Prof. Dr. Ronald Gleich, Prof. Dr. Heimo Losbichler
Krisen können auch Chancen sein, insbesondere weil sie – außer im Falle der Insolvenz – der Startpunkt für den nächsten Aufschwung sind. Eine unzureichende Vorbereitung erklärt im Regelfall, wieso Unternehmen die Kosten einer Krise häufig um das fünf- bis zehnfache unterschätzen. Selbst Führungskräfte und leitende Angestellte sind häufig überrascht, welche Konsequenzen aus erstmal kleiner wahrgenommen Problemen wachsen können.
Jede Krise gibt Unternehmen i. d. R. eine Vielzahl von Learnings, wie bspw. die Implementierung von Risikoindikatoren, die frühzeitig vor potenziellen Krisen warnen. Damit gehen Krisenvorhersage und ihre Prävention Hand in Hand ineinander über. Thematisch ist damit der erste Teil der Krisenprävention im sog. Monitoring verankert. Die drei Hauptfelder, die ständig beobachtet werden sollten, sind 1) Kunden 2) Wettbewerber und 3) Umwelteinflüsse bzw. externe Faktoren. An dieser Stelle könnte wieder eine Art Krisenstab helfen, zu bestimmen, welche Trigger-Signale in Bezug auf die Nachfrage und den Wettbewerb am relevantesten zu überwachen sind. Werden Veränderungen bei den drei o. g. Punkten festgestellt, sollte zunächst differenziert werden, welche davon langfristig Bestand haben könnten und welche nur von kurzer Dauer sind. Typischerweise kann man permanente Veränderungen dann beobachten, wenn ein bereits vorhandener Trend oder günstigeres Angebot dazu führt, dass Kunden neue Optionen bzw. andere Produkte ausprobieren. Für die aktuelle Krise lassen sich dafür Beispiele finden: der (fast) gesamte Verzicht auf den lokalen Einzelhandel sowie Vorsicht bei Reisen und Tourismus.
Hinsichtlich Wettbewerbsveränderungen sollte allerhöchste Vorsicht und Schnelligkeit geboten sein: Kunden reagieren schneller auf Marktveränderungen als Unternehmen meist wahrnehmen können. Somit verschieben sich auch das Kaufverhalten und die übliche Nachfrage, was letztlich auch den Wettbewerb beeinflussen kann. Im dritten Segment – Umwelteinflüsse – kann das Unternehmen besonders aus den Erfahrungen vergangener Krisen schöpfen, frühzeitig Risikoindikatoren zu erkennen und unsichere Umfeld-Einflüsse zu bewerten.
Neben der strukturell inhaltlichen Abgrenzung von Krisenfeldern (s. o.), bietet es sich an, zusätzlich zwischen primären und sekundären Bedrohungen zu unterscheiden. Primäre Herausforderungen bilden dabei den Hauptbestandteil der Krisenprävention und erfordern schnelle Reaktionen des Managements; dort werden die dringlichen Themen behandelt, die den Kern der Krise bilden. Sekundäre Bedrohungen umfassen die eigentlichen Auswirkungen der Krise auf das Unternehmen und das gesamte Umfeld. Zusammenfassend lassen sich daher Probleme nach ihren Ursachen und Auswirkungen clustern. Letztlich wird sich das Unternehmen erst dann wieder stabilisiert und erholt haben, wenn die primären Bedrohungen gelöst werden, wobei es sicher hilfreich ist, sich frühzeitig mit den sekundären Bedrohungen auseinanderzusetzen, um Zeit zu gewinnen.