Zusammenfassung

  • Der Einkauf kann den Unternehmenserfolg maßgeblich beeinflussen. Eine insbesondere auch an die Veränderungen durch Industrie 4.0 angepasste Bewertung der Einkaufsleistung existiert noch nicht.
  • Eine zeitgemäße Bewertung sollte sich an mehr Kriterien als an der Absenkung der Einkaufskosten und der Erzielung von Kosteneinsparungen orientieren. Die Bestimmung des Wertbeitrags stellt hierfür einen Lösungsansatz dar.
  • Die Forderung nach der verstärkten Ausrichtung am tatsächlichen Wertbeitrag des Einkaufs ist nicht neu. Sie gewinnt aber vor dem Hintergrund der Veränderungen im Zuge der Digitalisierung substanziell an Bedeutung und wird eine Existenzfrage für den Einkauf.
  • Die Balanced Scorecard stellt als etabliertes Konzept zum Performance Measurement eine gute Grundlage dar und kann für die Weiterentwicklung herangezogen werden.
  • Eine spezifische Anpassung der Dimensionen und Kennzahlen für den erfolgreichen Einkauf unter Berücksichtigung digitaler Technologien, Prozesse und Geschäftsmodelle ist jedoch zwingend erforderlich.
  • Veränderungen, die durch die Digitalisierung getrieben werden, wie bspw. neue Ownership-Modelle und die Servitisierung von Produktportfolios, müssen zukünftig bei der Bewertung des Wertbeitrags berücksichtigt werden.

1 Neuausrichtung des Performance Measurement im Einkauf

Die Diskussionen um den Erfolg des Einkaufs und dessen Messung sind genauso alt wie die Unternehmensfunktion selbst. Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten die Rolle des Einkaufs vom operativen "Bestellschreiber" zum strategischen Partner für interne Stakeholder weiterentwickelt hat, wird er bei der Bewertung seines Beitrags zum Unternehmenserfolg immer noch allzu oft auf Einsparungen reduziert. Der Wertbeitrag von Einkauf und Supply Management geht aber weit darüber hinaus. Dies wird bereits deutlich, wenn die aktuellen und zukünftigen Aufgaben als Data Analyst und Innovation Scout entlang von Supply Chains in der industriellen Wertschöpfung berücksichtigt werden. In diesem Beitrag liegt der Fokus auf dem Performance Measurement der Einkaufsfunktion (Einkauf und Supply Management). Das Supply Management ist dabei nicht gleichzusetzen mit dem Supply Chain Management. Es ist mit seiner Kernfunktion Einkauf als elementarer Bestandteil des Supply Chain Managements innerhalb der Wertschöpfungskette zu verstehen.

Der nachfolgende Beitrag hat daher das Ziel, die bereits existierenden Methoden und Ansätze zur Einkaufserfolgsmessung vor dem Hintergrund der Herausforderungen der digitalen Transformation und der – von den Lieferantennetzwerken von Unternehmen maßgeblich beeinflussten – Nachhaltigkeit einzuordnen und zu strukturieren.

Mit der Balanced Scorecard liegt bereits ein etabliertes Instrument vor, das um zukünftige Aufgabenbereiche von Einkauf und Supply Management erweitert werden kann. In Ergänzung zu der Erweiterung bestehender Messmethoden und entsprechender Kennzahlen erscheint es in Zukunft aber auch notwendig, neue Kennzahlen und Verfahren zum Performance Measurement in Einkauf und Supply Management zu entwickeln.

Wie sonst soll bspw. die Beschaffung von Open-Source-Produkten und -Lösungen in ihrem Wertbeitrag für das Unternehmen erfasst werden? Neben Open Source stellen auch neue Ownership- und Geschäftsmodelle den Einkauf vor neue Herausforderungen. Ein guter Indikator dafür könnten die vielfältigen Bezahl- und Abrechnungsmodelle sein, die letztlich auf den Wertbeitrag ausgerichtet sind und einkaufsseitig verhandelt werden müssen.

2 State of the Art Performance Measurement im Einkauf und Supply Management

2.1 Zunehmende Bedeutung des Einkaufs und Supply Managements

Das Erzielen von Kostenoptimierungen ist traditionell eine zentrale Aufgabe im Einkauf und Supply Management. Durch den großen Einfluss der Optimierung der Einkaufskosten auf das gesamte Unternehmensergebnis (Hebelwirkung des Einkaufs) kann dies als zentrale Aufgabe des Einkaufs im Unternehmen betrachtet werden. Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte in Richtung einer Konzentration auf Kernkompetenzen, einem erhöhten Anteil fremdbezogener Vorleistungen und einer damit einhergehenden geringeren Fertigungstiefe, verstärken die Bedeutung der Aufgaben im Einkauf und Supply Management.[1]

Neben der Realisierung von Kostenpotenzialen beeinflusst der Einkauf aber zunehmend auch Erlöspotenziale. Dies gelingt durch das Wahrnehmen der Rolle als Schnittstellenmanager und der Identifikation von Innovationen in den Beschaffungsmärkten.[2] Zusätzlich zum finanziellen Einfluss auf das Unternehmensergebnis sind der Einfluss auf die Produktqualität, die Einführung digitaler Technologien, das Managen von Risiken in der Supply Chain, das Sicherstellen von Nachhaltigkeitsaspekten sowie das Innovation-Sourcing Aufgabenbereiche, die den Einkauf prägen. Entwicklungen, welche das Agieren im Supply Chain Management dabei vermehrt herausfordern, sind die Forderungen nach zunehmender Agilität und Anpassungsfähigkeit auf sich verändernde Einflussfaktoren.[3]

[1] Vgl. Bräkling/Oidtmann, 2012, S. 6.
[2] Vgl. Henke/Feldmann, 2016, S. 30-32.
[3] Vgl. Blome/Eckstein/Goellner/Henke, 2015, S. 3029-3030.

2.2 Entwicklungen im Performance Measurement

Zur Optimierung der Leistung des Einkaufs und Supply Managements existieren heute be...

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