2.4.1 Aussagekraft von Kostenabweichungen
Die isolierte Gegenüberstellung von Plan- und Istkosten wie in Abb. 7 erschwert eine aussagekräftige Interpretation von Kostenabweichungen.
Abb. 7: Kumulierte Ist- und Plankosten
Betrachtet man Abb. 7, so lassen sich zunächst bis April höhere Istkosten erkennen. Schließt man Falschbuchungen aus, können folgende Ursachen dafür verantwortlich sein:
- unwirtschaftliche Projektabwicklung, die wiederum durch einen unplanmäßig hohen Aufwand (es sind mehr Arbeitsstunden angefallen als geplant) oder durch den Einsatz von Mitarbeitern mit sehr hohen Stundensätzen bedingt sein kann,
- vorzeitiger Abschluss eingeplanter Aufgaben.
Später fällt die Istkosten-Kurve unter die Plankosten. Mögliche Gründe dafür sind:
- besonders wirtschaftliche Projektabwicklung, die man durch einen geringeren Aufwand (es sind weniger Arbeitsstunden angefallen als geplant) oder durch den Einsatz von Mitarbeitern mit sehr niedrigen Stundensätzen begründen kann,
- unplanmäßige Minderleistungen.
Man kann aus Abb. 7 nicht entnehmen, ob die Abweichung im August auf einen geringeren Leistungsfortschritt oder eine besonders wirtschaftliche Leistungserbringung zurückzuführen ist. Wenn die Istkosten wie in Abb. 7 geringer als die Plankosten sind, kann sogar ein überhöhter Kostenverbrauch vorliegen; nämlich dann, wenn gleichzeitig wesentlich weniger Leistungen als geplant erbracht wurden.
Das Beispiel verdeutlicht, dass die Kostenkontrolle auch den Leistungsstand mit einbeziehen muss. Deswegen sollte man die geplanten Kosten der Arbeitspakete oder des Projekts mit den voraussichtlichen Gesamtkosten vergleichen. Die voraussichtlichen Gesamtkosten setzen sich aus den bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgelaufenen Kosten und den geschätzten Restkosten zusammen, die aufgrund der noch zu erbringenden Leistung bis Projektende anfallen werden. Ziel ist es, im Vergleich zwischen den gesamten Plankosten und den voraussichtlichen Gesamtkosten Hinweise auf drohende Budgetüberschreitungen zu erhalten und Unwirtschaftlichkeiten aufzudecken (vgl. Abb. 8).
Abb. 8: Kostenkontrolle
Sollkosten
Alternativ können Sollkosten ausgewiesen werden. Das sind diejenigen Kosten, die für eine gegebene Leistung planmäßig anfallen dürfen (Plankosten pro Leistungseinheit × Istleistung). Man spricht auch vom sog. Earned Value. Die Earned–Value-Analyse ist eine aussagekräftige Methode zur integrierten Kosten- und Leistungskontrolle. Sie soll im Folgenden beschrieben werden.
2.4.2 Earned-Value-Analyse
Durch die Gegenüberstellung von Plan-, Soll- und Istkosten werden Abweichungsursachen differenzierter erkannt. Mit der Earned-Value-Analyse lassen sich zu einem bestimmten Stichtag folgende Fragen beantworten:
- Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten der erbrachten Leistung (Istkosten kumuliert)?
- Wie hoch dürften die Kosten der erbrachten Leistung laut Plan sein (Sollkosten)?
- Wie hoch dürften die Kosten bei der bis zum aktuellen Zeitpunkt geplanten Leistung sein (Plankosten kumuliert)?
- Verläuft das Projekt wirtschaftlich (Sollkosten – Istkosten)?
- Wird die geplante Leistung erbracht (Sollkosten – Plankosten)?
Die Aufstellung in den Abb. 9 – 11 zeigt im Überblick die zentralen Grundkennzahlen der Earned-Value-Analyse und die verwendeten Bezeichnungen.
AC: Actual Cost Wie hoch sind die tatsächlichen Kosten der erbrachten Leistung? |
Begriff 2 |
Istkosten kumuliert |
Begriff 3 |
Actual Cost of Work Performed (ACWP) |
Berechnung |
Istkosten pro Leistungseinheit × Istleistung |
Abb. 9: Actual Cost (AC)
EV: Earned Value Wie hoch dürfen die Kosten der erbrachten Leistung laut Plan sein? |
Begriff 2 |
Sollkosten |
Begriff 3 |
Budgeted Cost of Work Performed (BCWP) |
Berechnung |
Plankosten pro Leistungseinheit × Istleistung |
Abb. 10: Earned Value (EV)
PV: Planned Value Wie hoch dürfen die Kosten bei der bis zum aktuellen Zeitpunkt geplanten Leistung sein? |
Begriff 2 |
Plankosten kumuliert |
Begriff 3 |
Budgeted Cost of Work Scheduled (BCWS) |
Berechnung |
Plankosten pro Leistungseinheit × Planleistung kumuliert |
Abb. 11: Planned Value (PV)
Das Beispiel eines sich in Bearbeitung befindlichen Arbeitspakets soll im Folgenden die Ermittlung und Analyse der wichtigsten Kennzahlen verdeutlichen (vgl. Abb. 12):
Monat |
Kumulierte Istkosten (AC) |
Kumulierte Plankosten (PV) |
Sollkosten (EV) |
1 |
945 EUR |
1.035 EUR |
945 EUR |
2 |
1.785 EUR |
2.160 EUR |
1.785 EUR |
3 |
2.730 EUR |
3.364 EUR |
2.730 EUR |
4 |
3.720 EUR |
4.759 EUR |
3.720 EUR |
5 |
5.115 EUR |
6.244 EUR |
4.375 EUR |
6 |
6.555 EUR |
7.797 EUR |
5.055 EUR |
7 |
7.905 EUR |
9.349 EUR |
6.505 EUR |
8 |
9.300 EUR |
10.992 EUR |
8.300 EUR |
9 |
10.605 EUR |
12.724 EUR |
9.255 EUR |
Abb. 12: Beispieldaten für die Earned-Value-Analyse
Das Arbeitspaket, dessen gesamte Plankosten sich auf 76.500 EUR belaufen, soll nach neun Monaten untersucht werden. Zu diesem Zeitpunkt liegen folgende Kostendaten vor: Sollkosten (EV) 9.255 EUR, kumulierte Istkosten (AC) 10.605 EUR, kumulierte Plankosten (PV) 12.724 EUR. Die Plandauer beträgt zwölf Monate.
2.4.3 Kostenabweichungsanalyse
Die Abb. 13 zeigt den Verlauf der kumulierten Ist-, Soll- und Plankosten (AC, EV, PV). Die Differenz von Soll- und Istkosten verdeutlicht denjenigen Teil d...