Seyma Bosluk, Sonja Köberlein
Bei diesem Praxis-Beispiel handelt es sich um ein Projekt bei einem global führenden Logistikdienstleister mit über 1.500 Standorten und über 75.000 Mitarbeitern.
7.1 Notwendigkeit einer Transformation
Durch das stetige Wachstum des Unternehmens sowie die zunehmende globale Reichweite wurde eine Anpassungsnotwendigkeit der internen Steuerung hervorgerufen.
Das Unternehmen war mit der Herausforderung konfrontiert, nur unzureichende Steuerungsinformationen für die Management-Holding zu erhalten: Lediglich Fokus auf das Betriebsergebnis, unterschiedliche Forecast-Ansätze und fehlende Allokation von Gemeinkosten. Zudem lag ein Mangel an Qualität und Konsistenz der Daten vor: Fehlen einheitlicher Definitionen von KPIs sowie eines einheitlichen Konzeptes für Kostenrechnungsobjekte und Ergebnisrechnungslayouts.
Schließlich hatten sich in den Teilbereichen sowie unterschiedlichen Regionen heterogene Systemlandschaften etabliert: Es gab über 80 lokale Business Intelligence-Systeme (BI-Systeme) – ohne End-to-End-Sicht. Somit hatten die jeweiligen Benutzergruppen unterschiedliche Quellen zur Basis und Daten-/Informationsvergleiche waren lediglich mit großem manuellem Aufwand oder nur auf einer sehr aggregierten Ebene möglich.
7.2 Single Source of Truth: Globales, harmonisiertes und integriertes Finanzreporting
Als Ziel des Projektes wurde folglich determiniert, eine Management-Holding mit mehr operativer Steuerung zu ermöglichen. Von den zahlreichen lokalen Lösungen kommend, sollte eine "Single Source of Truth" für die gesamte Finanzberichterstattung errichtet werden mit dem Ziel, eine Effizienzsteigerung in der Berichterstattung zu generieren. So werden Steuerungsinformationen schneller und häufiger bereitgestellt (Verfügbarkeit der Daten vor dem Monatsabschluss).
Alle Mitarbeiter, die in das Finanzreporting involviert sind, müssen zunächst die Veränderung verstehen, sie akzeptieren und diese schließlich sachlich und fachlich weiterentwickeln. Denn die Unterstützung der regionalen sowie funktionalen Mitarbeiter durch u. a. Angabe spezifischer Reportbedarfe und -Fehler an das Kernteam ist essenziell zur Entwicklung und schließlich Etablierung einer ganzheitlichen Lösung.
7.3 Initiale Bestandsaufnahme, Zielsetzung und Analyse
Doch bereits im Rahmen der Konzeptphase und der Implementierungsvorbereitungen wurden Widerstände durch wesentliche Stakeholder festgestellt, die den Erfolg des Projektfortgangs beeinträchtigen konnten. So entstand die dringende Notwendigkeit eines dezidierten Change- und Kommunikationsmanagement-Ansatzes, um einen zeitlichen sowie reibungslosen Ablauf der Transformation zu gewährleisten. Im Rahmen der zu Projektbeginn durchgeführten tiefgreifenden Bestandsaufnahme und As-Is-Analyse wurde vorbereitend nachfolgenden Fragestellungen nachgegangen:
Bestandsaufnahme und Zielsetzung
- Definition der Notwendigkeit für die Veränderung sowie des angestrebten Ziels
- Strategie zur Zielerreichung und definierter Zeitplan
- Sensibilisierung des Projektleiters und Change-Teams
- Aufnahme der Anforderungen und Erwartungen dieser an das Change Management
- Ermittlung des Ist-Zustandes der Maßnahmen
Analyse
- Identifizierung der Stakeholder: Entscheidungsträger, Projektteilnehmer, Beteiligte
- Untersuchung der Unternehmensstruktur sowie Unternehmens- und Lernkultur
- Herausfiltern der Wirkungsrichtung innerhalb des Multiplikatoren-Netzwerkes
- Aktuelle Gegebenheiten im Unternehmen
- Art der Betroffenheit der Stakeholder-Gruppen von der Veränderung (z. B. Struktur, Prozesse, Verhalten, Arbeitsplatz)
- Einstellung dieser gegenüber der Veränderung – u. a. durch bilaterale Gespräche identifiziert
Die nachfolgende Grafik fasst die wesentlichen Ergebnisse zusammen (s. Abb. 7):
Abb. 7: Ergebnisse initialer Bestandsaufnahme und Analyse
7.4 Leitgedanken für einen ganzheitlich erfolgreichen Ansatz
Resultierend aus den vorangegangenen Analysen wurden zunächst die Leitgedanken für einen ganzheitlichen Change- und Kommunikationsmanagement-Ansatz definiert:
- Community Building: Das Beziehungsmanagement fördert die Zugehörigkeit zu einer Gruppe und Identifizierung mit der Veränderung, sodass eine Lead-Generierung realisiert wird.
- Informationszugänglichkeit: Der gleichermaßen für alle Stakeholder einfache Zugang zu möglichst vielen nützlichen sowie homogenen Informationen fördert den regen Austausch und vermittelt Wissen.
- Regelmäßigkeit: Die regelmäßige Informationsbereitstellung fördert die Prominenz und bietet die Teilhabe am Fortschritt und nützlichen Neuerungen.
- Strukturierung: Funktionen, Informationen und Lösungen, die gesucht werden, können ohne viel Mühe und Aufwand gefunden und somit Effizienzvorteile generiert werden.
- Transparenz: Die Transparenz in der Kommunikation und Informationsbereitstellung schafft Vertrauen und Verständnis.
7.5 Gewählter Change-Ansatz zur Sicherstellung der Verzahnung zwischen Nutzer und Tool
Zur Verringerung der Widerstände und Verstärkung der Verzahnung zwischen Nutzer und Tool wurden die Interaktionspartner gruppiert, ihr angestrebtes Zusammenspiel durchdacht und zur Erreichung dessen zielgruppenspezifische Ansätze definiert.
Es wurde ein pragmatischer Change Management- und Trainings-Ansatz gewählt, der explizit auf die analysierten Bedarfe abgestimmt war (s. Abb. 8). Hierzu wurde ein 3-stufiger Prozess ausgearbeitet, der zunächst die Beteiligte...