Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Dr. Matthias Michael Nelde
Im Standardmodell werden die Wirkungen von Steuern sowohl im Zahlungsstrom als auch im Kalkulationszinssatz berücksichtigt. Steuerzahlungen werden unmittelbar zahlungswirksam und verändern den ursprünglichen Zahlungsstrom der Investition, der Zahlungsstrom nach Steuern weicht somit vom ursprünglichen Zahlungsstrom ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zur Berechnung der Steuerzahlungen nur der Abschreibungsaufwand vom Periodenüberschuss abgezogen wird. Die Zinsaufwendungen bzw. -erträge werden dagegen im Zahlungsstrom nicht direkt berücksichtigt, sondern wie bereits im klassischen Kapitalwertkriterium, durch den Kalkulationszinssatz abgebildet.
Zur Berücksichtigung der Auswirkungen von Zinsaufwendungen und -erträgen auf die Steuerzahlungen muss der Kalkulationszinssatz angepasst werden. Durch die Anpassung ist sicherzustellen, dass die Steuerwirkungen auch im Vergleichsmaßstab berücksichtigt werden:
- Bei einer opportunitätsorientierten Ableitung des Kalkulationszinssatzes ist zu berücksichtigen, dass auch die Erträge der Opportunität zu versteuern sind. Somit ist als Kalkulationszinssatz die Nachsteuer-Rendite der Opportunität zu verwenden. So kann sichergestellt werden, dass der Nachsteuer-Zahlungsstrom der Investition mit einer versteuerten Alternative verglichen wird.
- Dagegen ist bei der finanzierungsorientierten Ableitung des Kalkulationszinssatzes zu berücksichtigen, dass die Zinszahlungen einen Aufwand darstellen und den zu versteuernden Gewinn verringern. Dadurch wird ein Teil der zu zahlenden Zinsaufwendungen durch die verringerte Steuerzahlung kompensiert, sodass der effektive Zinsaufwand geringer ausfällt. Dieser geringere Zinsaufwand wird durch eine Korrektur des Kalkulationszinssatzes berücksichtigt.
Sofern der opportunitäts- und finanzierungsorientierte Vorsteuer-Kalkulationszinssatz identisch ist, resultiert durch die Steuerkorrektur auch ein einheitlicher Nachsteuer-Kalkulationszinssatz. Insgesamt führt die Berücksichtigung von Steuerzahlungen bei einem positiven Steuersatz zu einem niedrigeren Kalkulationszinssatz. Die Berechnung des steuerkorrigierten Zinssatzes iSt ist mit der folgenden Formel möglich:
mit: |
i |
= |
Kalkulationszinssatz |
|
s |
= |
einheitlicher Steuersatz |
|
iSt |
= |
steuerkorrigierter Zinssatz |
Zur Berechnung des Zahlungsstroms nach Steuern werden vom ursprünglichen Zahlungsstrom die Steuerzahlungen abgezogen. Für die Berechnung der periodischen Steuerzahlung wird die Differenz zwischen dem Periodenüberschuss und den Abschreibungen mit dem einheitlichen Steuersatz multipliziert:
mit: |
Rt |
= |
Periodenüberschuss |
|
AfA |
= |
Abschreibungen |
Der Zahlungsstrom nach Steuern wird mit dem steuerkorrigierten Zinssatz diskontiert, um den Kapitalwert nach Steuern zu berechnen: