Dr. Matthias Emler, Johannes Nawrath
Stochastische Anforderungen liegen i. d. R. in der Natur der vorherzusagenden Daten und können vom Unternehmen nicht beeinflusst werden; praktische Anforderungen können hingegen vom Unternehmen (z. B. durch Ausbau der IT-Infrastruktur) direkt beeinflusst werden.
Mathematisch formuliert, stellen stochastische Anforderungen sicher, dass die Zufallsvariablen, welche einem Sample (d. h. einer konkreten Datenstichprobe) zugrunde liegen, gewisse Verteilungseigenschaften erfüllen, wie im Folgenden beschrieben.
Die Zielvariable hängt von vielen unabhängigen Ereignissen ab: z. B. hängt die Anzahl der Cheeseburger, die McDonald’s pro Tag verkauft, von der unabhängigen Entscheidung von Mio. Menschen ab, ob (oder auch ob nicht) sie an einem gegebenen Tag einen Cheeseburger kaufen. Folglich ist hier davon auszugehen, dass ein zugehöriger Forecast eine hohe Prognosegüte hat. Auf der anderen Seite hängen bei Unternehmen, welche nur sehr geringe Stückzahlen durch wenige Vertriebsmitarbeiter vertreiben, die Verkaufszahlen nicht von "vielen unabhängigen Ereignissen", sondern vom singulären Geschick der Sales-Mitarbeiter und dem individuellen Bedarf der wenigen Endkunden ab. Folglich wird ein Forecast mittels prädiktiver Analytics hier eher eine geringere Prognosegüte aufweisen.
Die Zielvariablen sind unterschiedliche Ausprägungen eines ähnlichen Sachverhalts: Dies ist z. B. der Fall, wenn alle McDonalds Filialen ein ähnliches Verteilungsmuster in ihrem täglichen Cheeseburger-Absatz besitzen und von ähnlichen Faktoren abhängen, wodurch sich der Absatz an Cheeseburgern je Filiale über ähnliche/den gleichen Algorithmus prognostizieren lässt.
Es ist bekannt, von welchen Einflussfaktoren die Zufallsvariable abhängt: Das wohl klassischste Negativ-Beispiel hierfür wäre die Vorhersage von Aktienkursen; z. B. hätte bis zu Elon Musk’s Ankündigung, Twitter zu kaufen, vermutlich niemand Musks Tweets in die Modellierung des Twitter-Kurses mit einbezogen.
Die Zielgrößen weisen keine unvorhersehbaren Sprünge auf: Z. B. ist davon auszugehen, dass eine Eisdiele an einem sehr touristischen, ganzjährig sonnigen Ort einen relativ konstanten Absatz an Eiskugeln hat. Eröffnet nun direkt neben der Eisdiele eine zweite ähnliche Eisdiele ist davon auszugehen, dass die Touristen sich eher zufällig zwischen den 2 Eisdielen entscheiden und sich der Absatz schlagartig in etwa halbiert. Diese Änderung innerhalb der Zeitreihe würde Anpassungen am Algorithmus nach sich ziehen. Für eine einzelne Eisdiele erscheint dies sicherlich trivial. Handelt es sich hierbei allerdings um einen Betreiber tausender Eisdielen, können zu viele Brüche durchaus zu einer erheblichen Erhöhung der Komplexität führen.
I. d. R. erfüllen B2C-Unternehmen aus marktstrukturellen Gründen eher die genannten stochastischen Anforderungen. Hierbei gibt es natürlich offensichtliche Ausnahmen: z. B. ist eine Brauerei, die keinen Direktvertrieb besitzt, sondern ihr Bier nur an Supermärkte und Restaurants/Bars verkauft, technisch gesehen ein B2B-Unternehmen. Die Marktstruktur eines solchen Unternehmens ist im Allgemeinen dennoch für einen Forecast mittels prädiktiver Analytics geeignet.