3.1 Gemeinsame Ausnahmen der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte
In Handels- und Steuerbilanz sind Rückstellungen auszuweisen für
- Erfüllungsrückstände
- Anzahlungen
- drohende Verluste bei Bewertungseinheiten zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken
- angeschaffte Drohverlustrückstellungen am Bilanzstichtag des Erwerbs (für folgende Bilanzstichtage nur außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereiches des § 5 Abs. 7 EStG).
Das steuerliche Passivierungsverbot findet insofern keine Anwendung.
3.2 Rückstellungen für Erfüllungsrückstand
Eine Rückstellung kann in Handels- und Steuerbilanz zu bilden sein, wenn das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung durch Erfüllungsrückstände gestört ist.
Ein Erfüllungsrückstand (Leistungsrückstand) liegt vor, wenn der Verpflichtete sich mit seinen Leistungen gegenüber seinem Vertragspartner in Rückstand befindet, also weniger geleistet hat, als er nach dem Vertrag für die bis dahin von seinem Vertragspartner erbrachte Leistung zu leisten hatte.
Erfüllungsrückstand
Im Fall des Erfüllungsrückstands endet die Ausgeglichenheitsvermutung des schwebenden Vertrags.
Wann eine vertragliche Verpflichtung erfüllt ist, bestimmt sich auch bei Dauerschuldverhältnissen nach dem wirtschaftlichen Gehalt der geschuldeten Leistung. Erfüllungsrückstand setzt nicht die Fälligkeit der vertraglich noch geschuldeten Leistung zum Bilanzstichtag voraus.
Insbesondere bei schwebenden Dauerschuldverhältnissen kann einer der beiden Vertragspartner mit seiner Leistung bzw. Gegenleistung im Rückstand sein. Rückstellungen für Erfüllungsrückstände sind häufig bei Arbeitsverhältnissen auszuweisen. Typische Anwendungsfälle sind Urlaubs-, Gleitzeit- und Tantiemerückstellungen.
3.3 Anzahlungen
Geleistete Anzahlungen sind handels- und steuerrechtlich zu aktivieren, erhaltene Anzahlungen sind entsprechend zu passivieren.
Geleistete Anzahlungen stehen wirtschaftlich einer (Kredit-)Forderung gleich. Erhaltene Anzahlungen sind wirtschaftlich wie eine Leistungs- oder Kreditverpflichtung anzusehen.
3.4 Drohende Verluste bei Bewertungseinheiten
Die Bildung von Bewertungseinheiten ist handels- und steuerrechtlich möglich. Es handelt sich um die zusammenfassende Bewertung von Vermögensgegenständen, Schulden, schwebenden Geschäften und mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten Transaktionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertänderungen und Zahlungsströme aus dem Eintritt vergleichbarer Risiken mit Finanzinstrumenten. Gemäß § 5 Abs. 4a S. 2 EStG können in der Steuerbilanz Rückstellungen für drohende Verluste ausgewiesen werden, die sich aus handelsrechtlich ausgewiesenen Bewertungseinheiten zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken ergeben.
3.5 Angeschaffte Drohverlustrückstellungen
Drohverlustrückstellungen können in Anschaffungsfällen auch in der Steuerbilanz zu passivieren sein. Das steuerliche Passivierungsverbot verbietet den Ansatz künftiger Risiken, bestimmt aber nicht, dass diese Risiken nach Realisierung nicht steuermindernd zu berücksichtigen sind. Eine Realisierung sog. Drohverluste tritt bei Veräußerung eines Unternehmens und Übernahme der Risiken durch den Erwerber ein. Die Realisierung drückt sich durch (geringeren) Bemessung des Veräußerungspreises aus.
Passivierungsverbot für nachfolgende Bilanzstichtage
Nach dem Prinzip der Neutralität von Anschaffungskosten sind übernommene Verpflichtungen zum Anschaffungswert in die Steuerbilanz zu übernehmen. Gemäß § 5 Abs. 7 EStG findet das Ansatzverbot für Drohverlustrückstellungen auf die folgenden Bilanzstichtage erneut Anwendung.
Betriebliche Rückstellungen und Verbindlichkeiten, die ein Betriebsveräußerer aufgrund von Rückstellungsverboten (wie z. B. für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften) in seiner Steuerbilanz nicht ausweisen durfte, unterliegen laut BFH beim Betriebserwerber keinem Passivierungsverbot. Voraussetzung ist, dass der Erwerber die Verbindlichkeit im Zuge eines Betriebserwerbs gegen Schuldfreistellung erworben hat. Die Rechtsnorm des § 5 Abs. 7 EStG ist zu beachten.
Die mit dem Betrieb erworbenen drohenden Verluste aus schwebenden Geschäften sind nach Auffassung des BFH als Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten auszuweisen und mit ihren Anschaffungskosten oder ihrem höheren Teilwert zu bewerten. Die Übernahme steuerrechtlich zu Recht nicht bilanzierter Verbindlichkeiten ist Teil des vom Erwerber entrichteten Entgelts.
Auch die Übernahme eines (Verlust-)Mietvertrags kann die steuerliche Passivierung einer sog. angeschafften Verlustrückstellung begründen.
3.6 Weitere Ausnahmefälle
Das Erbbaurecht ist als ein der Miete oder Pacht angenähertes entgeltliches Nutzungsverhältnis anzusehen. Als schwebendes Geschäft ist es g...