Prof. Dr. Thomas Reichmann, Prof. Dr. Martin Kißler
Wie bereits ausführlich dargestellt, determiniert das – unternehmensexterne – Rating maßgeblich die Finanzierungsmöglichkeiten eines Unternehmens. Um die strukturelle sowie die kurz- und mittelfristige Versorgung des Unternehmens zu jedem Zeitpunkt mit möglichst niedrigen Kosten zu gewährleisten, ist es ratsam, die Ratingkriterien Externer zu kennen. Auf Basis dieser Kriterienkataloge kann das Unternehmen eigenständig potenzielle Schwachstellen identifizieren und im Vorhinein eliminieren. Nachfolgend wird beschrieben, auf welche Kriterien sich ein solches unternehmensinternes Rating stützen kann.
Abb. 3: Betriebswirtschaftliches Konzept
Zur Darstellung des Unternehmens und seiner Bonität, der mittel- und langfristigen Überlebensfähigkeit und seiner Entwicklungsmöglichkeiten bedarf es einer Analyse der aktuellen Unternehmenssituation, der Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit und seiner zukünftigen Erfolgspotenziale. In diesem Kontext werden die in Abb. 3 dargestellten Module und entsprechende Kennzahlen sowie weiche Faktoren zu Analysezwecken herangezogen, welche im Folgenden erläutert werden.
2.3.1 Modul I: Vermögen, Erfolg, Liquidität, Kapital
Das Modul "Vermögen, Erfolg, Liquidität, Kapital" basiert im Wesentlichen auf Informationen, die aus der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens resultieren. Diese greifen zentrale Fragenkomplexe der traditionellen Unternehmensanalyse auf. Hierbei kommen zum überwiegenden Teil sogenannte Hard Facts zum Einsatz, die aufgrund ihres quantitativen Charakters ein hohes Maß an Objektivität aufweisen und somit auch für einen zwischenbetrieblichen Vergleich geeignet sind. Die hierzu ermittelten Finanzkennzahlen ermöglichen eine detaillierte Beurteilung der Vermögens-, Erfolgs-, und Liquiditätslage des Unternehmens und weisen einen engen Bezug zum RL-Kennzahlensystem sowie zum RL-Konzern-Kennzahlensystem auf (vgl. Abb. 4).
Abb. 4: Modul I: Vermögen, Erfolg, Liquidität, Kapital; quantitative Informationen
Das vorrangige Erkenntnisziel der Vermögensanalyse liegt in der Gewinnung von Informationen über die Kapitalverwendung und die Rentabilität des Unternehmens. Traditionell wird der Eigenkapitalquote zur Beurteilung der finanziellen Stabilität des Unternehmens und seiner Unabhängigkeit eine zentrale Bedeutung beigemessen. Ergänzende Rentabilitätskennzahlen geben Auskunft, wie effizient mit dem eingesetzten Kapital gewirtschaftet wird. Dabei empfiehlt es sich, verschiedene Rentabilitätskennzahlen zu ermitteln, um die betriebliche Leistung damit differenziert beurteilen zu können.
Das Modul I sieht zu diesem Zweck z. B. eine parallele Betrachtung der Umsatzrentabilität sowie der Gesamtkapitalrendite und des Return on Investments (ROI) vor. Während der ROI das ordentliche Betriebsergebnis zum betriebsbedingten Gesamtkapital ins Verhältnis setzt und damit auf die betriebliche Leistung des Unternehmens fokussiert, wird durch die Gesamtkapitalrendite die – theoretische – Verzinsung der gesamten Kapitalbasis ermittelt. Der Vergleich mit anderen Unternehmen innerhalb der Branche oder die Entwicklung im Zeitverlauf gibt Hinweise, ob z. B. die Kapitalverwendung im Unternehmen oder der Erstellungsprozess der betrieblichen Leistung ggf. suboptimal sind und sollte Ausgangspunkt für eine nähere Analyse sein.
Die Zielsetzung der Liquiditätsanalyse liegt in der Gewinnung von Informationen über die Kapitalaufbringung (Finanzierungsanalyse) und über die Beziehung zwischen der zeitbezogenen Kapitalverwendung und ‐bereitstellung (Liquiditätsanalyse). In diesem Kontext wird vor allem untersucht, ob ein Unternehmen regelmäßig und fristgerecht seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Diese Fähigkeit hängt von dem Grad der Abstimmung des Zahlungspotenzials auf die Zahlungsverpflichtungen ab. Die gewonnenen Erkenntnisse über die finanzielle Stabilität des Unternehmens bilden dementsprechend im Rahmen des Gesamtratings eine wichtige Grundlage für die Analyse der zukünftigen Bonitätssicherheit.
Im Rahmen der Liquiditätsbetrachtung ist es essentiell, wie erfolgreich es dem Unternehmen gelingt, Liquidität freizusetzen und damit (theoretisch) die bestehenden Verbindlichkeiten zurückzuführen. Dabei wird mit abnehmender Fristigkeit der Vermögensbindung das Liquiditätspotenzial erhöht, das Liquiditätsrisiko verringert und die Anpassungsfähigkeit an Beschäftigungs- und Strukturänderungen verstärkt. Mit der Kurzfristigkeit der Vermögensbindung sinkt i. d. R. außerdem der Fixkostenanteil, was sich ebenfalls positiv auf die Rentabilität des Unternehmens auswirken wird.
Je größer der Anteil des Umlaufvermögens zum Anlagevermögen ist, desto größer ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich die Flexibilität des Unternehmens. Dies erhöht dessen finanz- und erfolgswirtschaftliche Stabilität und führt zudem zu einer Verringerung des leistungswirtschaftlichen Risikos. Bezüglich des Kapitalbedarfs – und damit bei gegeb...