Zielgerichtete Steuerung von Gemeinkosten ist notwendig
Die Antwort auf die anfangs gestellte Frage, warum in diesem Beitrag ein Teil der Kosten, der mit der Zurechenbarkeit durch ein für die Unternehmenssteuerung nicht dominantes Kriterium gekennzeichnet ist, in Bezug auf seine zielgerechte Steuerung untersucht werden soll, ist aus den Merkmalen ableitbar, die den Gemeinkosten gemeinsam sind:
- Gemeinkosten entstehen durch den Aufbau und die Nutzung von Leistungspotenzialen, die der Erstellung und Vermarktung einer Vielzahl von Absatzobjekten dienen. Die Leistungspotenziale werden in der Regel über einen längeren Zeitraum genutzt und können nicht kurzfristig abgebaut werden.
- Ein Zusammenhang zwischen dem Leistungsprogramm des Unternehmens und den Gemeinkostenbereichen ist nur in seltenen Fällen direkt und leicht ermittelbar gegeben. Vielmehr sind viele Gemeinkostenarten und -kategorien – wie insbesondere fixe Periodengemeinkosten oder Vor- und Nachleistungskosten – dispositionsbestimmt.
- Gemeinkostenbereiche sind in der Regel keinem Wettbewerb ausgesetzt und unterliegen damit der Gefahr von Ineffizienzen, die mangels regulierender Markteinflüsse schlecht sichtbar werden.
- Hinzu kommt, dass Gemeinkostenbereiche vielfach durch eine hohe Komplexität und daraus folgende Undurchsichtigkeit gekennzeichnet sind, was die Gefahr ihrer Ausweitung und der Verselbständigung ihrer Aktivitäten mit sich bringt.
Gemeinkosten stellen zum größten Teil Fixkosten dar
Nur geringe Teile der Gemeinkosten sind variabel. Der weitaus überwiegende Teil wird durch den Aufbau von Leistungspotenzialen festgelegt und ist damit fix. Daraus folgt zunächst, dass ein "Hauptanliegen des Gemeinkostencontrolling … in der möglichst effizienten Auswahl und Nutzung der betrieblichen Ressourcen liegen" muss oder – mit anderen Worten – dass das Gemeinkostencontrolling zu Beginn, bei der Entscheidung über den Aufbau betrieblicher Kapazitäten, die größte Wirkung besitzt. Es ist auf Produktebene bekannt, dass der größte Freiraum bei Entscheidungen mit Kostenfolgen bei der Entscheidung über das Produktdesign besteht. Bhimani, Horngren et al. unterscheiden "cost incurrence" und "locked-in costs" bzw. "designed-in costs". Erstere entstehen, wenn Entscheidungen über den Ressourcenverbrauch bereits gefallen sind, während bei den letzteren diese Entscheidung noch aussteht. Gemeinkostencontrolling (und natürlich auch das Controlling der Einzelkosten) beginnt daher am besten in der Phase der Produktentwicklung, "because it is difficult to alter or reduce costs that have already been locked in". So können die Kosten des Qualitätscontrollings eines Unternehmens zu einem großen Teil vom Produktdesign abhängig sein ebenso wie die Personalkosten der Softwareerstellung. Sind die Kapazitäten einmal aufgebaut, sind die späteren Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Kosten unterschiedlich. Fixe Gemeinkosten entstehen entweder durch den Kauf und die anschließende Nutzung abschreibbarer Vermögensgegenstände oder durch den Abschluss von Verträgen, in denen sich ein Unternehmen zur Entrichtung von Entgelten für Ressourcen über einen festzulegenden Zeitraum verpflichtet. Im ersten Fall sind die Gemeinkosten in Form der Abschreibungen nicht abbaubar ("sunk costs"). Im zweiten Fall ist eine Einflussnahme nach Vertragsende oder auf die Vertragsgestaltung während der Laufzeit möglich.
Im Folgenden wird von bereits bestehenden Kapazitäten und gegebenem Leistungsprogramm ausgegangen, so dass Probleme des Target Costing, von Produktlebenszykluskostenrechnungen sowie kostenorientierter Entwicklung und Wertanalyse nicht behandelt werden. Desgleichen wird zur Gemeinkostenproblematik bei Großserienfertigung und langfristiger Einzelfertigung auf die Literatur verwiesen. Näher eingegangen wird auf das periodische Gemeinkostencontrolling im Rahmen der laufenden Kostenrechnung und das aperiodische Gemeinkostenmanagement.