Prof. Dr. Ralf Eberenz, Prof. Dr. Stefan Behringer
Zusammenfassung
- Der Beitrag diskutiert aktuelle Entwicklungstendenzen und Herausforderungen des Konzerncontrollings. Ausgehend von einer gesamthaften Betrachtung der Gestaltungsaspekte eines Funktionsbereichs Konzerncontrolling werden wesentliche Veränderungsbedarfe in Form von neun Thesen identifiziert.
- Praktische Handlungsempfehlungen zum Umgang mit den i. d. R. schon kurzfristig relevanten Änderungen ergänzen den Beitrag.
- Die vorgestellten Thesen sind nicht empirisch-quantitativ hergeleitet, sie reflektieren bewusst die subjektiven Beobachtungen der Autoren.
1 Aktuelle Aufgaben des Konzerncontrollings
Das Konzerncontrolling kennzeichnet ein typisches Aufgabenspektrum
Die besondere Organisationsform des Konzerns erfordert auch eine besondere Herangehensweise an das Controlling. Dies findet in Abteilungen, die den Namen Konzern- oder Beteiligungscontrolling tragen, statt. Die konkrete Tätigkeit richtet sich stark danach, wie der Konzern strukturiert ist. Erkenntnisobjekte des Konzerncontrollings sind sowohl der Konzern als Ganzes, die Konzernfunktionen und auch die einzelnen Beteiligungen. Empirische Untersuchungen zeigen, dass das Konzerncontrolling zumeist die bereichsübergreifenden methodischen und überwachenden Aufgaben übernimmt:
- Konzernplanungs- und –kontrollaufgaben, insbesondere die Steuerung des Konzernergebnisses,
- Festlegung von einheitlichen Methoden, Richtlinien und die Betreuung von Informationssystemen,
- Koordination zwischen den einzelnen Geschäftsbereichen, wie z. B. das Festlegen von Transferpreisen,
- Bereichsübergreifende Sonderaufgaben, wie z. B. Unternehmenskäufe oder Desinvestitionen,
- Weiterentwicklung der Controllingorganisation inkl. der Personalentwicklung.
In dieser Untersuchung sollen die wesentlichen Entwicklungen des Konzerncontrollings diskutiert werden. Wir haben uns dabei auf die Herausforderungen konzentriert, die bereits in den letzten Jahren sichtbar wurden und verstärkt auch in naher Zukunft die Rollen und Aufgaben des Konzerncontrollings bestimmen werden. Ausgehend von einem Operating Model als Ordnungsrahmen für die Diskussion stellen wir neun Entwicklungsthesen vor. Sie sind nicht empirisch-quantitativ hergeleitet, sondern spiegeln bewusst unsere subjektiven Beobachtungen auf Basis unserer persönlichen Führungserfahrungen, vielfältiger Beratungsprojekte und einschlägiger Forschungstätigkeit wider.
2 Ein Ordnungsrahmen für ein Operating Model
Wesentliche Gestaltungsaspekte einer Organisation
Die Betrachtung der Entwicklungstendenzen des Konzerncontrollings soll hier innerhalb eines übergreifenden Ordnungsrahmens, eines sog. Operating Models erfolgen. Es beschreibt wesentliche Gestaltungsaspekte einer Organisation in geschlossener Form (s. Abb. 1). Ausgegangen wird von einem übergeordneten Zielbild (Vision), einer Zwecksetzung (Mission) und der damit verbundenen grundsätzlichen Vorgehensweise (Strategie) des Konzerncontrollings. Sie bestimmen weitgehend alle folgenden Gestaltungsaspekte und sind eng eingebunden in das Gesamtunternehmen. Konkret prägen sich diese drei Komponenten regelmäßig als Kombination, manchmal auch als Spannungsfeld, aus dem Selbstverständnis der Konzerncontroller und den vom Konzern bzw. der Konzernleitung formulierten Anforderungen aus.
Abb. 1:Das Target Operating Model im Konzern
Hieraus lassen sich die Rollenmodelle und die mit ihnen verbundenen Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche ableiten. Als typische Ausprägungen können
- die Governance-Rolle (konzernweite Entwicklung und Festlegung von Controllingstandards, -richtlinien, -vorgehensweisen etc.),
- die Produktionsrolle (Bereitstellen von Informationen, Berichten, Planen etc.) und
- die Business-Partner-Rolle (geschäftsnahe, entscheidungsorientierte Unterstützung des Managements)
unterschieden werden. Welche dieser Rollen auf Konzernebene in welchem Umfang zum Tragen kommen, ist nur unternehmensspezifisch zu beantworten. Allerdings ist die Governance-Rolle die mit Abstand verbreitetste, häufig kombiniert mit der Business-Partner-Rolle für den Konzernvorstand. Von abnehmender Bedeutung ist hingegen die Produktionsrolle, da immer mehr Konzerne die eher transaktionsorientierten, quantitativen Informationsversorgungsfunktionen in Shared-Service-Organisationen oder an externe Service-Provider auslagern.
Planung, Forecasting und Reporting sind "Produkte" des Konzerncontrollings
Neben den Rollen und Verantwortlichkeiten sind die Geschäftsprozesse zu gestalten. Klassischerweise werden auf Konzernebene die wesentlichen Planungs-, Forecasting- und Reportingprozesse festgelegt und damit einhergehend auch die konzeptionelle und IT-technische Gestaltung der Steuerungsinstrumente, wie z. B. die Erlös-, die Kosten- oder die Ergebnisrechnung, und der mit ihnen erzeugten Steuerungsinformationen. Letztlich bestimmt sich so ein großer Teil der "Produkte", die das Konzerncontrolling dem Unternehmen zur Steuerungsunterstützung anbietet. Träger des Angebotes ist die Organisation selbst. S...