4.1 Herleitung
Kennzahl
Bei der großen Bedeutung, die der Vertriebs-Forecast für viele Unternehmen hat, stellt sich natürlich die Frage, wie eine hohe Genauigkeit des Forecasts sichergestellt werden kann. Getreu Druckers Mantra "What you can’t measure, you can’t manage" bietet sich die Messung und Steuerung über eine Kennzahl an: die Forecast Accuracy. Diese wird i. d. R. in % angegeben und berechnet sich wie folgt:
Forecast Accuracy = |
Forecast-Wert |
Forecast-Wert |
Alternativ kann auch die Abweichung nach folgender Formel berechnet werden:
Forecast Deviation = |
Istwert – Forecast-Wert |
Istwert |
Zielgröße 100 % bzw. 0 %
Die Forecast Accuracy kann im Prinzip für jede einzelne Forecast-Größe (Absatz/Preis/Umsatz einzelner Produkte) berechnet werden. I. d. R. ist es aber für die Steuerung sinnvoll, sich auf einige besonders bedeutende Eckwerte zu fokussieren. Eine weitreichende Durchschnittsbildung ist allerdings abzulehnen: Forecasts sollten genau sein, der Zielwert für die Forecast Accuracy ist 100 % – nicht weniger, aber auch nicht mehr; es wird eine Punktlandung angestrebt. Durch Messung einer Durchschnittszahl über viele Produkte können deutliche Abweichungen in beide Richtungen kaschiert werden, die der Fertigung aber das Leben schwer machen und zu Lieferschwierigkeiten einerseits und Überbeständen andererseits führen können.
4.2 Problemfelder
Problemfelder: Absatzmenge und Preise
Beim zentralen Umsatz-Forecast durch den Vertrieb gibt es 2 Problemfelder, die die Forecast Accuracy negativ beeinflussen: Absatzmengen und Preise. Folgende Faktoren führen häufig zu großen Abweichungen vom Forecast:
- Bewusstes, taktisches Hochstapeln, indem schlechte Nachrichten in die Zukunft verschoben werden. Das Problem taucht dann nicht schon im Forecast auf, sondern erst einige Wochen oder Monate später in den Istzahlen. Zwischendurch wird auf ein Wunder gehofft.
- Bewusstes, taktisches Tiefstapeln, um bei den Istzahlen gut dazustehen. Dies funktioniert nicht, wenn per Forecast die Ware in der Fertigung bestellt wird.
- Unkoordinierte Teil-Forecasts, z. B. verschiedener Vertriebskanäle.
- Inkonsistenz bei Bewertung wahrscheinlicher Positionen, z. B. im Auftragsgeschäft: (Wie) werden fast sichere Aufträge im Vertriebs-Forecast abgebildet?
- Nichtberücksichtigung von Retouren.
- Mangelnde Koordination zwischen Nachfrage und Angebot: Wenn Lieferschwierigkeiten bereits bekannt sind, macht es keinen Sinn, die volle Nachfrage als Umsatz auszuweisen.
- Zu langer Forecast-Horizont, sodass der spätere Teil des Forecasts geraten wird.
- Mangelnde Berücksichtigung von Preisbestandteilen (z. B. Off-Invoice-Konditionen wie Jahresboni) beim Preis-Forecast.
- Übersehen von Sondereffekten.
Eine dauerhaft gute Foreacst Accuracy ist natürlich anzustreben. Doch wenn diese jeden Monat nahe 100 % liegt, ist die Notwendigkeit des ressourcenintensiven Vertriebs-Forecastings prinzipiell infrage zu stellen – wenn die Planungssicherheit so hoch ist, reicht wahrscheinlich das Budget zur Unternehmenssteuerung.
4.3 Verbesserungsvorschläge
Verbesserung
Bei vielen Unternehmen ist die Forecast Accuracy im Vertrieb nicht besonders hoch. Dies liegt zwar in der Natur der Dinge, man sollte aber dennoch versuchen, die Forecast Accuracy zu verbessern. Dies kann durch folgende Maßnahmen gelingen:
- Verankerung der Forecast Accuracy in den vergütungsrelevanten Zielvereinbarungen der Vertriebsmitarbeiter. Sanktionierung von Abweichungen in beide Richtungen. Dieses Instrument hat sich im stark variabel vergüteten Vertrieb als wirksam, wenn auch nicht sehr populär erwiesen.
- Koordinationsmeetings, um die Zahlen verschiedener Vertriebskanäle aufeinander abzustimmen.
- Klare Richtlinien bezüglich Berücksichtigung von Positionen aus dem Verkaufstrichter.
- Anpassung der Betrachtungsdauer an die geschäftliche Realität.
- Kritisches Hinterfragen aller Zahlen durch das Vertriebscontrolling, z. B. Überprüfung der Preiskalkulation/Konditionen durch das Vertriebscontrolling.
- Beitrag erwarteter Sondereffekte durch Vertriebscontrolling.
- Gezieltes Abfragen/Berücksichtigen von Retouren.
- Detailanalyse: Welcher Mitarbeiter/welche Produkte/welche Kunden … liegen häufig/stark daneben? Warum ist das so? Gibt es dafür interne (z. B. optimistische Mitarbeiter) oder externe Gründe (z. B. Kunden, die häufig ihre Meinung ändern)?
Zweckorientierung
Dabei sollte nicht aus den Augen verloren werden, dass es sich bei der Optimierung der Forecast Accuracy nicht nur um die Genauigkeit eines Vertriebscontrollingprozesses dreht. Vielmehr sind über die Steuerung der Realgüterwirtschaft große Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens zu beobachten. Zu guter Letzt hilft das Vertriebs-Forecasting auch, die im Budget definierten Ziele des Unternehmens zu erreichen. Dies erfolgt über aus dem Forecasting abgeleitete Maßnahmen der Vertriebssteuerung.