Kim Louisa Dillenberger, Anne Kowalski
Zentrale Fundamente der Regulierung im Nachhaltigkeitskontext bilden das Pariser Klimaabkommen (Paris Agreement) mit der Verpflichtung der europäischen Staaten zu mehr Klimaschutz sowie der Beschluss der 17 Sustainable Development Goals (SDGs) gegen Armut, Ungleichheit und Klimawandel durch die UN-Mitgliedstaaten in 2015 (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Wesentliche regulatorische Initiativen und Meilensteine im Nachhaltigkeitsbereich im europäischen Kontext im Zeitverlauf
Im direkten Kontext stehen zwei weitere Eckpfeiler im Bereich nachhaltige Finanzmärkte: Der Aktionsplan für nachhaltige Finanzen (EU Action Plan on Financing Sustainable Growth) aus 2018 sowie der European Green Deal aus 2019. Hinter diesen steht die Absicht, die Finanzwirtschaft als Katalysator für den Umbau der Realwirtschaft zu nutzen, indem private Finanzströme in nachhaltige Verwendungen (um)gelenkt werden. Der EU-Aktionsplan Nachhaltige Finanzen richtet sich somit insbesondere an Finanzinstitute. Durch die höheren Informationsbedürfnisse des Finanzmarktes ergeben sich allerdings auch erhebliche "Zugeffekte" für realwirtschaftliche Unternehmen. Die Regelungen und Anforderungen betreffen zum einen das Reporting sowie die Governance.
In den Bereich Sustainability Reporting fällt die bereits 2014 verabschiedete EU-Richtlinie zur Nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD), die ab 2018 eine Pflicht für bestimmte große Unternehmen – große, börsennotierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen – vorsieht, ihre Lageberichte, um Nachhaltigkeitsangaben zu ergänzen. Diese wurde in 2017 mit dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) in deutsches Recht umgesetzt. Die bisher geltende NFRD erfährt aktuell ein umfangreiches Update und wurde durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die im Januar 2023 in Kraft getreten ist ersetzt. Durch die CSRD werden Änderungen an der bestehenden Rechnungslegungsrichtlinie 2013/34/EU, der Transparenzrichtlinie 2004/109/EC, der Abschlussprüferrichtlinie 2006/43/EC und der Abschlussprüferverordnung 537/2014/EU vorgenommen. Die Regelungen müssen dann in nationales Recht (CSR-RUG2) überführt werden und werden nach dem aktuellen Zeitplan ab dem 01.01.2024 für das Geschäftsjahr 2023 gelten.
Ziele der CSRD sind Transparenz und Konsistenz der Nachhaltigkeitsinformationen entlang der finanziellen Wertschöpfungskette zu schaffen sowie eine schrittweise Gleichstellung der finanziellen und der nachhaltigen, nicht-finanziellen Themen herzustellen. Die darin vorgesehenen Änderungen sind dabei erheblich: Ausweitung der Berichtspflicht, präzisierte Wesentlichkeitsdefinition ("doppelte Materialität"), deutliche Ausweitung der Berichtsinhalte (Diversity, Human Rights), Einführung einheitlicher EU-Berichtsstandards (ESRS) sowie die Einführung einer Prüfpflicht ("limited assurance").
Alle als groß geltenden Unternehmen werden künftig berichtspflichtig, unabhängig davon, ob deren Anteile an einem öffentlichen Markt gehandelt werden. Als groß gelten dabei Unternehmen, die am Bilanzstichtag mind. zwei der drei Merkmale erfüllen: Bilanzsumme > 20 Mio. EUR, Nettoumsatzerlöse >40 Mio. EUR, Beschäftigte >250. Bei den kapitalmarktorientierten Unternehmen fällt die Größenschwelle – mit Ausnahme von "Mikrounternehmen" – gänzlich weg. In Deutschland müssen demzufolge ab 2024 mehr als 16.000 Unternehmen zur Nachhaltigkeit berichten. Auf viele Unternehmen kommen somit erhebliche Veränderungen in Sachen Berichterstattung zu.
Für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater ergeben sich zudem Offenlegungspflichten hinsichtlich der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken aus der neuen EU-Verordnung SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation), die im März 2021 in Kraft getreten ist. Die SFDR gilt sowohl auf der "Unternehmensebene" (d. h. die Finanzunternehmen müssen darüber berichten, wie die gesamte Organisation mit solchen Risiken umgeht) als auch auf der "Produktebene" (d. h. die Unternehmen müssen darüber berichten, wie ihre Finanzprodukte von solchen Risiken betroffen sind).
An die dargestellten Berichtspflichten aus der NFRD und SFRD knüpft auch die Sustainable Finance- Taxonomie (EU-Taxonomie) an. Diese ist am 12. Juli 2020 in Kraft getreten und bildet das Herzstück des EU-Maßnahmenpakets. Als ein einheitliches, EU-weites Klassifizierungssystem für nachhaltige ökonomische Aktivitäten ("Taxonomie)" soll sie ein gemeinsames Verständnis schaffen, was unter "grün" zu verstehen ist. Um als "grün" zu gelten, müssen gemäß Taxonomie die wirtschaftlichen Aktivitäten eines Unternehmens einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der in der Verordnung festgeschriebenen Umweltziele leisten, gleichzeitig aber auch keinem der anderen Umweltziele einen signifikanten Schaden zufügen. Zudem sind soziale Mindeststandards einzuhalten und die sog. Technical Screening Criteria – quantitative und qualitative Schwellenwerte – zu erfüllen. Aktuell sind die Kriterien für die ersten beiden Umweltziele – Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel – v...