Prof. Dr. Klaus Möller, Thomas Gackstatter
Zusammenfassung
- Der allgemeine Trend zur Prozessorientierung als Alternative zur rein funktional organisierten Organisation ist auch in der Controllingfunktion in zunehmendem Maße zu verzeichnen.
- Das Controlling-Prozessmodell der International Group of Controlling (IGC) kann die Gestaltung und Förderung einer prozessorientierten Controllingorganisation unterstützen.
- Der Beitrag stellt die aktuelle Version des IGC Controlling-Prozessmodells vor und zeigt – basierend auf einer aktuellen Umfrage – potenzielle Weiterentwicklungsmöglichkeiten auf, die aus der Ergebnisanalyse einer europaweit durchgeführten Umfrage resultieren.
1 Motivationen von Prozessorientierung
Prozessorientierung und Prozessmanagement
Zur Erreichung einer höheren Kundenorientierung verfolgen Unternehmen zunehmend Konzepte verstärkter Prozessorientierung. Eine verfolgte Prozessorientierung und ein etabliertes Geschäftsprozessmanagement in Unternehmen konnten bereits mit verschiedenen Nutzen in Verbindung gebracht und belegt werden. So profitieren Unternehmen, die Geschäftsprozessmanagement als zentrale Managementaufgabe betrachten, unter anderem von geringeren Fehlerraten, einer erhöhten Kundenzufriedenheit und einer erhöhten Prozess-Performance.
Nutzenversprechen durch Prozessstandards
Um definierte Geschäftsprozesseeffektiv und effizient durchführen zu können, empfiehlt sich die Verwendung von Prozessstandards. Die Vorlage standardisierter Prozessbeschreibungen soll dabei eine bessere Messbarkeit, Vergleichbarkeit und Steuerung von Prozessen ermöglichen. Während sich die Controllingforschung in Bezug auf Prozessorientierung vermehrt mit der Ausrichtung des Controllings entlang der weiteren Geschäftsprozesse im Unternehmen beschäftigt hat, existieren zunehmend Prozessmodelle, die versuchen, die Vorteile von Prozessorientierung und insbesondere Prozessstandardisierung auf die Controllingfunktion selbst anzuwenden.
Aufbau des Beitrags
Der folgende Beitrag adressiert die zunehmende Prozessorientierung im Controlling und fokussiert dabei auf die Darstellung des Controlling-Prozessmodells der IGC. Nach der vorliegenden Einführung geht Kapitel 2 auf die zunehmende Prozessorientierung in Unternehmen und insbesondere auch im Controlling ein. Zudem wird der Nutzen von standardisierten Controllingprozessen empirisch belegt. Kapitel 3 beschreibt das aktuelle IGC Controlling-Prozessmodell und die Ergebnisse einer empirischen Studie zu realisierten Nutzen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten des Modells. Der Beitrag schließt in Kapitel 4 mit einem Fazit.
2 Prozessorientierung im Controlling
2.1 Prozessorientierung in Unternehmen
Prozessuale versus funktionale Perspektive
Als Alternative zur traditionell funktional aufgebauten Organisation verfolgen Unternehmen zunehmend Konzepte, die eine stärkere Prozessorientierung bezwecken. In Prozessorganisationen wird weniger Wert auf eine strikt funktionale organisatorische Ausrichtung und die damit verbundenen Hierarchien gelegt. Vielmehr werden mit dem Ziel einer erhöhten internen und externen Kundenorientierung die Ergebnisse von Aktivitäten auch über Funktionsgrenzen hinweg betont. Aktivitäten werden i. d. R. ganzheitlich von Anfang bis Ende betrachtet. Dabei benötigen sie Inputs und enden mit Prozess-Outputs. Grenzen, die bei einer traditionellen organisatorischen Ausrichtung zwischen den Funktionen bestehen, sollen durch die Einnahme einer Prozessperspektive überwunden werden.
Um die Leistung der betrachteten Prozesse selbst besser messen und steuern zu können, sind möglichst einheitliche Prozessstandards und -modelle unabdingbar. Als generische Prozesslandkarte für Unternehmen etabliert haben sich Prozessmodelle, die an Porters Konzept der Wertkette angelehnt sind. Hiernach werden Prozesse in Unternehmen zentral in Primäraktivitäten und Unterstützungsaktivitäten unterteilt. Controllingaufgaben und die damit verbundenen Prozesse werden in diesem Modellrahmen gemeinhin als Unterstützungsprozesse klassifiziert.
Dimensionen der Prozessorientierung
In Literatur und Praxis hat sich keine eindeutige Definition einer Prozessorientierung etabliert. Prozessorientierung ist vielmehr als Sammelbegriff für verschiedene Charakteristika und Konzepte in Unternehmen zu verstehen und umfasst verschiedene Dimensionen. So wird neben dem Ruf verstärkter Dokumentation von standardisierten Regelprozesssequenzen auch die Benennung expliziter Verantwortlichkeiten für gesamte Prozessketten als Erfolgsfaktor genannt. Zudem sollte die in Unternehmen verfolgte Prozesspraxis stetig im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses auf Optimierungspotenziale hin überprüft werden. Weiterhin sollten sowohl Management als auch Mitarbeiter über ein entsprechendes Prozesswissen verfügen und dieses verinnerlicht haben.
Prozessorientierung im Controlling
Kernaufgabe des Controllings ist es, als Unterstützungsfunktion des Managements entscheidungsrelevante Informationen vorzulegen, die die organisationale Zielerreichung ermöglichen. Um der zunehmenden Prozessorientierung und der damit nötigen Steuerung von Prozessen im Unternehmen Rechnung zu tragen, muss sich auch...