Kim Louisa Dillenberger, Prof. Dr. Ronald Gleich
Benchmarking-Beispiel: Planungs-Tool erzwingt neue Controller-Rolle
Derzeit wird in einem der Unternehmen aus der Benchmarking-Runde ein neues Planungs-Tool implementiert. Das Tool übernimmt einige Prozessschritte, die bis dato vom Controller ausgeführt wurden. Damit stehen die Betroffenen nun vor der Frage, welche neuen Aufgaben der Controller stattdessen übernehmen sollte. Derzeit ist die zukünftige Rolle des Controllers im Unternehmen noch unklar.
Eine Transformation fordert immer etablierte Prozesse heraus, um neuartige einzuführen (s. Abb. 7). Diese Ambidextrie verlangt von den Beteiligten, Altbewährtes kritisch auf seinen Wert zu prüfen und offen für Neues zu sein. Die Benchmarking-Studie hat gezeigt, dass insbesondere Ersteres zu einer Sinnkrise im Controlling führt.
Abb. 7: Planungs-Ambidextrie – Planungsdimension 5: etabliert und neuartig
Wenn sich die reellen Zahlen innerhalb weniger Wochen drastisch von den Planzahlen unterscheiden, stellen viele Controller den Wert der Planung in Frage. Die Befragten sprechen von "erbärmlichem Output" etablierter Planungsprozesse und "wertloser" oder "obsoleter" Planung. In der Konsequenz stellen sie sich Sinnfragen wie:
"Warum machen wir das überhaupt noch?“ oder „Wenn man die Planung stoppen würde, ich glaube, es würde nur wenige Personen stören."
Nicht nur die Effektivität, sondern auch die Effizienz der Planungsprozesse wird dabei kritisiert. Z. B. zeigte sich, dass Fachbereiche mit verschiedenen Daten arbeiten oder gar doppelte Planungen durchführen – aus Unzufriedenheit mit den Planungsprozessen oder aus Bedarf an anders aufbereiteten Informationen der operativen Vorsteuergrößen.
In Folge dieser Sinnkrise werden die Rolle und damit die Aufgaben eines Controllers neu gedacht. Es wird kritisch überprüft, welche Tätigkeiten wertschaffend sind und welche nicht. Gleichzeitig entsteht eine Offenheit gegenüber neuen Tätigkeiten, wie z. B. der Beratung zur Unternehmenssteuerung oder Sonderanalysen.
Im Hinblick auf die Digitalisierung ergibt sich ein Zeitgewinn für die Controller, der nun sinnvoll mit neuen Aufgaben gefüllt werden will. Wichtig in dieser Entwicklung ist nicht nur das Kompetenzprofil der Controller neu zu denken, sondern die Controller auch entsprechend auf ihre neuen Tätigkeiten vorzubereiten. Das IGC-Controller-Kompetenzmodell bietet dabei Orientierung.
Es wird deutlich, dass der Balanceakt zwischen etablierten und neuartigen Prozessen ein ständiges Abwägen im Transformationsprozess ist. Es empfiehlt sich, sowohl den Wert alter wie auch neuer Tätigkeiten möglichst sachlich zu prüfen, um ermessen zu können, welche Planungsprozesse erhalten und welche verändert werden müssen.