Prof. Dr. Heimo Losbichler, Katharina Ablinger
Auch wenn die Diskussion heute vielschichtig geführt wird, so zeigt sich der emotionale Kern doch in der Frage, ob Controller durch die Digitalisierung an Aufgaben und Stellenwert verlieren oder im Extremfall sogar überflüssig werden. Als Gründe werden sowohl die Automatisierung heutiger Routinetätigkeiten (z. B. automatisierte Aktualisierung von Kalkulationen durch Robotic Process Automation) als auch die Automatisierung der analytischen Tätigkeiten von Controllern (z. B. maschinelle Forecasts, Self-Service BI-Tools für Manager oder Big-Data-Analysen durch Data Scientists) angeführt. Diese Argumente klingen durchaus plausibel, sie beleuchten jedoch nur eine Seite der Medaille. Breiter betrachtet, könnte es, wie in Abb. 4 gezeigt, nicht nur zum Entfall bestehender Aufgaben, sondern auch zu neuen Aufgaben für den Controller und damit in Summe zu einer Aufgabenverschiebung anstatt eines Aufgabenentfalls kommen.
Abb. 4: Faktoren, warum Controller durch die Digitalisierung an Aufgaben und Stellenwert verlieren bzw. gewinnen könnten
Für den Controller als Sparringspartner des Managements ist insbesondere die Frage interessant, wie sich die Zusammenarbeit mit dem Management entwickeln wird, d. h. welche Aufgaben im Rahmen der Unternehmenssteuerung das Management und welche der Controller erledigen wird. Abb. 4 hat gezeigt, dass es wahrscheinlich ist, dass die Führungskräfte von morgen, z. B. durch MBA-Studien, betriebswirtschaftlich besser ausgebildet, mit der Nutzung von IT-Systemen besser vertraut sind und zudem auf immer einfacher zu bedienende und leistungsfähigere Tools unabhängig von Ort und Zeit zurückgreifen können. Es klingt daher plausibel, dass Führungskräfte in Zukunft gewisse Controller-Tätigkeiten selbst ausführen werden und dazu nicht mehr auf die Unterstützung des Controllers angewiesen sind (Self-Service BI – "Alexa sag mir mal!"). Umgekehrt ist es genauso plausibel, dass der Arbeitsalltag der Führungskräfte in Zukunft noch hektischer ist, die zu treffenden Entscheidungen noch komplexer sind und die Aufbereitung und Analyse von Zahlen weiterhin nicht zu den Lieblingstätigkeiten der Führungskräfte zählt.
So gesehen ist es nicht unwahrscheinlich, dass Führungskräfte einen Teil des heutigen Aufgabengebiets von Controllern prinzipiell übernehmen könnten, sie aber auch in Zukunft gerne auf die Unterstützung von Controllern zurückgreifen werden, sofern diese entsprechende Kompetenz aufweisen. Mit Bezug auf das Modell der Rationalitätssicherung von Schäffer/Weber werden durch die höhere Kompetenz der Führungskräfte aus Ergänzungsaufgaben teilweise Entlastungsaufgaben, die vom Management in Zukunft überschaut und kontrolliert werden können, womit die Anforderungen an Controller steigen werden. Umgekehrt ist die Begrenzungsaufgabe der Controller als rationalitätssicherndes Korrektiv zu opportunistischen Verhaltensweisen von Managern nicht delegier- und automatisierbar.