Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Dr. Matthias Michael Nelde
Das Eigenkapital nimmt im Unternehmen unterschiedliche Funktionen ein (vgl. Abb. 2).
Abb. 3: Funktionen des Eigenkapitals
Finanzierungsfunktion
Grundlegend ist die Finanzierungsfunktion. Das finanzielle Engagement der Unternehmenseigner ist der Ausgangspunkt sämtlicher Aktivitäten des Unternehmens. Insbesondere in der Phase der Unternehmensgründung kommt dem Eigenkapital die Funktion der Errichtungsgrundlage zu (auch: Gründungsfunktion, Ingangsetzungsfunktion bzw. Errichtungsfunktion genannt). Je nach Rechtsform sind hierbei unterschiedliche Mindesthöhen an Eigenkapital von den Unternehmenseignern aufzubringen (z. B. Mindeststammkapital einer GmbH 25.000 EUR, Grundkapital einer Aktiengesellschaft 50.000 EUR). Die Gründung eines Unternehmens nur durch Fremdkapital ist nicht möglich, da bei einer vollen Fremdfinanzierung die Gläubiger das gesamte Risiko des Unternehmens tragen müssten, ohne an Chancen partizipieren zu können
Repräsentationsfunktion
Wie bereits in den vorherigen Ausführungen deutlich wurde, stellt das Eigenkapital zusätzlich eine wichtige Basis zur Erlangung weiterer finanzieller Mittel, d. h. zur Aufnahme von Fremdkapital dar. Eng verbunden mit der direkten Finanzierungsfunktion des Eigenkapitals ist damit die Repräsentations- bzw. Reputationsfunktion des Eigenkapitals.
Das finanzielle Engagement der Unternehmenseigner ist die Voraussetzung für die Bereitstellung zusätzlicher Fremdmittel, da die von den Unternehmenseignern eingesetzten Mittel für das Vertrauen in die Konzeption der unternehmerischen Idee stehen. Eine angemessene Ausstattung mit voll haftendem Kapital ist die Grundvoraussetzung für die Gewinnung weiterer Kapitalgeber. Unternehmen mit einer guten Eigenkapitalausstattung demonstrieren z. B. gegenüber Banken, Kunden oder Zulieferern finanzielle Solidität. Wie viel Eigenmittel ein Unternehmer in das Unternehmen investiert, ist ein klares Indiz für Banken, ob sich eine Kreditvergabe an ein Unternehmen lohnt. Ein Unternehmer, der nicht einmal bereit ist, sein eigenes Geld zu riskieren, ist unter Umständen nicht von seiner Geschäftsidee überzeugt.
Durch eine ausreichende Eigenkapitalbasis kann der Unternehmer nach außen die Überzeugung von der Geschäftidee ausdrücken und auf dieser Basis beispielsweise Kredite aufnehmen und die unternehmerischen Aktivitäten ausweiten. Die Aufgabe des Eigenkapitals kann daher auch als Kreditfunktion interpretiert werden. Das Eigenkapital hat damit neben der direkten Bereitstellung von finanziellen Mitteln durch die Eigenkapitalgeber auch einen indirekten Einfluss auf den Zugang des Unternehmens zu weiteren finanziellen (Fremd-)Mitteln.
Verlustausgleichsfunktion
Eine Aufgabe des Eigenkapitals ist der Ausgleich laufender Verluste. Die Eigenkapitalgeber haften in der Höhe ihrer Einlage für Verbindlichkeiten des Unternehmens, d. h., das Eigenkapital stellt Haftungskapital dar. Dem Eigenkapital kommt diesbezüglich eine Verlustausgleichs- und Haftungsfunktion zu. Eine unzureichende Eigenkapitalbasis kann sich krisenverschärfend auswirken, da das Eigenkapital in diesem Fall die Aufgabe eines Risiko- oder Verlustpuffers nicht mehr wahrnehmen kann.
Geschäftsführungsfunktion
Mit dem Einbringen von Kapital in eine Unternehmung geht i. d. R. eine Geschäftsführungsfunktion einher, d. h., der Eigenkapitalgeber ist zur (Mit-)Geschäftsführung berechtigt. Ein hoher Eigenkapitalanteil bedingt dabei häufig einen großen Einfluss auf die Strategie des Unternehmens.
Gewinnverteilungsfunktion
Ebenso wie die Unternehmenseigner in Höhe ihrer Einlage für Verluste des Unternehmens haften, wird nach dem Gesetz oder dem Gesellschaftervertrag der unternehmerische Gewinn auf die Unternehmenseigner verteilt. Abhängig von der Höhe des eingelegten Beteiligungskapitals erfolgt eine Verteilung des Gewinns auf die Unternehmenseigner. Abweichungen von dieser generellen Regelung sind innerhalb der gesetzlichen Rahmenbedingungen möglich.