Kai Grönke, Adrian Glöckner
Abkehr vom Silo-Denken in der organisationalen Gestaltung
Im Laufe der Zeit entstanden durch die Bündelung von gleichartigen Prozessen ergänzende Strukturen. Je nach Art der gebündelten Prozesse spricht man von einem "Shared Service Center" (transaktionaler, repetitiver Prozesscharakter) oder "Center of Excellence" (wissensbasierter, geschäftsvorfallspezifischer Prozesscharakter). Die Finanzorganisation erfährt dadurch eine stärkere prozessuale Ausrichtung. Der Implementierungsgrad dieser neu hinzugekommenen Strukturen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Viele Unternehmen verfügen bereits heute über ein "Shared Service Center" (kurz: SSC) innerhalb der Finanzorganisation. Davon sind etwas mehr als die Hälfte als sog. "Single-tower"-SSC konzipiert. Dies bedeutet, dass das SSC den Fokus auf Prozesse innerhalb eines Funktionsbereichs wie bspw. Finanzen legt. Der verbleibende Anteil entfällt maßgeblich auf "Multi-tower"-SSC, innerhalb derer Prozesse mehrerer Funktionsbereiche durchgeführt werden (z. B. Finanzen, HR, IT etc.).
Der Trend hin zu Shared-Service-Organisationen wird andauern und sich durch die Digitalisierung sogar weiter verstärken. Insgesamt wird also die Verbreitung von Shared Service Organisationen spürbar zunehmen. Ihre Größe gemessen an den beschäftigten Mitarbeitern wird sich jedoch gegenläufig entwickeln. Die Erklärung hierfür liegt u. a. in der zunehmenden Prozessautomatisierung, die dafür sorgt, dass menschliche Arbeitskraft langfristig in einem wesentlich geringeren Umfang benötigt wird. Durch den Einsatz von RPA oder ähnlichen Technologien werden besonders die transaktionalen Prozesse, die bisher typischerweise in einem SSC ablaufen, in Zukunft ohne menschliches Eingreifen ablaufen. Somit sinkt die Zahl der benötigten Mitarbeiter in den Shared-Service-Organisationen langfristig. Abb. 4 stellt diese Entwicklung schematisch dar.
Innerhalb der Shared-Service-Organisationen ist ein klarer Trend hin zu "Multi-tower" bzw. "Integrated Business Services" erkennbar. Hinzu kommt häufig, dass diese Shared-Service-Organisationen als "Service-Division" geführt werden. Dadurch wird nicht nur die Ausführung eines Prozesses, sondern die gesamte Prozessverantwortung an die Shared-Service-Organisation übergeben. Diese bietet dann die Prozessdurchführung als eigenständigen Service dem entsprechenden Funktionsbereich mittels eines "Service Level Agreements" (kurz: SLA) an.
Abb. 4: Entwicklung von Shared-Service-Organisationen