Dr. Walter Schmidt, Dipl.-Ing. Rainer Vieregge
Wirtschaftliche Exzellenz im Sinne des vorangegangen Abschnitts basiert auf der Leistung des gesamten Unternehmens auf allen betroffenen Märkten und in Zusammenarbeit mit allen Interessensgruppen (Stakeholdern).
Prozesse als Voraussetzung für wirtschaftliche Exzellenz
Prozesse müssen dabei sicherstellen, dass die Abläufe im Unternehmen koordiniert und mit Zuverlässigkeit vollzogen werden. Das Vertrauen der Märkte in die Produkte oder Leistungen und damit eine stabile Wettbewerbsposition werden dadurch gewährleistet.
2.1 Warum beschäftigen wir uns mit Prozessen?
Prozesse sind die Regeln der gemeinsamen Arbeit zur Leistungserbringung.
Definition Prozess
"Allgemein wird unter einem Prozess eine definierte Kette von Aktivitäten verstanden, die zu einem gewünschten Ergebnis führt bzw. führen soll. Anders herum sind improvisierte Aktivitäten, die ad hoc, einmalig und ohne festgelegte Verantwortlichkeiten ablaufen, nur in einem sehr weiten Verständnis als Prozess zu sehen und keine Prozesse im Sinne dieser Definition. Ein Prozess ist Gegenstand des Prozessmanagement und erfordert damit ein Prozesscontrolling. Prozesse können mit Prozesskennzahlen gemessen werden. Diese sind Kern der Prozessplanung, der Prozesskostenrechnung und des Prozessreporting."
Dabei lassen sich Prozesse im engeren (im Unternehmen) und im weiteren Sinne (einschließlich der Wirkungen beim [externen] Kunden) unterscheiden (s. Abb. 14).
Abb. 14: Prozesse im engeren und weiteren Sinne
Prozesse müssen abgestimmt und verbindlich für alle Beteiligten sein. Dabei entstehen unterschiedliche Fragen:
- Können Prozesse als organisatorische Elemente (Strukturen, Abläufe) überhaupt zuverlässig gesteuert werden?
- Wie hat sich die Prozessorientierung im Management, Controlling und Qualitätsmanagement entwickelt?
- Welche kulturellen Aspekte erleichtern oder erschweren das Prozessmanagement und seine effiziente Gestaltung?
Diese Fragen sind nachfolgend zu beantworten, bevor danach auf die eigentlichen Methoden des Prozessmanagements eingegangen werden kann.
2.1.1 Steuerung von Prozessen
Grundprobleme
Sollen Prozesse gesteuert werden, müssen Strukturen (Verknüpfung von Arbeitsplätzen) und Abläufe (Kooperationsfolge der an den Arbeitsplätzen tätigen Menschen) für die Leistungserstellung abgestimmt, vereinbart und dokumentiert sein (s. Abb. 15).
Abb. 15: Verknüpfung und Kooperation – Struktur und Ablauf von Prozessen
Das versetzt die Beteiligten in die Lage, aus einem definierten Auslöser (Input) ein festgelegtes Ergebnis (Output) in reproduzierbarer Qualität zu erzeugen. Das Ergebnis wird wesentlich gestützt durch eine durchgängige und geschäftsfallbezogene Verantwortung. Diese Führungsfunktion ist integraler Teil des Prozesses.
In diesem Rahmen regeln Prozesse sich selbst: Sie sind autonom, die Menschen organisieren sich situativ und sind in der Lage zu lernen. Dafür benötigen sie prozessbezogene Informationen für die Zielfindung, Planung und Steuerung – sie benötigen ein Prozesscontrolling. Das bezieht sich sowohl auf die Qualität der Leistung an einzelnen "Übergabestellen" im Prozess als auch auf die vielfältigen Wirkungen über den unmittelbaren Empfänger der Leistung hinaus. Für diesen Zweck wurde im Facharbeitskreis Kommunikation des ICV ein Wirkungsstufenmodell entwickelt. Dieses verbindet Input und Output eines Prozesses mit den Wirkungen beim Nutzer der Ergebnisse. Dazu gehören seine Wahrnehmung und seine Einstellung zu unserem Unternehmen (Outcome) ebenso wie seine konkrete Kooperations- und Zahlungsbereitschaft (Outflow). Sie sind letztlich maßgeblich für unsere Reputation und damit die Werthaltigkeit unserer Geschäftsbeziehungen (s. Abb. 16).
Prozessfähigkeit bzw. Prozessreife
Die Gesamtheit der Prozesse eines Unternehmens bezeichnet man als seine "Prozesslandschaft" bzw. "Prozess-Modell". Sie muss inklusive der über die Unternehmensgrenzen hinausgehenden Prozessketten (Wertschöpfungsketten) in ihrer Integrität als Gesamtheit gesichert werden. Für diese Aufgabe kann das Controlling auf dem im Abschn. 1 beschriebenen Reifegradmanagement aufbauen, um über alle wechselseitigen Verknüpfungen hinweg exzellente Leistungen bis zum Endverbraucher zu erbringen.
Abb. 16: Wirkungsstufenmodell für Prozesse
Dazu braucht es in erster Linie eine klare Verantwortung für den Prozess:
sowie Verantwortung im Prozess:
- Prozess-Durchführungsverantwortliche mit unterschiedlichen Ausführungsrollen.
Die Koordinierung der verschiedenen Verantwortungen erfolgt im Rahmen des Prozessmanagements und die Zielsetzung, Planung und Steuerung im Rahmen des Prozesscontrollings.
Aufgaben des Prozesseigners/Prozessmanagers
Die Verantwortung der Anbindung an die Unternehmensstrategie wird der Pro...