Prof. Dr. Helmut Wannenwetsch
4.1 Punktbewertungsverfahren
Beim Punktbewertungsverfahren sind vorab die Gewichtungskriterien festzulegen wie bspw. Preis, Qualität und Lieferzuverlässigkeit. In das Bewertungsschema werden dann die einzelnen Lieferanten eingetragen. Ein wichtiges Entscheidungskriterium erhält eine hohe Gewichtungsziffer. Für jeden Lieferanten und jedes Kriterium wird ein Punkt von eins bis fünf oder eins bis zehn vergeben. Der dem Lieferanten vergebene Punkt wird mit der Gewichtungsziffer multipliziert. Der am besten bewertete Lieferant hat die höchste Gesamtpunktzahl.
Es kann in der Praxis allerdings vorkommen, dass der "Lieferant X" bei wichtigen Kriterien eine geringe Punktezahl erhält und bei nicht so wichtigen Kriterien eine hohe Punktzahl. Ein anderer "Lieferant Y" hat hingegen bei den wichtigen Kriterien eine hohe Punktzahl und bei den weniger relevanten Kriterien eine niedrige Punktzahl. In diesem Fall sollte bei gleicher Punktzahl dem "Lieferanten Y" der Vorzug gegeben werden.
Das Beispiel (s. Tab. 1) zeigt die mögliche Gewichtung bei einem Punktbewertungsverfahren:
Punktbewertungsverfahren |
Bewertungskriterien |
Gewichtung |
Lieferant A |
Lieferant B |
|
von 1 bis 10 |
Punkte 1 bis 10 |
Punkte × Gewicht |
Punkte 1 bis 10 |
Punkte × Gewicht |
Produktqualität |
10 |
9 |
90 |
7 |
70 |
Preishöhe |
10 |
6 |
60 |
10 |
100 |
Lieferzeiten |
9 |
7 |
63 |
8 |
72 |
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz |
9 |
6 |
54 |
7 |
63 |
Verbot von Kinderarbeit |
8 |
10 |
80 |
10 |
80 |
Verbot von Bestechung und Korruption |
8 |
7 |
56 |
9 |
72 |
Technologie |
7 |
3 |
21 |
5 |
35 |
Lieferzuverlässigkeit |
6 |
4 |
24 |
8 |
48 |
Mengentreue |
4 |
8 |
32 |
7 |
28 |
Ruf |
3 |
8 |
24 |
4 |
12 |
Gesamtpunktzahl |
|
|
504 |
|
580 |
Tab. 1: Beispiel für ein Punktbewertungsverfahren
Im angeführten Beispiel hätte der Lieferant B die bessere Beurteilung und würde ausgewählt werden. Weitere wichtige Beurteilungskriterien können sich aus dem Umfeld des Lieferanten ergeben und sind z. B. bei weltweitem Einkauf wichtig. Auch diese Kriterien sind entsprechend zu gewichten.
Folgende Beurteilungkriterien können sich daraus in der Praxis ergeben (s. Tab. 2):
Kriterien zur Beurteilung des Umfeldes eines Lieferanten |
- Volkswirtschaft, Zahlungsbilanz
|
- Konkurrenten des Lieferanten
|
|
- Finanzkraft und Liquidität
|
|
- Infrastruktur, Verkehrsverhältnisse
|
|
- Rechtsform, Eigentümerstruktur
|
Tab. 2: Kriterien zur Beurteilung des Umfeldes eines Lieferanten
Verfügt der Lieferant im Ausland über keine ausreichende Infrastruktur, kann es zu Lieferschwierigkeiten kommen. Ist die Eigentümerstruktur nicht klar, können Lieferungen mit Risiken behaftet sein. Dies kann schwer wiegende Folgen haben, wenn es sich um einen wichtigen Lieferanten, einen so genannten Systemlieferanten oder Lieferanten von A-Teilen handelt.
4.2 Nutzwertanalyse
Die Nutzwertanalyse nimmt die Bewertung in Prozent vor. Den Zielkriterien weist man dabei ebenfalls eine Gewichtung zu. Das wichtigste Kriterium erhält dabei die höchste prozentuale Gewichtung. Die Gesamtpunktzahl muss dabei immer 100 % ergeben. Das folgende Beispiel enthält eine Gewichtung nach der Nutzwertanalyse (s. Tab. 3):
Nutzwertanalyse |
Kriterium |
Gewichtung |
Preis |
20 % |
Materialqualität |
20 % |
Lieferflexibiliät |
15 % |
Termintreue |
15 % |
Technologie |
10 % |
Einrichtung eines Gefahrstoff-Managements |
10 % |
Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz |
10 % |
Gesamt |
100 % |
Tab. 3: Beispiel einer Nutzwertanalyse
Hier ist ebenfalls eine Gewichtung der einzelnen Kriterien innerhalb einer Zielgruppe möglich. Das Kriterium Preis kann in weitere Punkte unterteilt werden (s. Tab. 4):
Nutzwertanalyse |
Kriterium: Preis |
Gewichtung insgesamt: 30 % |
|
10 % |
|
9 % |
|
6 % |
|
5 % |
Tab. 4: Aufgliederung des Kriteriums "Preis" in Unterkriterien
Sämtliche Punkte bei den einzelnen Methoden wie Punktbewertungsverfahren oder Nutzwertanalyse lassen sich wie das Kriterium "Preis" weiter unterteilen.
4.3 Stärken-Schwächen-Profil
Das Stärken-Schwächen-Profil ermöglicht es, die Lieferanten anhand einer grafischen Darstellung zu bewerten (vgl. Abb. 1). Diese Methode zeigt eine sehr anschauliche Darstellung der Ergebnisse. Für jeden Lieferanten werden dabei die individuellen Stärken bzw. Schwächen in einer Kurve festgehalten. Durch die Bewertung kann der Lieferant anschließend in vier Kategorien eingestuft werden.
Einteilung in vier Kategorien:
- Preferred (90–100 Punkte): die besten Lieferanten;
- Accepted (70–89 Punkte): gute Lieferanten;
- Restricted (50–69 Punkte): mäßige Lieferanten, die auf Basis von Zielvorgaben zur Verbesserung angehalten werden;
- Desourced (< 50 Punkte): schlechte Lieferanten, von denen nach Möglichkeit keine Waren mehr bezogen werden.
Abb. 1: Stärken-Schwächen-Profil auf Basis der Lieferantenbewertung
Ergebnis der Lieferantenbeurteilung kommunizieren
Wichtig ist, dass die Lieferantenbeurteilungen den entsprechenden Lieferanten mitgeteilt werden. So haben gute Lieferanten die Möglichkeit, sehr gute Lieferanten zu werden. Weiterhin lassen sich aufgezeigte Schwachpunkte gezielt und schnell beheben.
4.4 Cross-functionale Lieferantenbewertung
In vielen Unternehmen besteht in einzelnen Einkaufsbereichen zwischen de...