Interpretation von Kennzahlen
Die Messung der Prozessperformance in Know-how-basierten, führungsunterstützenden Prozessen ist schwieriger als in transaktionalen Prozessen. Ggf. beeinflussen auch externe Faktoren das Messergebnis. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass auf Basis einer erfolgten Kennzahlenmessung (und eines darauf aufbauenden internen oder externen Benchmarkings) falsche Rückschlüsse gezogen werden, da Einflüsse auf das Messergebnis nicht transparent sind oder falsch interpretiert werden.
Da sich diese Herausforderung in allen Controlling-Prozessen stellt, wird anhand eines ausgewählten Kennzahlenbeispiels ("Durchlaufzeit der Planung") der Nutzen, aber auch die Limitation der Performance-Messung in Controlling-Prozessen dargestellt.
- Controlling-Hauptprozess: operative Planung und Budgetierung
- Prozessdimension: Zeit
- Prozessbezogenes Ziel: kurzer Planungsprozess
- Kennzahl (KPI): Durchlaufzeit
- Berechnung: Arbeitstage von Start (Planungsbrief) bis Ende (Genehmigung, z. B. durch Aufsichtsrat)
- Einheit: Arbeitstage
Nutzen der Kennzahlenmessung
Die Kennzahl "Durchlaufzeit" operationalisiert das Prozessziel "kurzer Planungsprozess". Hinter dem Prozessziel liegt die Hypothese, dass eine Verkürzung der Planungsprozesse die Effizienz der Planung steigert und ohne Qualitätsverluste möglich ist. Die Qualität der Planung kann sogar gesteigert werden, indem ein kurzer Planungsprozess einen späteren Planungsstart erlaubt und das Budget damit auf valideren Ist- und Vorschaudaten aufsetzt. Die Messung dieser Kennzahl ist daher zweckmäßig, nützlich für das Management und kann den Anstoß für die Weiterentwicklung des Planungs- und Budgetierungsprozesses liefern.
Limitation der Kennzahlenmessung
Tatsächlich misst diese Kennzahl nur die Dauer des Planungsprozesses punktuell bzw. im Zeitverlauf. Aussagen über die Qualität der Planung sind damit nicht möglich. Die Dauer der Planung und deren Veränderung im Zeitverlauf werden durch die Kennzahl als Symptom gezeigt, die Ursachen für Verlängerung oder Verkürzung der Durchlaufzeit müssten über separate Kennzahlen gemessen werden (z. B. "Anzahl der Planungsobjekte" zur Messung eines gestiegenen oder reduzierten Detaillierungsniveaus der Planung).
Letztendlich wirken auf diese Kennzahl – aufgrund der Tatsache, dass Controlling durch Zusammenwirken von Managern und Controllern entsteht – auch Faktoren, die sich der Beeinflussbarkeit durch Controller entziehen, z. B.:
- organisatorische Rahmenbedingungen (Matrixorganisation mit erhöhtem Abstimmungsaufwand),
- technische Rahmenbedingungen (Umfang und Qualität der IT-Unterstützung) oder
- Managementverhalten (mangelnde Termindisziplin, Entscheidungsschwäche).
Die Prozessoptimierung wird damit erschwert. Liegt die Problemursache in der Controller-Organisation selbst (z. B. komplizierte Planungsmethodik), kann direkt auf Basis der erkannten Performance-Lücke gehandelt werden.
Die explizite Darstellung der Limitationen einer kennzahlenbasierten Performance-Messung über spezifische Interpretationshinweise soll es dem Leser erleichtern, je Kennzahl besser einzuschätzen, ob die Erzielung valider Ergebnisse bei Messung der Kennzahl im eigenen Unternehmen möglich ist bzw. ob ein aussagekräftiges Bild erst in der integrierten Betrachtung mehrerer Kennzahlen entsteht.