Auch dem deutschen Bilanzrecht ist der Gedanke nicht fremd, vom Betrieb selbst genutzte Grundstücke anders zu beurteilen als fremdvermietete Grundstücke. Bekannt ist die steuerbilanzielle Unterscheidung von notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen. Weniger geläufig ist eine Unterscheidung im handelsrechtlichen Schrifttum. In der Abwesenheit von Marktpreisen ist der beizulegende Wert betrieblich genutzter Anlagegegenstände im Normalfall als Wiederbeschaffungswert zu ermitteln. Eine Ertragswertbetrachtung wird dagegen für vermietete Vermögensgegenstände des Anlagevermögens empfohlen. Begründet wird dies damit, dass einem solchen Vermögensgegenstand ein selbstständiger Ertrag zugeordnet werden kann.
Die besondere Behandlung nicht vom Betrieb genutzter Grundstücke nach IFRS geht über diese Überlegungen hinaus. Während es in der Steuerbilanz ohnehin nur um die Ansatzfrage (bei Personenunternehmen) geht, greift die handelsrechtliche Literatur zwar das Bewertungsproblem auf, muss es jedoch wegen des Niederstwertprinzips auf Fälle des niedrigeren beizulegenden Werts beschränken. IAS 40 hingegen eröffnet generell die Möglichkeit der fair-value-Bewertung für investment properties.
Als investment properties gelten nach IAS 40.5
- Grundstücke oder Gebäude,
- die nicht zur betrieblichen Nutzung dienen,
- sondern zur Erzielung von Mieten oder langfristigen Wertsteigerungen (Kapitalanlage).
Wegen des fehlenden unmittelbaren Bezugs zum Betriebsgeschehen generieren derartige Grundstücke ihre Cashflows weitgehend unabhängig von anderen Vermögenswerten des Unternehmens. Sie sollen deshalb nach der bevorzugten, nicht durch zusätzliche Anhangangaben diskriminierten Methode wie folgt bewertet werden:
- Die Bewertung soll zum Marktwert bzw. Zeitwert (fair value) erfolgen (IAS 40.33).
- Jede Veränderung des Werts ist als Gewinn oder Verlust auszuweisen (IAS 40.35).
Die fair-value-Methode ist nicht zwingend anzuwenden. Bei alternativer Anwendung der Kostenmethode (fortgeführte Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten) sind jedoch umfangreichere Anhangangaben erforderlich.
Zur Klassifizierung eines Grundstücks als investment property einerseits oder "normales" Grundstück andererseits werden u. a. folgende Regeln gegeben:
- Bei unbestimmter zukünftiger Nutzung, d. h., wenn noch keine Verwendungsentscheidung getroffen ist, ist das Grundstück als investment property anzusehen (IAS 40.8(b)).
- Bei gemischter Nutzung eines Grundstücks ist zu untersuchen, ob der fremdvermietete Teil unabhängig von dem betrieblich genutzten verkauft werden könnte. In diesem Fall sind die beiden Teile separat, nämlich zum einen als Sachanlage , zum anderen als investment property zu würdigen und auszuweisen.
- Ist die getrennte Veräußerbarkeit nicht gegeben, ist das Grundstück nur dann investment property, wenn der selbst genutzte Teil unwesentlich ist (IAS 40.10).
- Arbeitnehmerwohnungen (Werkswohnungen) gelten nicht als investment property.
Die fair-value-Methode für investment properties ähnelt der Neubewertung mit dem wesentlichen Unterschied, dass die Wertänderungen bei investment properties nicht erfolgsneutral gegen die Neubewertungsrücklage, sondern in der GuV erfasst werden. Lediglich zum Zugangs- oder Umwidmungszeitpunkt gegebene Wertänderungen sind als Neubewertung erfolgsneutral zu behandeln.
Beispiel
Die New-Economy-GmbH hat neben vielen anderen Dingen auch wesentliche Logistikteile, insbesondere den Transport, outgesourct. Die Lkw-Hallen werden nicht mehr benötigt, sondern fremdvermietet. Ihr Buchwert zum Umwidmungszeitpunkt beträgt 1 Mio. EUR, ihr Marktwert 1,2 Mio. EUR. An den beiden folgenden Bilanzstichtagen beträgt der Marktwert 1,3 Mio. EUR bzw. 1,25 Mio. EUR. Kurz nach dem zweiten Bilanzstichtag werden die Garagen für 1,25 Mio. EUR veräußert.
Im Zeitpunkt der Umwidmung erfolgt eine Zuschreibung um 200 TEUR. Die Gegenbuchung erfolgt gemäß IAS 40.61 i. V. m. IAS 16 erfolgsneutral in der Rücklage.
Die Wertänderungen zu den beiden folgenden Bilanzstichtagen werden in der GuV mit 100 TEUR Ertrag im ersten Jahr und 50 TEUR Aufwand im zweiten Jahr erfolgswirksam erfasst.
Dem späteren Veräußerungserlös von 1,25 Mio. EUR steht zu diesem Zeitpunkt auch ein Buchwert von 1,25 Mio. EUR gegenüber. Aufzulösen bleibt nur noch die Neubewertungsrücklage. Diese Auflösung erfolgt ohne Berührung der GuV unmittelbar gegen Gewinnvortrag (IAS 16.41).
Das IFRS-Wahlrecht muss einheitlich ausgeübt werden. Es ist nicht zulässig, einzelne investment properties zum fair value zu erfassen und andere zu ihren fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten.
Die (unter dem Vorbehalt der materiality) in jedem Fall entweder für die Bilanz oder den Anhang erforderliche Bestimmung des fair value erfolgt in der Regel aus Vergleichspreisen (Vergleichswertverfahren) oder ertrags- bzw. DCF-orientiert.
Anders als die Neubewertungsmethode führt die fair-value-Methode für Sachanlagen nicht nur ein Lehrbuchdasein, sondern hat auch in der Praxis Bedeutung. Bei börsennotierten britischen Immobiliengesells...