Prof. Dr. Claudia Ossola-Haring
Die wichtigsten Erfolgsfaktoren in Indien sind Zeit, Zeit und Zeit. 3 Erfolgsfaktoren, die für Europäer und vor allem Deutsche nur schwer zu ertragen sind. Die weiteren Erfolgsfaktoren sind Respekt vor den Menschen in Indien und Liebe zu ihnen und zum Land.
3.1 Wirtschaftliches Umfeld (Foreign Direct Investment / FDI)
Unter den Ländern mit dem größten Bruttoinlandsprodukt (BIP) belegte Indien mit ca. 2,85 Mrd. USD Rang 7 im Jahr 2018 (USA rund 20,41 Mrd. USD, Deutschland 4,2 Mrd. USD.
In der jüngeren Vergangenheit ist Indien in den Fokus ausländischer Direktinvestitionen (Foreign Direct Investment, FDI) und institutioneller Anleger aus dem Ausland (Foreign Institutional Investors – FII) gerückt.
Investiert wurde vor allem im Dienstleistungssektor, in der IT-Branche, im Bauwesen, in der Telekommunikation sowie in der Kfz-Industrie. Zu den größten deutschen Direktinvestoren in Indien gehören Siemens, Daimler, Volkswagen Bosch und MAN in den Branchen Technologie und Kfz.
Seine Größe und sein Wachstumspotenzial machen Indien zu einem attraktiven Markt. Die indische Wirtschaft wächst derzeit um etwa sieben Prozent. Das stärkste Argument für eine Investition in Indien aber ist die hohe Gesamtkapitalrentabilität (Return on Investment, ROI). Indiens freie Marktwirtschaft, die gesetzlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen honorieren freies Unternehmertum und Risikobereitschaft. Die natürlichen Ressourcen und die in aller Regel gut ausgebildeten Mitarbeiter könnten Indien zu einer mutigen, aber machbaren Wahl gerade auch für mittelständische Investoren machen. Leider gilt dies aber nur bedingt. Denn obwohl Indiens Ministerpräsident Narendra Modi "die Wirtschaft" in den Fokus rückt, obwohl er Indien digitalisieren will (auf Twitter hat er 30 Mio. Follower, US-Präsident Trump zum Vergleich hat 53,1 Mio.), obwohl er offensiv um ausländische Investoren wirbt, sieht die Realität vor Ort teilweise drastisch anders aus.
Zwar drängt Modi auf Wirtschaftsreformen. Das bürokratisch-schwerfällige Foreign Investment Promotion Board, das die FDI-Anträge prüfte und genehmigte, wurde abgeschafft und durch ein einfacheres – aber immer noch nicht einfaches – Genehmigungsverfahren ersetzt. Weiterhin hat Modi 2017 erstmals eine einheitliche Mehrwertsteuer für Indien, die "Goods and Services Tax" (GST) durchgesetzt. Unternehmen und die indische Wirtschaft profitierten von der GST. Auch der internationale Währungsfonds (IWF) kommt in seinem Länderbericht vom 6.8.2018 zu einem positiven Gesamtergebnis, obwohl die Einführung und die damit verbundenen Übergangsschwierigkeiten zu Beginn des zweiten Halbjahrs 2017 zunächst für einen Einbruch beim Wachstum führten. Mittlerweise hat das Wirtschaftswachstum jedoch wieder merkbar angezogen. Kritisch zu sehen sind allerdings die immer noch große Zahl von Steuersätzen und die komplexe Verfahrensstruktur.
3.2 Währung
Die Währung in Indien ist die Rupie (INR). In Indien wird die Rupie meist "Rupee" (Re), Plural: "Rupees" (Rs) geschrieben. Als (große) Zähleinheiten werden "Lakh" (1 Lakh = 100.000) und "Crore" (1 Crore = 100 Lakh = 10.000.000) verwendet. Unsere Zahleinheit 1 Million wird meist nicht verstanden, es sind 10 Lakh – auch im Gespräch mit international erfahrenen Bankern oder Geschäftsleuten.
3.3 Politisches Umfeld und Korruption
Indiens schnell wachsender Marktwirtschaft liegt ein dynamisches und durchaus robustes System zugrunde. Demokratie und Gewaltenteilung sichern in der Theorie ein stabiles politisches Umfeld und garantieren die Rechtsstaatlichkeit. Tatsächlich aber ist Korruption ein weit verbreitetes Phänomen. So wird für jedes notwendige Formular eine Extra-"Gebühr" erhoben. Auch die Polizei verwendet "Korruptionspreislisten" für Vergehen, wobei der "Ausländer-Zuschlag" teilweise beträchtlich ausfällt.
Transparency International misst in einer weiteren Erhebung die Bereitschaft, mit der Inländer im Ausland Bestechungs- und Schmiergelder zahlen. Mit 7,5 Punkten von maximal 10 erreichte indische Unternehmen den 20. Platz von insgesamt 28 untersuchten führenden Volkswirtschaften.
3.4 Robustes Rechts- und Geschäftssystem
Indien ist eine freie Marktwirtschaft mit einem robusten und gut entwickelten Rechts- und ausgeprägten Verwaltungssystem, wobei letzteres hauptverantwortlich für den hohen Grad der Bürokratisierung Indiens ist. Das indische Gerichtssystem ist – ähnlich wie in Deutschland – dreistufig aufgebaut in das höchste Gericht, den Supreme Court, dessen Entscheidungen Präzedenzfälle sind, die alle anderen Gerichte binden, darunter angesiedelt sind High Courts und District Courts. Indische Gerichte sind von Rechts wegen unabhängig von der Exekutiven. Des Weiteren kann wie in Deutschland gegen die Entscheidungen von ersten oder zweiten Instanzen Revision eingelegt werden.
Grundsätzlich ist bei Gerichtsverfahren in Indien Geduld notwendig, denn die Gerichte und die Richter sind bereits in der ersten Instanz so chronisch überlastet, dass bereits hier mit einer Verfahrensdauer von zehn Jahren und mehr gerechnet werden muss. De...