Das Schuldscheindarlehen (SSD) als kapitalmarktnahes mittel- bis langfristiges Fremdfinanzierungsinstrument, welches gewisse Eigenschaften von Bankkrediten und Anleihen vereint, wird in seinen wesentlichen Merkmalen in Abgrenzung zur Anleihe im Folgenden kurz skizziert: Im Allgemeinen ist unter einem SSD eine besondere Ausgestaltung eines Darlehensvertrages (§§ 488 ff. BGB) zu verstehen.
Im Vertrag werden sämtliche darlehensrechtliche Abreden getroffen, wobei der Schuldschein die Beweisurkunde für das Bestehen der Forderung des Darlehensgebers (§ 344 HGB) gegenüber dem Darlehensnehmer ist. Hierzu ist dieser rechtskräftig vom Schuldner zu unterzeichnen. Das Eigentum am Schuldschein steht dem jeweiligen Gläubiger zu. Sobald der Darlehensnehmer die Verbindlichkeit getilgt hat, kann er die Rückgabe des Schuldscheins vom Gläubiger verlangen. Obligatorische Vertragsbestandteile sind die Vertragsparteien (Darlehensnehmer und Darlehensgeber), die Darlehenshöhe sowie die Laufzeit und die Verzinsung. Wie bei Anleihen werden international gebräuchliche Covenants (vertragliche Klauseln wie Negativerklärung, Cross Default, Change of Control, Pari passu) aufgrund des i. d. R. erstrangig unbesicherten Status eines SSD vertraglich vorgesehen.
Für einen nicht-öffentlichen Darlehensnehmer eines SSD besteht gemäß § 489 Abs. 1 BGB ein ordentliches Kündigungsrecht nach 10 Jahren bei entsprechender Laufzeit im Fall eines vereinbarten Festzinssatzes. Bei einem variabel verzinsten SSD kann der Schuldner dieses gemäß § 489 Abs. 2 BGB jederzeit unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten kündigen.
Ein SSD stellt kein Wertpapier im Sinne des WpHG dar. Aufgrund der eingeschränkten Fungibilität wird der Abschluss eines solchen Kreditvertrages zumeist von Banken im Rahmen einer Privatplatzierung außerbörslich (OTC, over the counter, im Interbankenhandel) vorgenommen. Eine Börsennotierung ist demnach nicht möglich. Für den SSD-Emittent besteht keine Pflicht zur Erstellung eines Emissionsprospektes, sodass Kosten für die Veröffentlichung und Dokumentation aufgrund vergleichsweise niedrigerer administrativer Anforderungen geringer als bei Anleiheemissionen ausfallen. Ein externes Rating ist nicht zwingend erforderlich; das implizite Rating der investorenseitigen Kreditanalyse sollte für eine Platzierung bei Investoren für ein Buy-and-Hold-Engagement jedoch im Bereich Investment Grade liegen.
Unterscheidende Charakteristika:
- Bilateraler Kreditvertrag mit der Möglichkeit zur individuellen Abstimmung zwischen den Vertragsparteien durch fehlende Anonymität der Investoren unter Einschaltung von Banken als Privatplatzierung (Private Placement)
- Mindestvolumen im Bereich von 10 bis 25 Mio. EUR, Mindeststückelung häufig 50.000,00 EUR
- Keine öffentlichen Publizitätspflichten, jedoch Berichtspflichten gegenüber Investoren (z. B. Investor Term Sheet, Credit Research, wirtschaftliche Unterlagen, Vertragsdokumentation) und folglich geringerer Dokumentationsaufwand, niedrigere Transaktionskosten
- Kapitalmarktnahes Pricing durch Orientierung an Credit Spreads von ausstehenden Benchmark-Anleihen oder gehandelten Credit Default Swaps (CDS) dieses Unternehmens oder vergleichbarer Emittenten als Indikation für den Risikoaufschlag; in der Vergangenheit konnten tendenziell stabilere Emissionsspreads in volatilen Marktphasen gegenüber Anleihen beobachtet werden
- Nur eingeschränkt vorhandener Sekundärmarkt (Eigentumsübertragung nur mittels Forderungsabtretung nach §§ 398 ff. BGB möglich, häufig jedoch im Vorhinein vertraglich gegebene Zustimmung für eine vereinfachte Übertragung
- SSD-Transaktion umfasst gewöhnlich einen Zeitraum von 6 bis 10 Wochen
- Bilanzausweis nach HGB i. d. R. unter dem Bilanzposten "Sonstige Verbindlichkeiten" gemäß § 266 Abs. 3 C. 8. HGB, keine verpflichtende Anwendung der IFRS durch Ausgabe eines SSD ausgelöst