Alexander Schlüter, Deborah Nasca
Die Controllingfunktion innerhalb der grow platform wird durch Anforderungen aus dem Konzernumfeld ebenso wie von den grow Start-Ups beeinflusst. Auch können Aufgabenfelder und Herangehensweisen analog zugeordnet werden. Aufgabe des Controllers ist es somit, einerseits eine Brücke zwischen Start-Up und Konzern zu bauen aber andererseits auch die eine Welt von der anderen abzuschirmen.
So werden unter anderem das monatliche Regel-Reporting, die quartalsweisen Rolling Forecasts sowie eine jährliche Vorausplanung analog zu den traditionellen Bereichen erstellt. Das dort berichtete Kennzahlen-Set ist nützlich, um den Erfolg von eingeschwungenem Geschäft zu messen, ist jedoch zur Steuerung von Neugeschäft kaum geeignet. Bspw. kann in der frühen Inkubationsphase das Einholen von Kundenfeedback zur Produkt- und Serviceentwicklung wichtiger sein als die Realisierung schneller Umsätze. Während der Skalierungsphase kann es zudem wichtiger sein, schnelles Wachstum zu fokussieren, als möglichst schnell einen Break-even oder einen guten Deckungsbeitrag zu erreichen. Auch die Fokussierung auf Geschäftsjahre, bspw. durch eine jährliche Budgetvergabe anstelle einer meilensteinbasierten Vergabe, passt nicht zur iterativen Arbeitsweise der grow Start-Ups. Dennoch ist es notwendig, diese Reporting-Standards zu bedienen, da nur so die Planbarkeit für die Bosch-Gruppe sichergestellt werden kann. Neugeschäft wie grow Start-Ups sind einzeln schwer analog eingeschwungenem Geschäft planbar, als Portfolio können aber Mehr- und Minderbedarfe ausgeglichen werden. Aufgrund dessen werden diese Art von Standard-Reports auf Ebene der legalen Einheit ausgeführt, mit dem Ziel, für den Bosch-Konzern eine Planbarkeit sicherzustellen. Die auf diese Weise ermittelten Kennzahlen eignen sich daher nicht zur Erfolgsmessung der eigentlichen Geschäftstätigkeit der grow platform.
Neben den beschriebenen Maßnahmen, die grundsätzlich zur Steuerung des Kerngeschäfts dienen, hat die Bosch-Gruppe für Neugeschäftsaktivitäten zusätzlich eine Form der Fortschrittsmessung implementiert. Diese wird für Projekte, die aus einem zentral verantworteten Wachstumsbudget finanziert oder bezuschusst werden, angewandt. Unterstützte Projekte finden sich in der Innovationslandschaft der Bosch-Gruppe vor allem in zum Kerngeschäft angrenzenden Aktivitäten und in Bereichen, die radikale Innovation für Bosch vorantreiben. Die Budgets werden jährlich vergeben. Dabei richtet sich die Höhe des grow platform-Budgets nach der Werthaltigkeit des Portfolios, die durch Einordnung der grow Start-Ups in ein Phasenmodell, modellhaft dargestellt in Abb. 19, ermittelt wird. Diesem Phasenmodell liegt eine generische Meilensteinlogik zugrunde. Die Verantwortung für das Portfolio und die Finanzierung einzelner grow Start-Ups liegt bei der grow platform selbst. Dabei ist es möglich, Mehr- und Minderbedarfe zwischen den grow Start-Ups zu verrechnen und zu nutzen. Um eine möglichst hohe Transparenz gegenüber dem Budgetgeber bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Anforderungen der grow Start-Ups zu schaffen, werden einzelne grow Start-Ups aber dennoch ab einer bestimmten Phase in das zentrale Assessment der Bosch-Gruppe eingebunden. Die dort zugrunde gelegten Steuerungsmechanismen tragen zur Fortschrittsmessung bei und unterstützen somit die grow Start-Ups bei der Reflexion. Zugrunde gelegte Kenngrößen sind neben kaufmännischen KPIs wie Break-even-Betrachtungen, Umsatzwachstum oder Deckungsbeitrag auch sehr stark Kenngrößen, die die Marktbearbeitung und die Technologieentwicklung abdecken. Ziel ist es, ein möglichst ganzheitliches Bild des Start-Ups zu erreichen. Zudem bereitet das Vorgehen die grow Start-Ups darauf vor, am Ende ihrer Zeit bei der grow platform als eigenständiges Neugeschäft gesteuert zu werden. Das eben beschriebene Vorgehen bildet die Brücke zur internen Steuerung der einzelnen grow Start-Ups.
Innerhalb der grow platform werden grow Start-Ups durch ein eng an das für die zentrale Steuerung eingesetzte Phasenmodell angelehnte Reifegradmodell gemessen. Dieses Reifegradmodell sieht die Fortschrittsmessung durch jeweils neun generische Meilensteine in den Dimensionen Ressourcen, Technik, Markt und Organisation vor, wobei diese möglichst gleich schnell vorangetrieben werden sollen. Dabei bedarf es einer Ausdifferenzierung der Meilensteine analog der Geschäftsmodelle der grow Start-Ups. Die gewählten Dimensionen, insbesondere die Ergänzung der Dimension Organisation, spiegeln das Spannungsfeld wider, in dem sich grow Start-Ups als Corporate Start-Ups befinden. Durch die Definition von Hypothesen und deren Validierung bzw. Falsifizierung durch Experimente wird Fortschritt innerhalb des Reifegradmodells erreicht. Dieses explorative Vorgehen führt jedoch nicht nur zu stringentem Fortschritt, sondern auch zu Iterationen.
Abb. 20: Aufbau und Governance-Struktur der grow platform
Sowohl das Reifegradmodell als auch die implementierte Governance Struktur, s. Abb. 20, in Form eines grow Start-...