Rz. 86a
Der Leasinggeber setzt zu Laufzeitbeginn eine Leasingforderung an, die mit dem Nettoinvestitionswert der Leasingvereinbarung bewertet wird (IFRS 16.67). Der Nettoinvestitionswert wird durch Abzinsung des Bruttoinvestitionswertes mit dem internen Zinssatz des Leasingverhältnisses ermittelt. Sollte es sich um ein Unter-Leasingverhältnis handeln und der interne Zins ist nicht verlässlich zu bestimmen, darf der Zinssatz des Ober-Leasingverhältnisses, korrigiert um mögliche Initialkosten, verwendet werden (IFRS 16.68). Der Bruttoinvestitionswert ergibt sich als Summe aus den zu erhaltenden Leasingzahlungen des Leasinggebers und seinen nicht garantierten Restwertansprüchen auf das Leasingobjekt (=Restwertschätzung). Sofern der Leasinggeber nicht Hersteller oder Händler ist, sind die Initialkosten in der Leasingforderung zu berücksichtigen (IFRS 16.69).
Leasingforderungen unterliegen auch der Pflicht zum (anlassbezogenen) Wertminderungstest nach IFRS 9 (expected-loss-model), wobei ein Wahlrecht zur Anwendung des vereinfachten Modells besteht (vgl. IFRS 9.5.5.15(a)(ii) und IFRS 9.5.5.15(b)). Im vereinfachten Modell entfällt die Stufe 1 des allgemeinen Modells und die Wertminderungen werden stets in Höhe der über die (Rest-)Laufzeit erwarteten Kreditverluste erfasst (vgl. IFRS 9.5.5.15).
Die Auswirkungen des russische Krieg in der Ukraine können als Beispiel für die Bewertung von Leasingforderungen herangezogen werden.
Die Berechnung der erwarteten Kreditverluste für Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie aus Leasingverträgen können unter bestimmten Voraussetzungen auf der Grundlage einer Wertberichtigungstabelle (provision matrix) erfolgen. Hierbei sind zukunftsgerichtete Informationen zu berücksichtigen. Da die genutzten Wertberichtigungsquoten der Wertminderungstabelle aus den bisherigen Erfahrungen der bilanzierenden Unternehmen aus der Vergangenheit abgeleitet werden, sind sie im Hinblick auf die aktuelle Situation kritisch zu beurteilen und bei Bedarf anzupassen. Damit einhergehend ist zu beurteilen, inwieweit in der Vergangenheit verwendete Wertberichtigungstabellen, die auf gemeinsamen/homogenen Kreditrisikoeigenschaften, z. B. im Hinblick auf geografische Regionen, beruhen, in Bezug auf vom Krieg betroffene Forderungen aus Lieferungen und Leistungen weiterhin herangezogen werden können oder ob für diese eine gesonderte Betrachtung erforderlich ist (vgl. IFRS 9.B5.5.35).
Besondere Regeln beim Ansatz gelten für Leasinggeber, die als Hersteller oder Händler fungieren. Diese haben zu Laufzeitbeginn einen Verkaufserlös und zugehörige Aufwendungen zu erfassen (IFRS 16.71). Der Verkaufserlös ergibt sich aus dem niedrigeren Wert aus dem beizulegenden Zeitwert des Leasingobjektes und den mit einem Marktzinssatz diskontierten Leasingzahlungen. Die Abzinsung mit einem Marktzins soll sicherstellen, dass die Erfassung eines Verkaufsgewinns oder -verlusts nicht durch übliche Anreizmechanismen von Leasinggebern (niedriger Zins als Anreiz zum Abschluss durch Leasingnehmer) verzerrt wird (IFRS 16.73). Aufwendungen aus dem Verkauf werden als Differenz zwischen den Anschaffungskosten bzw. dem Restbuchwert des Leasingobjektes, wenn abweichend, abzgl. des geschätzten, ungarantierten Restwerts ermittelt. Der sich insgesamt als Saldo ergebende Gewinn oder Verlust ist entsprechend der Behandlung von direkten Verkäufen gem. IFRS 15 abzubilden (IFRS 16.71). Initialkosten des Herstellers oder Händlers müssen zu Laufzeitbeginn erfolgswirksam erfasst werden, damit sie verursachungsgerecht und damit zeitglich mit einem Verkaufsgewinn oder -verlust erfasst werden (IFRS 16.74).
Die Finanzerträge aus einem Leasingverhältnis müssen auf systematische und vernünftige Weise über die Laufzeit verteilt werden. Das Verteilungsmuster muss dabei gewährleisten, dass eine konstante periodische Verzinsung auf den Nettoinvestitionswert erreicht wird (IFRS 16.75). Jährlich werden erhaltene Leasingzahlungen vom Bruttoinvestitionswert abgezogen. Die nicht realisierten Finanzerträge als Differenz aus dem Brutto- und dem Nettoinvestitionswert werden um den Finanzertrag der Periode aus der Aufzinsung des Nettoinvestitionswertes vermindert. Somit ergibt sich in jeder Periode ein um Tilgung und Verzinsung angepasster Nettoinvestitionswert (IFRS 16.76). Die Ausbuchung und Wertminderung des Nettoinvestitionswertes erfolgt entsprechend den Vorgaben in IFRS 9. Schätzungen des ungarantierten Restwerts sind regelmäßig zu überprüfen. Der Verteilungsmodus der Finanzerträge ist umgehend anzupassen und zugehörige Abgrenzungsbeträge umgehend erfolgswirksam aufzulösen, sofern sich Verminderungen bei der Restwertschätzung ergeben (IFRS 16.77). Sollte ein Leasingobjekt als zur Veräußerung verfügbarer Vermögenswert oder Bestandteil einer Veräußerungsgruppe gem. IFRS 5 gelten, so ist das Objekt nach den Regeln von IFRS 5 zu bilanzieren (IFRS 16.78).
Vertragsanpassungen liegen vor, wenn Bedingungen oder Konditionen des Vertrages geändert werden...