Unternehmen sind dynamische Gebilde, die sich stetig verändern. Diese Veränderungen bedienen auch Veränderungen in Methoden und vor allem bei den Menschen, die das Unternehmen bilden. Diese Veränderungen gehen auch an der Kalkulation nicht vorbei.
3.1 Junge Unternehmen
In einem frisch gegründeten Unternehmen – ein Einmannbetrieb – werden die Kosten summarisch erfasst und der erwarteten Leistung gegenübergestellt. Eine einfache Divisionskalkulation reicht aus. Die Daten ergeben sich aus dem Businessplan, der Grundlage der Gründung war. Möglicherweise gibt es vergleichbare Leistungen bereits im Markt. Dann orientiert sich der Preis am Marktpreis. Der erzielbare Preis bestimmt in diesem Fall die Kalkulation.
Auf dieser Basis wird der Break-even-Punkt bzw. die notwendige Absatzmenge bestimmt. Bei einem produzierenden Unternehmen wird das Material gesondert erfasst und für die restlichen Kosten ein Kostensatz gebildet. Die direkten auftragsbezogenen Vertriebskosten (Frachten, Zölle, Verpackung) können auftragsbezogen kalkuliert werden. Das ergäbe dann ein relativ einfaches Kalkulationsschema (vgl. Tab. 1).
Kostenart |
Menge |
Einzelpreis |
Summe (Menge × Preis) |
Material |
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Direkte Vertriebskosten |
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Summe Einzelkosten |
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Kostensatz |
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Summe Selbstkosten |
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Gewinnaufschlag (%) |
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Preis |
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Tab. 1: Kalkulationsschema
Der Kostensatz wird nach dem Prinzip der Divisionskalkulation (Summe der Gemeinkosten dividiert durch Menge) ermittelt.
Kostensatz |
= |
∑ Kosten |
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Menge |
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Preisvorgabe durch Markt
Bewegt sich das junge Unternehmen in einem Käufermarkt, d. h., der erzielbare Preis wird durch die Kunden vorgegeben, muss die Kalkulation auf den Kopf gestellt werden. Es wird vom erzielbaren Marktpreis ausgegangen. Der Preis, abzüglich des gewünschten Gewinnes, ergibt die erlaubten Kosten (vgl. Tab. 2). Hier ist besondere Kostendisziplin gefragt.
Kostenart |
Menge |
Einzelpreis |
Summe (Menge × Preis) |
Erzielbarer Marktpreis |
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Zielgewinn |
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Material |
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Direkte Vertriebskosten |
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Verfügbarer Deckungsbeitrag |
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Kosten |
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Kostenüber-/-unterdeckung |
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Tab. 2: Kalkulation, ausgehend vom erzielbaren Marktpreis
3.2 Kalkulationsverfahren im Rahmen des Produktlebenszyklus
In der Phase der Markteinführung und des Marktwachstums steht die Kalkulation zu Vollkosten im Vordergrund. Die Konkurrenz ist bei Neuprodukten noch nicht ausgeprägt und wenn der Markt das Produkt annimmt, gibt es kein Problem mit dem Preis. Es kommt darauf an, möglichst hohe Deckungsbeiträge zu erzielen. Hier kommen die normalen Standardkalkulationsverfahren mit Vollkostensätzen zum Einsatz. In der Phase der Marktreife sind Konkurrenten im Markt und der Preis fällt tendenziell (vgl. Abb. 4).
Zurückgehende Deckungsbeiträge
Entsprechend haben auch die Deckungsbeiträge eine fallende Tendenz, es sei denn, ein ausgefeiltes Kostenmanagement und der Know-how-Vorsprung gegenüber der Konkurrenz verschafft einen Vorteil. Hier muss die Kalkulation ausgefeilter werden und die Kostenarten und Zuschläge müssen differenzierter betrachtet werden. An dieser Stelle kommt auch die Zielpreiskalkulation, das Target Costing, zum Einsatz. Geht es darum, Preisuntergrenzen zu ermitteln, kommt die Kalkulation zu Grenzkosten zum Einsatz. Wichtig ist, die Kostenspaltung in fixe und variable Kosten anzuwenden und entsprechend die Kalkulation aufzubauen.
Abb. 4: Produktlebenszyklus
Aufträge an der Preisuntergrenze
Langfristig müssen die Preise der Produkte immer die Vollkosten decken und für die Erwirtschaftung eines angemessenen Gewinns sorgen, die Unternehmensentwicklung und ein angemessenes Unternehmenswachstum ermöglichen. Bei vorübergehender Unterbeschäftigung oder bei kurzfristig freien Kapazitäten kann es jedoch im Hinblick auf das Gesamtergebnis des Unternehmens richtig sein, Aufträge zu Preisen anzunehmen, bei denen der Preis die Vollkosten nicht deckt. In dieser Situation bringt jeder Preis, der über den variablen Kosten des Auftrages liegt, einen zusätzlichen Beitrag zur Deckung der fixen Kosten und damit eine Ergebnisverbesserung.
Bei solchen Aufträgen muss bedacht werden, dass Aufträge unter Vollkosten zumindest längerfristig zu erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten führen können.
Erfahrungskurveneffekte
Allerdings spielt hier auch die Erfahrungskurve eine Rolle (vgl. Abb. 5). Untersuchungen in US-amerikanischen Unternehmen haben ergeben, dass sich die Lohnstückkosten mit jeder Verdopplung der Ausbringungsmenge um ca. 20–30 % senken lassen. Dies funktioniert mit einem Kostenmanagement. Aber es ist klar, je größer die Ausbringungsmenge, desto rationeller wird gefertigt. Die Handgriffe "sitzen" besser, modernere Technik wird eingesetzt, der Materialfluss wird optimiert, im Einkauf können Mengeneffekte realisiert werden, die Logistik wird effektiver. Auch die Erfahrungskurve wirkt sich mit steigender Ausbringungsmenge auf die Kalkulation aus. Insofern sollten Sie bei wachsendem Absatz diesen Aspekt nicht aus den Augen verlieren.
Abb. 5: Erfahrungskurveneffekt
Voraussetzung ist eine regelmäßige Beobachtung der Stückkosten und die Ausnutzung von Kostensenkungs...