Prof. Dr. Christoph Eisl, Prof. Dr. Heimo Losbichler
Bei der Darstellung einer größeren Anzahl an Werten, z. B. sehr langen Zeitreihen, ist das Liniendiagramm dem Säulendiagramm vorzuziehen.
Tipp: Visualisieren Sie Trends mit Liniendiagrammen, wenn eine größere Anzahl an Daten vorliegt.
Trends und Entwicklungen kommen im Liniendiagramm besonders gut zur Geltung, da diese Darstellung nicht wie das Säulendiagramm auf die einzelnen Werte einer Reihe fokussiert. Liniendiagramme haben zuweilen den Nachteil, dass Verläufe signalisiert werden, obwohl nur diskrete Werte vorliegen. Das bedeutet, dass z. B. bei der Darstellung des Aktienkurses oft Tagesdaten verwendet werden und die Schwankung innerhalb eines Tages unberücksichtigt bleiben. Es bedeutet aber auch, dass bei fehlenden Daten trotzdem eine durchgehende Linie erzeugt wird, ohne dies zu signalisieren (z. B. handelsfreie Tage). So kann über die Wahl des verwendeten Zeitintervalls ein ganz anderer Eindruck entstehen. Daher ist beim Einsatz von Liniendiagrammen auf die Intervalle und die dadurch ableitbare Aussagekraft besonderes Augenmerk zu legen.
Abb. 46 gibt einen Überblick, wie ein Liniendiagramm konkret gestaltet werden soll.
Abb. 46: Gestaltungsempfehlungen für Liniendiagramme
Tipp: Stellen Sie nicht zu viele Linien dar und beschriften Sie diese direkt.
Um "Spaghetti-Diagramme" zu vermeiden sollten maximal acht Datenreihen (Linien) verwendet werden. Je nachdem wie überschneidend diese sind, kann die Maximalanzahl aber auch deutlich geringer sein. Unterschiedliche Linienfarben unterstützen die eindeutige Les- und Sichtbarkeit aller Linien. Die Datenreihen sollten nach Möglichkeit direkt beschriftet werden. Damit kann die Legende entfallen und die Gefahr der Verwechslung der Linien wird nochmals reduziert.
Tipp: Verwenden Sie eine Achse und dezente Hilfslinien.
Bei Liniendiagrammen eignet sich keine direkte Beschriftung der Datenpunkte. In vielen Fällen werden sehr viele Datenpunkte in einem Liniendiagramm dargestellt, wodurch eine direkte Datenbeschriftung überlappend und überfrachtend ausfallen würde bzw. unmöglich ist. Eventuell können einzelne Datenpunkte (z. B. Minimal- und Maximalwert bzw. aktuellster Wert) angezeigt werden.
Um die Zahlen dennoch interpretieren zu können, bedarf es der Darstellung der y-Achse. Zusätzlich erweisen sich in angemessenem Abstand eingefügte dezente Hilfslinien als empfehlenswert. Hilfslinien bieten vor allem bei Datenpunkten eine Unterstützung, welche aufgrund ihres zeitlich späteren Anfalls weiter rechts platziert sind. Ohne Hilfslinien neigt man ansonsten zu einer Über- oder Unterschätzung dieser Werte, da die räumliche Einordnung ohne optische Führung schwierig ist. Es ist allerdings darauf zu achten, dass nicht zu viele Hilfslinien eingesetzt werden. Die Datenlinien müssen im Vordergrund bleiben.
Liniendiagramme sind gemeinsam mit Wasserfalldiagrammen die einzigen Diagramme, welche in bestimmten Fällen eine abgeschnittene Achse aufweisen können, nämlich insbesondere dann, wenn der im Fokus stehende Trend deutlich sichtbar gemacht werden soll oder es sich um ein indexiertes Liniendiagramm handelt, dessen relevanter Ausgangspunkt bei 100 % liegt. Ein Abschneiden der Achse ermöglicht ein Fokussieren auf diesen Bereich, ohne das Bild zu verzerren, und ist daher zulässig.
Auf die Verwendung einer Sekundärachse (zweite, rechts angeordnete Achse), sollte verzichtet werden, weil diese für die meisten Menschen schwer les- und interpretierbar ist. Ein Beispiel für eine schlechte Visualisierung mit irreführender Sekundärachse zeigt Abb. 47.
Abb. 47: Beispiel-Diagramm mit Sekundärachsen
Das Diagramm zeigt auf der linken Seite die Entwicklung der eigenen Unternehmensaktie in EUR und auf der rechten Seite den Index. Nur die Unternehmensaktie kann man in Bezug auf die Primärachse (also die EUR-Achse) lesen – also, dass die Aktie zu Jahresbeginn bei 4,94 EUR gestartet ist und zu Jahresende mit 7,40 dotierte. Der Zuwachs (indexiert) kann damit auf +50 % auf der rechten Achse abgelesen werden. Der Vergleichsindex DAX kann hingegen nur in Bezug auf die indexierte Entwicklung interpretiert werden. Es kann damit abgelesen werden, dass dieser mit einem Plus von 20 % hinter der Performance der Unternehmensaktie zurückliegt.
Für ein schnelles Ablesen der Aktienentwicklung ist diese Darstellungsform aber schlecht geeignet. Es werden sehr viele Informationen auf einmal mitgeliefert mit der Konsequenz einer Überforderung des Berichtslesers. Das Identifizieren, welche "Zitterkurve" zu welcher Achse gehört ist für einen ungeübten Leser sehr schwierig. Es wäre besser, zwei Diagramme zu gestalten, eines nur mit Euro-Werten für die Unternehmensaktie und ein zweites mit dem Vergleich zum Leitindex (s. Abb. 48).
Abb. 48: Unternehmensaktie und Index dargestellt in 2 Diagrammen