Prof. Dr. rer. pol. Thomas Rautenstrauch
Am Beispiel der Luftfahrt lässt sich erkennen, wie sehr das Entscheidungsumfeld von Führungskräften heute durch einen hohen Automatisierungsgrad sowie komplexe Steuerungssysteme bis hin zum Einsatz von künstlicher Intelligenz gekennzeichnet ist. Pilotinnen und Piloten übernehmen ihrerseits eine zentrale Verantwortung für den gesamten Flugablauf, weshalb ihre Entscheidungsfindung von zentraler Bedeutung ist. Der Begriff Entscheidungsfindung wird im Kontext der Luftfahrt von der amerikanischen Federal Aviation Administration (FAA) wie folgt definiert:
Eine so verstandene Entscheidungsfindung bezieht sich auf einen strukturierten Entscheidungsprozess mit vollständigen Informationen und hinreichend verfügbarer Zeit zum Entscheiden, was in betrieblichen Entscheidungssituationen jedoch nicht immer der Fall ist, weshalb auch intuitive Entscheidungen situationsabhängig von hoher Relevanz sein können.
Das wohl bekannteste Entscheidungsmodell im europäischen Raum, welches die Entscheidungsfindung durch einen Prozess mit sechs aufeinanderfolgenden Phasen beschreibt und von der Lufthansa in den 90er Jahren entwickelt wurde, ist das sogenannte FORDEC-Modell. Es wird für komplexe Entscheidungen mit hohem Schwierigkeitsgrad eingesetzt und beschreibt die Phasen eines strukturierten Entscheidungsprozesses, wie er in komplexen Fällen mit hinreichend verfügbarer Zeit zum Einsatz kommen sollte. Die ersten 3 Buchstaben (FOR) stehen für die erste Phase der Situationsanalyse, während das Akronym FOR-DEC insgesamt die folgende Bedeutung hat:
Facts |
Welche Situation liegt vor? Ist Handlungsbedarf gegeben? |
O ptions |
Welche Handlungsoptionen gibt es? |
R isks & Benefits |
Bewertung der Optionen – Welche Risiken und Vorteile haben die jeweiligen Optionen? |
D ecision |
Entscheidung – Welche Handlungsoption wird gewählt? |
E xecution |
Ausführung der gewählten Handlungsoption |
C heck |
Prüfung – Wird das gewünschte Ergebnis erreicht? |
Ein Transfer dieses analytischen und strukturierten Entscheidungsmodells aus der Luftfahrt in die Praxis des strategischen Managements erscheint für die Strategieentwicklung und -umsetzung geeignet, weil eine datenbasierte Entscheidungsfindung im Kontext eines Strategieentwicklungsprozesses zu mehr Rationalität beitragen kann.
Zudem können Strategieentscheidungen dadurch aufgewertet werden, wenn es komplexe Handlungssituationen gibt, in denen viele Variablen vorliegen, welche nicht nur miteinander vernetzt sind, sondern sich auch mehr oder weniger gegenseitig beeinflussen. Abbildung 1 veranschaulicht die Konformität zwischen dem traditionellen Strategieentwicklungsprozess und dem FOR-DEC Entscheidungsmodell.
Abb. 1: Entscheidungsmodell FORDEC im Kontext des Strategieentwicklungsprozesses