Maren Hartmann, Dr. Michael Schönherr
Der Mittelstand gilt als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Die typische Eigentümerstruktur (ein Großteil mittelständischer Unternehmen sind Familienunternehmen) sowie die tendenziell langfristig ausgerichtete Geschäftspolitik tragen wesentlich dazu bei, dass mittelständische Unternehmen auch langfristig erfolgreich sind. Der Eintritt neuer Wettbewerber (Nachahmer) oder der rasante technologische Wandel (Substitute) können allerdings dazu führen, dass Know-how- und daraus resultierende Wettbewerbsvorteile langsam aber stetig erodieren. Um auch zukünftig erfolgreich zu sein, sind Unternehmen daher gezwungen, durch die Erschließung neuer Geschäftsfelder ihr Geschäftsmodell stärker zu diversifizieren und ihre Marktpräsenz stetig auszubauen. Während es für Großunternehmen gelebte Praxis ist, neue Produkt- und Absatzmärkte zu erschließen, stellt es für mittelständische Unternehmen meist eine größere Herausforderung dar, die zudem häufig von signifikanten Veränderungen in Organisationsstruktur, Prozessen und Unternehmenssteuerung begleitet wird.
Management-Reporting als Wettbewerbsvorteil
Damit Mittelständler diese Herausforderungen meistern können, ist es wichtig, dass sie Wettbewerbsvorteile nicht allein aus einer technologischen Sicht heraus betrachten. Sehr oft wird verkannt, dass neben diesen, unmittelbar auf das Leistungsangebot des Unternehmens bezogenen Attributen auch exzellente Governance-Strukturen und dabei insb. ein effektives Management-Reporting einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil darstellen.
Ein gutes Management Reporting erlaubt es der Unternehmensführung, relevante interne und externe Entwicklungen und Zusammenhänge frühzeitig zu erkennen, und darauf basierend zielgerichtet Entscheidungen zu treffen. Je früher relevante Informationen zur Verfügung stehen und je höher die Steuerungsrelevanz dieser Informationen ist, desto bessere Entscheidungen können von der Unternehmensleitung getroffen werden.
Elementarer Bestandteil des Management-Reporting
Ein elementarer Bestandteil des Management-Reportings sind Kennzahlen. Kennzahlen vermitteln Informationen über quantitativ messbare Sachverhalte und grenzen sich von einfachen quantitativen Werten dadurch ab, dass sie relevante Zusammenhänge in einer stark verdichteten Form wiedergeben.
Kennzahlen bedürfen einer Systematik
Eine besondere Rolle unter den Kennzahlen nehmen die sogenannten Key Performance Indicators (im Folgenden KPIs genannt) ein. KPIs besitzen einen unmittelbaren Bezug zu einem Ziel oder zu kritischen Erfolgsfaktoren der Zielerreichung und geben Aufschluss über den Grad der Zielerfüllung. Da die Betrachtung einzelner KPIs oder Kennzahlen nur begrenzte Aussagen ermöglicht, sind für die Unternehmenssteuerung unterschiedliche Kennzahlen erforderlich, die in ihrer Gesamtheit ein Kennzahlensystem ergeben. Für eine effektive Steuerung müssen die Kennzahlendefinitionen und die Ausgestaltung des Kennzahlensystems bestimmte Anforderungen erfüllen. Gerade bei mittelständischen Unternehmen lassen sich an diesem Punkt jedoch häufig Schwachstellen erkennen. Anstelle eines strukturiert aus dem Geschäftsmodell abgeleiteten Kennzahlensystems finden sich sehr häufig gewachsene Kennzahlenansammlungen, die eine konsistente Steuerung nur begrenzt ermöglichen.
Mittelstandsspezifische Kennzahlen
Erschwerend kommt an dieser Stelle hinzu, dass sich in der Literatur beschriebene Lösungen häufig an den Strukturen und Rahmenbedingungen großer Unternehmen orientieren. Da die Anforderungen mittelständischer Unternehmen und die Restriktionen, denen sie unterliegen, jedoch oft von denen großer Unternehmen abweichen, sind bei der Konzeption eines geeigneten Kennzahlensystems verschiedene Rahmenparameter zu berücksichtigen. Im vorliegenden Beitrag sollen Kennzahlen daher aus der Perspektive der spezifischen Anforderungen des Mittelstands heraus betrachtet werden. Zunächst erfolgt dabei eine kurze Bestandsaufnahme des Status quo. Anschließend werden unter Bezugnahme auf ebendiese Spezifika des Mittelstands Handlungsempfehlungen und kritische Erfolgsfaktoren für die Konzeption eines effektiven Kennzahlensystems abgeleitet. Abschließend wird ein Vorgehen für die Umsetzung eines solchen Kennzahlensystems beschrieben.