Kim Louisa Dillenberger, Anne Kowalski
Die International Group of Controlling hat im Jahr 2015 einen Leitfaden für den Aufbau und die Weiterentwicklung von Kompetenzen von Controllern herausgegeben, der seither Unternehmen als Orientierung dienen kann. Vergleicht man das dort genutzte Controller-Kompetenzmodell mit den Green Skills Ansätzen, fällt auf, dass es bereits wesentliche Überschneidungen gibt. Beispielsweise umfassen die Green Skills das Bewerten von Informationen, das Erkennen von Zusammenhängen und das Vorantreiben von Veränderungen. Diese Kompetenzen zeichnen auch moderne Controller aus, die laut Leitfaden zum Beispiel ihre analytischen Fähigkeiten nutzen sollten, um Handlungsfelder zu identifizieren und als Business-Partner proaktiv Impulse für Veränderungen zu geben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die grundlegenden Kompetenzen für nachhaltiges Handeln im Soll-Bild der modernen Controllerrolle bereits verankert sind. Die Herausforderung besteht aktuell eher darin, dass das Ist-Bild der Controllerrolle häufig noch nicht dem Soll-Bild entspricht.
Das offenbart sich nun bei der Diskussion, wie das Thema Nachhaltigkeit organisatorisch integriert werden sollte (vgl. Kapitel 3.8.). Eine gelebte Business-Partner-Rolle umfasst die Steuerung sämtlicher strategischer Themen, entsprechend auch der Nachhaltigkeit. Trotzdem sieht die Realität in dem Großteil der Unternehmen so aus, dass die Controllingabteilung kaum in das Thema eingebunden ist und hauptsächlich reines Finanzcontrolling der Nachhaltigkeit betreibt. Entsprechend werden die Rufe nach eigens eingerichteten Nachhaltigkeitsabteilungen lauter, die das Thema Nachhaltigkeit strategisch und inhaltlich ausrichten. Schöpfen Controller also ihr Rollen-Potenzial nicht aus, geben sie die "nachhaltige" Unternehmenssteuerung im Sinne eines Triple-Bottom-Line-Ansatzes weitgehend ab. Diese Schlussfolgerung lässt sich genauso ziehen, wenn es um andere strategische Querschnittsthemen wie die Digitalisierung oder das Krisenmanagement in Unternehmen geht. Das Thema Nachhaltigkeit reiht sich nun prominent in die Diskussion um die Rolle des Controllings ein und fordert Controller heraus, sich zu positionieren.
Wenn es also um den Ausbau des Kompetenzprofils von Controllern für eine nachhaltige Transformation geht, muss zunächst das Mindset auf das Soll-Bild der Controller-Rolle ausgerichtet werden. Angelehnt an das Controller-Kompetenzmodell ist dabei folgendes Mindset richtungsweisend: Die Controlling-Abteilung ist das Zentrum der nachhaltigen Unternehmenssteuerung.
Wie lässt sich dieses Mindset nun verwirklichen? Ein Blick auf das Controller-Kompetenzprofil zeigt, sämtliche der relevanten Kompetenzen sind auch im Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit grundlegend. Dennoch lassen sich einige Kompetenzen identifizieren, die in Hinblick auf das Ist-Bild der Controller-Rolle ausgebaut werden müssen, um eine nachhaltigkeitsbezogene Transformation voranzutreiben (vgl. Abb. 33). Diese lassen sich grob in drei Bereiche unterteilen: Wissenshorizont, Neugestaltung, Zusammenarbeit.
Abb. 33: Ausbau des Controller-Kompetenzprofils für eine nachhaltige Transformation (eigene Darstellung angelehnt an Eiselmayer/Gleich/Losbichler et al., 2015)
Wissenshorizont
Das Thema Nachhaltigkeit ist für viele Controller neu, es fehlt grundlegendes "Fachwissen". Jüngste Erkenntnisse aus der Green Controlling-Studie 2022 zeigen, besonders relevant wird nach Einschätzung der Studienteilnehmer künftig sein, ein allgemeines Verständnis von Nachhaltigkeitsanforderungen zu erlangen (Sustainability Literacy) sowie sich Qualifikationen im Energie- und Ressourcenmanagement anzueignen. Damit tut sich eine Qualifikationslücke auf, denn vielen Controllern fehlt es an grundlegenden Kenntnissen, um Nachhaltigkeitsthemen zu begegnen. Häufig ist dieses Wissen in anderen Abteilungen, wie beispielsweise einer Nachhaltigkeitsabteilung, gebündelt, oder gar nicht vorhanden. Dabei wird das Verständnis von Nachhaltigkeitsanforderungen zentral für das Nachhaltigkeitsreporting und -controlling sein. Als Business Partner im Nachhaltigkeitscontrolling werden Controller künftig noch versierter im strategischen Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen basierend auf entsprechenden Szenarien und Forecasts sein müssen. Sie benötigen also eine gewisse Lernbereitschaft, um sich im Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen fortzubilden. Letztendlich ist der Ausbau der Kompetenzen, die Controllern ermöglichen, ihren Wissenshorizont zu erweitern, die Grundlage dafür, die Steuerung für das Thema Nachhaltigkeit übernehmen zu können.
Neugestaltung
Obwohl das Thema Nachhaltigkeit auch in der Vergangenheit schon viel diskutiert wurde, sind klare Konzepte zur nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmenssteuerung rar. Es ist nun die Aufgabe der Controller, solche Konzepte zu entwickeln und umzusetzen. Dazu müssen sie in erster Linie Initiative ergreifen, Offenheit für Veränderung zeigen und proaktiv Impulse geben. Damit übernimmt der Controller eine aktive Business Rolle in der strategi...