2.1 Emissionsfähigkeit
Grundsätzlich gibt es keine rechtlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Rechtsform des emittierenden Unternehmens. Dennoch hängt die faktische Emissionsfähigkeit erfahrungsgemäß von der Erfüllung einiger ganz wesentlicher Anforderungen ab.
Das Emissionsvorhaben einerbörsennotierten Anleiheerfordert von einem Unternehmen einen nicht zu unterschätzenden Aufwand bezüglich verpflichtender Vor- und Nachbereitungen im Zusammenhang mit den aus dem Börsen-Listing resultierenden zwingenden Dokumentations- und Transparenzvorschriften. Dem berechtigten Informationsinteresse der (zumeist anonymen) Investoren muss durch die Erfüllung von gesetzlichen Publizitätspflichten Rechnung getragen werden.
Die verpflichtende Anwendung derRechnungslegung nach IFRS für kapitalmarktorientierte Konzernmutterunternehmen (§ 315a HGB i. V. m. IFRS 9) und die Pflicht zur Veröffentlichung von Finanzberichten und Ad-hoc-Mitteilungen (§ 15 WpHG) stellen mittelständische Unternehmen regelmäßig vor erhebliche Herausforderungen. Diese sind jedoch für eine von Offenheit geprägte Unternehmenskultur unabdingbar, um auf Basis der Reputation des Unternehmens eine erfolgreiche Anleiheemission anstreben zu können.
2.2 Emissionsverfahren: Fremd- oder Eigenemission
Das gängige Emissionsverfahren (auf dem Euro Corporate Bond Market) ist die Fremdemission von Unternehmensanleihen durch einzelne Banken bzw. Platzierungskonsortien(Übernahme). Häufig ist es ein Bankenkonsortium (bestehend aus (Joint) Lead Manager(s) und Co Manager(s)), das gegen Entgelt den Vertrieb und ggf. auch das Absatzrisiko vom Emittenten übertragen bekommt. Es übernimmt hierbei die gesamte Anleihe auf eigene Rechnung, stellt dem Unternehmen den Gegenwert der Anleihe als Emissionserlös zur Verfügung und garantiert die vollständige Platzierung der Anleihe bei Investoren (was auch die Übernahme offener Positionen vorsieht).
Diese Form der Übernahme ist für den Emittenten das aussichtsreichste, aber auch ein vergleichsweise teures, Emissionsverfahren. Übernimmt das Konsortium hingegen lediglich den Vertrieb, handelt es sich um eine Begebung (über ein Begebungskonsortium), welche i. d. R. günstiger als die Übernahme ist.
Zudem besteht die Möglichkeit der Eigenemission, bei welcher das Unternehmen als Emittent den Vertrieb eigenständig verantwortet und so das Absatzrisiko der Anleihe selbst trägt. Hierbei fungieren Banken später lediglich als Zeichnungs- und Zahlstelle, um den reibungslosen Zahlungsverkehr sicherzustellen. Diese relativ günstige Vorgehensweise (Provisionen an Dritte entfallen) erfordert vom Emittenten jedoch Kapitalmarkterfahrung sowie eine Vertriebsorganisation.
Fremdemissionen bieten einem Unternehmen gegenüber der Eigenemission bei deutlich höheren Kosten den Vorteil der Nutzung der Vertriebswege und Marktkenntnis der Beteiligten eines Konsortiums, was mit einer entsprechend höheren Platzierungskraft einhergeht und schließlich zu einem größeren Emissionserfolg führen kann.
2.3 Privat- oder öffentliche Platzierung
Eine Entscheidung ist zudem darüber zu treffen, ob eine öffentliche Platzierung oder eine Privatplatzierung vorgenommen werden soll.
Die Privatplatzierung richtet sich an einen begrenzten (und i. d. R. bekannten) Kreis qualifizierter Investoren, was angesichts der zumeist relativ geringen Emissionsvolumina und/oder großen Stückelungen regelmäßig Privatanleger ausschließt, sich also auf institutionelle Anleger (wie Banken, Versicherungen, Lieferanten) stützt. Die Anleihekonditionen werden hierbei zwischen den Beteiligten weitgehend frei gestaltet.
Bei der öffentlichen Emission hingegen gibt es verschiedene Varianten, wie z. B.
- den Freihändigen Verkauf (laufender Verkauf ohne Zeichnungsfrist zu ggf. schwankenden Preisen),
- das Festpreisverfahren (Verkauf innerhalb einer Zeichnungsfrist zu Festpreisen),
- das Auktionsverfahren (Verkauf über eine Versteigerung) oder
- das häufige Bookbuilding-Verfahren (Auflage zur öffentlichen Zeichnung).
Die Privatplatzierung ist in der Strukturierung günstiger, dafür muss den Investoren meist eine höhere Verzinsung geboten werden, da die emittierten Anleihen schwerer weiterveräußerbar sind als öffentlich platzierte und börsennotierte Wertpapiere. Je geringer also das Emissionsvolumen, desto mehr empfiehlt sich die Privatplatzierung und umgekehrt.
Aufgrund von Anlagerestriktionen investieren vor allem international agierende institutionelle Anleger (wie große Kapitalanlagegesellschaften, Versicherungen, Banken u. a.) ausschließlich in öffentlich platzierte, sog. Benchmark-Anleihen mit einem Emissionsvolumen ab 500 Mio. EUR. Öffentliche Platzierungen unter Einbeziehung von Privatkunden als Investoren (mit kleineren Stückelungen von 1 .000,00 EUR) erscheinen ab 50 bis 100 Mio. EUR, Privatplatzierungen hingegen bei einzelnen wenigen Großinvestoren ab 5 bis 10 Mio. EUR (mit Stückelungen ab 50 .000,00 EUR).
Der einmalige oder wiederholte Finanzierungsbedarf von Mittelstandsunternehmen liegt häufig deutlich unter dem erforderlichen Mindestvolumen für öffentliche Anleihetransaktionen und schließt so die Mehrheit der Unterneh...