Die im Zuge der Inventur erfassten Wirtschaftsgüter müssen auf den Abschlussstichtag bewertet werden. Hierfür gilt sowohl handels- als auch steuerrechtlich der Grundsatz der Einzelbewertung. Allerdings lassen beide Rechtsordnungen Ausnahmen von diesem Grundsatz zu.
Generell ist darauf zu achten, dass die im Inventar angesetzten Werte bei der Übernahme in die Bilanz auf ihre Übereinstimmung mit den handels- bzw. steuerrechtlichen Regelungen geprüft und ggf. korrigiert werden. So erfolgt z. B. ein Vergleich mit dem Niederstwert regelmäßig erst bei der Bilanzaufstellung und nicht bereits im Inventar. Etwaige Korrekturen müssen jedoch dokumentiert werden.
5.1 Einzelbewertung und Durchschnittsbewertung
Nach dem Grundsatz der Einzelbewertung sind die aktiven Wirtschaftsgüter mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten, Verbindlichkeiten dagegen zum Nennwert anzusetzen. Dabei sind die Feststellungen der Inventur zum Fertigungsgrad, zur Marktgängigkeit, zu Minderqualitäten bzw. zur Verschrottung bereits zu berücksichtigen.
Die Einzelbewertung gilt auch für die Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens, bereitet aber Probleme, wenn sich vorhandene Bestände eines bestimmten Rohstoffs etc. aus verschiedenen Anschaffungsvorgängen zusammensetzen, sodass die individuellen Anschaffungskosten nicht mehr eindeutig festgestellt werden können. In solchen Fällen kann auf die – auch steuerlich anerkannte – Durchschnittsbewertung zurückgegriffen werden.
Durchschnittsbewertung von Vorräten
Von einem Rohstoff wurden binnen eines Jahres bei 5 Beschaffungsvorgängen unterschiedlich hohe Mengen zu unterschiedlich hohen Preisen erworben. Per Inventur wurde zum 31.12. ein Endbestand von 417 Stück festgestellt:
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Menge |
AK (EUR) |
Anfangsbestand |
200 |
1.200 |
Zugang 1 |
400 |
2.100 |
Zugang 2 |
500 |
2.580 |
Zugang 3 |
700 |
3.600 |
Zugang 4 |
200 |
1.250 |
Zugang 5 |
300 |
1.600 |
Summe |
2.300 |
12.330 |
Insgesamt wurden 2.300 Stück zu Anschaffungskosten von 12.330 EUR erworben. Hieraus resultieren durchschnittliche Anschaffungskosten von 5,36 EUR. Damit ist der Endbestand von 417 Stück zu bewerten, sodass sich ein Gesamtwert i. H. v. 2.235,12 EUR ergibt.
5.2 Gruppenbewertung
Gleichartige Gegenstände des Vorratsvermögens sowie andere gleichartige oder annähernd gleichwertige Gegenstände des Umlauf- bzw. beweglichen Anlagevermögens und Verbindlichkeiten dürfen zu einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen arithmetischen Mittel aus dem Wert des Anfangsbestands und aller Zugänge angesetzt werden.
In diesem Fall erfolgt die Bewertung, wie bereits bei der Einzelbewertung für gleiche Wirtschaftsgüter dargestellt, mithilfe eines gewogenen Durchschnittswerts. Dieser kann einmalig zum Jahresende, aber auch gleitend nach jedem Zu- bzw. Abgang von Wirtschaftsgütern des Bestands ermittelt werden.
Ermittlung eines gewogenen Durchschnittswerts
Die folgende Tabelle zeigt in einfacher Form die Ermittlung eines gewogenen Durchschnittswerts, indem nach jedem Zugang der Durchschnittspreis aus dem vorhandenen Bestand und dem Zugang ermittelt wird.
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Menge (Stück) |
Gesamtwert (EUR) |
AK (Stück) |
Anfangsbestand |
200 |
1.000 |
5,00 |
Zugang 1 |
400 |
2.200 |
5,50 |
Bestand |
600 |
3.200 |
5,33 |
Verbrauch |
300 |
1.600 |
5,33 |
Bestand |
300 |
1.600 |
5,33 |
Zugang 2 |
150 |
885 |
5,90 |
Bestand |
450 |
2.485 |
5,52 |
Verbrauch |
400 |
2.208 |
5,52 |
Bestand |
50 |
277 |
5,52 |
Zugang 3 |
900 |
4.680 |
5,20 |
Bestand |
950 |
4.957 |
5,22 |
Verbrauch |
500 |
2.610 |
5,22 |
Bestand |
450 |
2.347 |
5,22 |
Die Anwendung dieses Verfahrens setzt also voraus, dass
- Gegenstände des Vorratsvermögens gleichartig sind. Hierunter können Wirtschaftsgüter einer Warengattung oder mit gleicher Funktion fallen. Wesentliche Qualitätsunterschiede dürfen jedoch nicht bestehen;
- andere Wirtschaftsgüter annähernd gleichwertig sind. Das ist dann der Fall, wenn bei einem geringen Wert ein maximaler Spielraum von 20 % zwischen niedrigstem und höchstem Preis der einzelnen Wirtschaftsgüter einer Gruppe besteht.
5.3 Festwertansatz
Gegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, die regelmäßig ersetzt werden und deren Wert für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung ist, können mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, wenn ihr Bestand hinsichtlich Größe, Wert und Zusammensetzung nur geringen Veränderungen unterliegt. Allerdings ist handelsrechtlich regelmäßig alle 3 Jahre eine körperliche Bestandsaufnahme durchzuführen, steuerrechtlich wird bei beweglichem Sachanlagevermögen ein Turnus von 3 bis 5 Jahren akzeptiert. Dieses Bewertungsvereinfachungsverfahren unterstellt somit, dass sich bei den betroffenen Wirtschaftsgütern Zugänge einerseits sowie Abgänge bzw. Verbrauch andererseits ausgleichen.
Hieraus wird bereits deutlich, dass der Festwertansatz für Waren, unfertige und fertige Erzeugnisse, immaterielle Wirtschaftsgüter und Passiva unzulässig ist. Gleiches gilt für Wirtschaftsgüter, insbe...