1.2.1 Information steuert Reaktion

Managemententscheidungen von Führungskräften und Investoren hängen direkt mit den ihnen zur Verfügung stehenden Informationen zusammen, da Informationen die Grundlage menschlicher Entscheidungsfindung sind. Besonders viele Informationen nehmen wir über unsere Augen wahr. Dies liegt daran, dass insgesamt 70 % der menschlichen Sinnesrezeptoren für die visuelle Wahrnehmung vorgesehen sind.[1]

Das Berichtswesen des Controllers liefert damit einen zentralen Input für Führungsentscheidungen. Daher ist die Visualisierung der ausgewählten Inhalte von zentraler Bedeutung für eine optimale Wahrnehmung (s. dazu Abb. 1).

Abb. 1: Informationsgestaltung und -wahrnehmung als Grundlage der Entscheidungsfindung

[1] Vgl. Ware, 2018.

1.2.2 Informationsverarbeitung in Kurz- und Langzeitgedächtnis

Der Mensch nimmt aufgrund begrenzter Verarbeitungskapazitäten zum eigenen Schutz nur jene Informationen wahr, welchen er Aufmerksamkeit schenkt. Er verfügt über ein sensorisches Gedächtnis, das viele für ihn unbedeutende Informationen filtert. Informationen, die seine Aufmerksamkeit erregen, kommen zunächst in das Kurzzeitgedächtnis (den Arbeitsspeicher). Hier können allerdings nur 7 (plus/minus 2) neue Informationen in einer kurzen Zeit ohne Wiederholung wahrgenommen bzw. verarbeitet werden.[1] Für die Informationsverarbeitung wird das Kurzzeitgedächtnis belastet, je mehr Information, desto stärker.[2] Diese Belastung kann drastisch reduziert werden, sofern Schemen für die Informationsverarbeitung im Langzeitgedächtnis abgelegt sind. Erst durch Wiederholung und Training werden Informationen ins Langzeitgedächtnis übergeführt. Dieses ist von nahezu unbeschränkter Kapazität. Auf die Bedeutung dieses Langzeitgedächtnisses werden wir später noch zurückkommen, wenn es darum geht, durch Standardisierung im Reporting Lerneffekte zu erzielen.[3]

Abb. 2 veranschaulicht die Funktionsweise der menschlichen Informationsverarbeitung.

Abb. 2: Das "Multi-Store Model of Memory"[4]

Die Wirkung von Schemen im Langzeitgedächtnis kann gut am Beispiel eines Autofahrers erklärt werden:[5] ein Fahrschüler ist von der Fülle an Informationen zu Beginn schnell überfordert. Er soll auf den Verkehr und die Straßenverhältnisse achten, die Verkehrszeichen berücksichtigen, den Status des Autos und die Geschwindigkeit überwachen, lenken, kuppeln, schalten, bremsen – an ein Telefonieren oder mit dem Sitznachbarn Sprechen ist gar nicht zu denken. Viel zu viele Informationen und Aufgaben sind gleichzeitig abzuarbeiten. Mit Übung und Erfahrung gelingt ihm das alles nach einiger Zeit deutlich besser und stressfreier. Sein sensorisches Gedächtnis überwacht viele Informationen intuitiv und warnt nur bei besonderen Vorkommnissen. Die Fahraktivitäten an sich sind als Routinen (Schemen) im Langzeitgedächtnis gespeichert und laufen ganz automatisch ab. Das Kurzzeitgedächtnis bleibt weitgehend frei für wenige, wirklich relevante Infos und Aktivitäten wie beispielsweise, wenn ein Fußgänger plötzlich die Straße quert. Den gleichen positiven Effekt hat die einheitliche Verwendung und Gestaltung von Diagrammen und Tabellen auf Berichtsleser. Die Standards werden ebenfalls als Schemen im Langzeitgedächtnis abgelegt, wodurch die Wahrnehmung von Trends und Ausreißern im aktuellen Report wesentlich erleichtert und beschleunigt wird.

[1] Vgl. Miller, 1956.
[2] Vgl. Atkinson/Shiffrin, 1968; Baddeley/Hitch, 1974.
[3] Vgl. Chandler/Sweller, 1991; Falschlunger et al., 2016b.
[4] Atkinson und Shiffrin, 1968.
[5] Vgl. Ware, 2013.

1.2.3 Information Overload

Da das Kurzzeitgedächtnis des Menschen kapazitativ relativ rasch überlastet, ist ein Mehr an Informationen nur bis zu einem bestimmten Punkt ratsam. Danach ist der Berichtsleser zunehmend überfordert und die Entscheidungsqualität nimmt wieder ab. Diesen Effekt bezeichnet man auch als "Information Overload".[1]

Information Overload bewirkt, dass

  • man mit der Fülle an Information in einer begrenzten Zeitspanne überlastet ist,
  • das Wichtigste nicht mehr extrahieren kann und
  • jede zusätzliche Information zu einer Verschlechterung der Entscheidungsqualität führt.

Den grafischen Zusammenhang zwischen Entscheidungsqualität und steigendem Informationsangebot veranschaulicht Abb. 3.

Abb. 3: Inverted U-Curve des Information Overload

Der Punkt des Information Overload lässt sich mithilfe einer geeigneten Visualisierung nach oben und rechts verschieben. In visueller Form, also grafisch aufbereitet, können deutlich mehr Informationen gleichzeitig und mit weniger kognitivem Aufwand wahrgenommen werden. Dies ist auch der Grund, weshalb "Verstehen" und "Sehen" oft synonym verwendet werden bzw. die Grundlage des Sprichworts "Bilder sagen mehr als 1.000 Worte" bilden.

Ein Beispiel für die gut ausgeprägte Fähigkeit, visuelle Stimuli zu interpretieren, kann Abb. 4 entnommen werden. Das Beispiel verdeutlicht, dass der Trend (der Kurvenverlauf) wesentlich schneller wahrgenommen werden kann, sofern die Information in Form einer Grafik anstatt einer Tabelle dargestellt wird. Umgekehrt geht der Genauigkeitsgrad der Information verloren, da die exakten Werte im Diagramm ni...

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