1.1 Erstellung des Lageberichts: Pflicht oder Kür?
Grundsätzlich müssen Kleinstgesellschaften und kleine Gesellschaften keinen Lagebericht erstellen. Dabei ermittelt sich die Einordnung in die Gruppe der kleinen, mittleren und großen Gesellschaften nach der folgenden Tabelle:
Es gelten die folgenden Grenzen für Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Mitarbeiterzahl (§§ 267 und 267a HGB)):
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Kleinstgesellschaft |
Kleine Gesellschaft |
Mittlere Gesellschaft |
Große Gesellschaft |
Bilanzsumme |
bis 450.000 EUR |
bis 7.500.000 EUR |
bis 25.000.000 EUR |
über 25.000.000 EUR |
Umsatzerlöse |
bis 900.000 EUR |
bis 15.000.000 EUR |
bis 50.000.000 EUR |
über 50.000.000 EUR |
Mitarbeiterzahl |
bis 10 |
bis 50 |
bis 250 |
über 250 |
Tab. 1: Einordnung von Unternehmen in kleine, mittlere oder große Gesellschaft und Kleinstgesellschaft
Wenn 2 von den jeweils 3 Parametern erfüllt sind, gehört die Gesellschaft in die entsprechende Größenklasse. Geschäftsführer mittlerer und großer Gesellschaften sind verpflichtet, den Lagebericht im Rahmen des Jahresabschlusses zu erstellen. Ohne Lagebericht ist der Jahresabschluss nicht vollständig und gilt damit als nicht aufgestellt.
Die automatische Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger ist für Kleinstgesellschaften und kleine Gesellschaften ungefährlicher geworden. Der Lagebericht wird nur den Empfängern öffentlich, die den Jahresabschluss gegen Gebühr und mit Begründung vom Bundesanzeiger anfordern.
Aufbau und Inhalt ergeben sich weiterhin aus dem Deutschen Rechnungslegungs Standard (DRS), zumindest für Konzerngesellschaften. Wird der Abschluss testiert, wird der Wirtschaftsprüfer auch für nicht Konzerngesellschaften diesen Standard berücksichtigen.
Rechtliche Vorschriften gelten auch für freiwillige Lageberichte
Wenn sich ein Geschäftsführer einer kleinen GmbH für einen Lagebericht entscheidet, gelten für ihn die rechtlichen Vorschriften nicht ausdrücklich. Nach herrschender Meinung müssen jedoch auch freiwillige Lageberichte den Vorschriften des § 289 HGB entsprechen.
1.2 Der Inhalt des Berichts
Inhaltlich muss der Lagebericht, laut DRS, den Geschäftsverlauf und das Ergebnis des im Jahresabschluss betroffenen Zeitraums analysieren. Der Beschreibung des Steuerungssystems und der Entwicklungsaktivitäten folgt der Wirtschaftsbericht. Dieser gibt Auskunft über den Geschäftsverlauf, die Lage des Unternehmens bzgl. Ertrag, Finanzen und Vermögen. Besonderen Wert hat der Prognosebericht, ergänzt um den Risiko- und Chancenbericht, weil er von der vergangenheitsbezogenen Darstellung des Jahresabschlusses den Bogen in die Zukunft schlägt.
Erläuterungen der wichtigsten Werte und Entwicklungen des Unternehmens
Viele Lageberichte wiederholen zu den einzelnen Themen einfach die Zahlen aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung. Das ist nicht gewollt. Die Zahlen kann der Leser den Tabellen selbst entnehmen. Im Lagebericht geht es um Erläuterungen der Werte und Entwicklungen durch die Geschäftsleitung.
Die im DRS genannten Themen eignen sich hervorragend zu Darstellung mehr oder weniger detaillierter Inhalte. Hier setzt der Marketinggesichtspunkt an. In den einzelnen Kapiteln können, neben den notwendigen grundsätzlichen Informationen, auch die Inhalte angesprochen werden, die der Unternehmensführung wichtig sind. Sie erklären wesentliche Zahlen, weisen auf Erfolge hin und beschreiben die Aktivitäten in dem Licht, in dem sie gesehen werden sollen.
Dabei gilt es, die Regeln für die Aufstellung des Lageberichts aus den DRS zu berücksichtigen. Verlangt werden
- Vollständigkeit des Berichts,
- Verlässlichkeit und Ausgewogenheit,
- Klarheit und Übersichtlichkeit,
- Wesentlichkeit.
Das sind alles Punkte, die in einem typischen Marketingtext nicht immer zu finden sind. Hier muss der Verfasser des Lageberichts die berechtigten Forderungen nach einer objektiven Information mit den subjektiv gezeichneten Inhalten von Marketingtexten in Übereinstimmung bringen. Der Aufwand lohnt sich.
Das gilt auch für einige Spezialvorschriften, die aber bei weitem nicht alle Unternehmen betreffen. So müssen große Unternehmen, die marktorientiert arbeiten und mindestens 500 Mitarbeiter beschäftigen, einen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen. Außerdem muss der Jahresabschluss ergänzt werden um einen Bericht
- über die Achtung der Menschenrechte und
- über die Bekämpfung von Korruption und Bestechung.
Die Ausweitung dieser Pflicht auf Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern wird aktuell diskutiert und ist in Zukunft zu erwarten. Bereits heute können kleinere Unternehmen einen eigenen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen oder auf solche Themen im Lagebericht hinweisen. Das zeigt, dass der Jahresabschluss der Unternehmen von der Politik auch für gesellschaftspolitische Zwecke eingesetzt wird. Weitere aktuelle Themen, wie z. B. der Klimawandel oder die Digitalisierung, werden in Zukunft ebenfalls an dieser Stelle behandelt werden. Gerade solche aktuellen, in der Gesellschaft diskutierten Themen eignen sich sehr gut, um sie im Marketing einzusetzen. Sie zeigen diese Inhalte der Unternehmensaktivitäten von einer Seite, die sonst nur sehr subjektiv wahrge...