Zusammenfassung
- Die digitale Transformation des Controllings ist kein Selbstzweck, kann aber erheblich zur Erreichung der Unternehmensziele beitragen.
- Wichtigster Faktor bei der Transformation des Controllings sind die betroffenen Mitarbeiter. Aktives Mitgestalten sowie eine klare Vision und ein klares Leitbild schaffen Orientierung und ermöglichen einen positiven Umgang mit dem Wandel.
- Wirtschaftlich schwierige Zeiten können die Transformation hin zur digitalen Organisation beschleunigen, da der Wandel eine konsequente Neuausrichtung auf die digitale Arbeitswelt ermöglicht.
- Das beschriebene Vorgehen aus dem Fallbeispiel lässt sich weitestgehend auch auf andere Unternehmensumwelten übertragen.
1 Digitale Transformation des Controllings in Zeiten des Wandels
Transformation und Weiterentwicklungen sind die Treiber einer funktionierenden Marktwirtschaft. Neue Technologien, Produkte, Regulatorien und soziale Entwicklungen verändern Märkte, Konsumverhalten, Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle. Daraus resultieren Anpassungen und Veränderungen in Unternehmen und Organisationen. Gehen diese über den Rahmen natürlicher organischer Weiterentwicklung hinaus, sind sogar disruptiv, können diese von Betroffenen auch als Krise, als Höhe- oder Wendepunkt, erlebt werden. Insbesondere wenn der Zwang zur Veränderung von außen kommt, also fremdbestimmt ist, wird ein Wendepunkt im negativen Sinne als Bedrohung wahrgenommen. Treibt man jedoch selbst die Veränderung voran, ist proaktiv am Wandel beteiligt, können Wendepunkte auch als Gelegenheit begriffen werden, denen zielgerichtet entgegengestrebt wird. Dieser Unterschied in der eigenen Haltung ist essenziell im Umgang mit Veränderung, denn er bestimmt maßgeblich die Chancen, einen Wandel erfolgreich zu gestalten.
Im Folgenden soll dies am Praxisbeispiel des Finanz- und Projektcontrollings (F&E FIN) der Forschungs- und Entwicklungseinheit (F&E) bei Siemens Gas & Power in der Geschäftseinheit Power Generation Operation verdeutlicht werden. Die Einheit F&E FIN betreut alle kaufmännischen Aspekte der F&E-Funktion und ist an über 10 Standorten, primär in Amerika, Europa und Asien, vertreten. Die Finanzorganisation hat eine Mitarbeiterzahl im mittleren zweistelligen Bereich. Der Schwerpunkt der Betrachtung im Fallbeispiel liegt auf den Mitarbeitern der F&E FIN und deren Umgang mit dem Wandel.
2 Digitale Transformation der Finanzfunktion bei der Siemens AG
2.1 Finanzbereich im Wandel
"Wir bringen Innovationen in die Finanzfunktion bei Siemens", lautet das Motto des Finance Innovation Lab (finLAB). Es wurde 2017 innerhalb der Siemens Corporate Finance Funktion gegründet, um die digitale Transformation der Finanzfunktionen (Accounting, Reporting, Controlling) innerhalb des Siemens-Konzerns zu begleiten und voranzutreiben. Zielsetzung ist die Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung digitaler Use Cases.
Dabei agiert das finLAB als offenes Netzwerk innerhalb der Siemens AG, das mit Trainingsangeboten, Veröffentlichungen, Schulungen und eigenen Expertenteams über die verschiedenen Konzernhierarchien und Geschäftsbereiche hinweg, Hilfe zur Selbsthilfe anbietet.
Neben den Netzwerkangeboten setzt das finLAB auch Schwerpunkte in der übergeordneten Beschreibung einer zukünftigen digitalen Finanzorganisation bei der Siemens AG und definiert damit ein Leitbild innerhalb des Konzerns.
2.2 Zukunftsvision "Digital Finance 2025" bei der Siemens AG
Die finLAB Zukunftsvision "Digital Finance 2025" beschreibt eine agile, anpassungsfähige und zum Teil virtuelle Finanzorganisation, die sich vor allem als Leistungsunterstützer und Geschäftspartner für die jeweiligen Entscheidungsträger versteht. Der primäre Wertbeitrag liegt in der Beratung und Unterstützung von Geschäftsentscheidungen. Die Beratung erfolgt vor allem durch Wissen und Einblicke in Geschäftsprozesse und Wirkmechanismen, die auf Basis datengestützter Modelle deutlich über das heutige Maß hinausgeht (Business Intelligence, Predictive Analytics, Artificial Intelligence). Die klassischen operativen Finanzprozesse und das Controlling verlieren dabei an Einfluss, da diese Aktivitäten zunehmend standardisiert, automatisiert und reibungslos ablaufen.
Im Rahmen der Zukunftsvision beschreibt das finLab 2 wesentliche Aspekte der Transformation hin zu einer zukünftigen digitalen Finanzorganisation:
Eine Veränderung und Neuausrichtung der Wertschöpfungsketten durch den Einsatz neuer Technologien
- Standardisierung und Bündelung von operativen Prozessen (zum Beispiel in globalen Shared Service Centern) werden konsequent um Automatisierung und Digitalisierung erweitert und führen dabei zu höherer Produktivität in der Abwicklung und Ausbringung.
- Die Digitalisierung ermöglicht einen zusätzlichen Wissens- und Verständnisgewinn, um Geschäftsentscheidungen bestmöglich zu unterstützen.
Ein verändertes Rollen- und Anforderungsprofil an die Finanzmitarbeiter durch den Einsatz neuer Technologien
- Dies schafft neue Jobprofile im Finanzbereich, die sich als hybride Funktionsprofile an den Schnittstellen zu anderen Fakultäten ergeben (vor allem zur Informationstechnologie (Software und Tool Architektur, Programmierung) und zum Bereich Data Science (Datenmodelle und -analyse)).
- Zusätzlic...