontokorrentabrede zwischen dem Mutter- und den Tochterunternehmen, bei dem sich beide Parteien dazu verpflichten, die bestehenden Ansprüche durch Saldierung in vereinbarten Zeitabständen zu verrechnen. Im Rahmen des Cash Poolings werden die Forderungen und Verbindlichkeiten der Einzelunternehmen gegenüber dem jeweiligen Kreditinstitut durch solche gegenüber dem kontoführenden Mutterunternehmen oder anderen Tochterunternehmen ersetzt ("Intercompany-Forderungen und -verbindlichkeiten"). Bei aufsteigenden Darlehen (sog. Upstream Loans) verfügen die einzelnen Gesellschaften über überschüssige Mittel, die sie der Muttergesellschaft in Form eines Darlehens zur Verfügung stellen. Demgegenüber führen negative Salden zu absteigenden (sog. Downstream Loans), bei denen das Tochterunternehmen ein Darlehen der Mutterorganisation erhält. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass sich die Konzerntöchter direkt gegenseitig liquide Mittel zur Verfügung stellen (sog. Cross-stream Loans).
Bei den in der Praxis gängigen Cash Pooling-Systemen findet die Zusammenführung der Konten bei einem Kreditinstitut entweder werktäglich oder zu vertraglich vereinbarten Zeitpunkten statt. Moderne Systeme ermöglichen sogar den untertägigen Ausgleich der Salden zu festgelegten Uhrzeiten.
Art des Saldenausgleichs
Wie Abbildung 1 verdeutlicht, können hinsichtlich der Art des Saldenausgleichs verschiedene Verfahren unterschieden werden.
Während die ...