Dipl.-Kfm. Michael Kappes, Dr. Peter Schentler
2.1 Grundlagen einer treiberorientierten Steuerungsbasis
Mittlere Detaillierung als anzustrebendes Ideal
Aus den vorhergehenden Ausführungen lässt sich bereits schließen, dass die ideale Steuerungsbasis eine mittlere Detaillierung aufweisen sollte. Je nach Ausgangssituation müssen dafür entweder die aggregierten Größen der Buchhaltungs-/Accounting-Sicht um geschäftsnahe Treiber erweitert oder die detaillierten Controlling- bzw. Kostenrechnungsstrukturen für die Steuerung auf die wesentlichen Treiber zurückgedrängt werden (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Treibermodelle auf mittlerer Detaillierungsebene
Verknüpfung der Treibergrößen
Bei Treibermodellen handelt es sich um unternehmensspezifische Modelle, die die Wirkung verschiedener Eingangsgrößen (Treiber) auf zentrale Erfolgsgrößen wie Erlöse, Ergebnis oder Wertbeitrag aufzeigen. Beispielsweise können bei einer Zeitung die Erfolgsgrößen (EVA, ROI, EBIT etc.) von Treibern wie der Auflagenhöhe, dem Zeitungsumfang, der Anzahl der verkauften Anzeigen und Abonnements sowie den Kosten für Papier und Personal abhängig gemacht werden.
Um der Forderung nach einem Treibermodell gerecht zu werden, statt "nur" eine weitere Kennzahlensammlung zu schaffen, müssen die Treibergrößen mathematisch mit den finanziellen Ergebnisgrößen verknüpft werden. Dabei hat es sich bewährt, direkte Treiber und vorlaufende, "strategische" Treiber zu unterscheiden. Während sich direkte Treiber mathematisch mit den Ergebnisgrößen verknüpfen lassen (z. B. die verkaufte Menge in einer Region mit dem Umsatz), dienen strategische Treiber der Erläuterung der Entwicklung der direkten Treiber. Versuche, solche strategischen bzw. indirekten Treiber auch mathematisch über Korrelationen und ähnliches zu verknüpfen, sind in der Regel nicht Erfolg versprechend.
2.2 Illustrierende Beispiele für Treibermodelle
Treibermodelle sind immer individuell, so dass existierende Modelle nur als Anregung für neue Modelle dienen können; auch wenn das Unternehmen in der gleichen Branche tätig ist. Um die vorhergehenden Ausführungen zu illustrieren, sollen im Folgenden 2 konkrete Praxisbeispiele dargestellt werden.
2.2.1 Praxisbeispiel 1: Produzierendes Unternehmen in der Rohstoffverarbeitung
Treibermodell eines produzierenden Unternehmens
Das erste Praxisbeispiel (vgl. Abb. 3) entstammt einem Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe mit hoher Rohstoffabhängigkeit. Es enthält die für den Unternehmenserfolg wesentlichen Erfolgstreiber, die direkt mit der führenden Ergebniskennzahl (in diesem Fall EBITDA) verknüpft sind:
- wesentliche Produktgruppen: Menge und erwarteter Durchschnittspreis,
- Rohstoffeinsatz pro kg produziertem Produkt,
- Rohstoffpreise für zwei wesentlichen Rohstoffe und andere,
- Schrottanteil (für Wiederverwendung),
- Änderung von 5 Herstellkosten (COGS-) Kategorien (mit Menge),
- Änderung von 5 Funktionskosten (SG&A-) Kategorien.
Abb. 3: Treibermodell eines produzierenden Unternehmens
2.2.2 Praxisbeispiel 2: Medienunternehmen
Treibermodell für ein Internetportal (Medienunternehmen)
Das zweite Praxisbeispiel entstammt einem Medienunternehmen und stellt die Treiber für ein Internetportal dar (vgl. Abb. 4). In diesem Bereich hat sich schon vor Jahren gezeigt, dass klassische Controllinginstrumente nicht ohne weiteres auf "Neue Medien" übertragbar sind. Treibermodelle schaffen dagegen eine klare Darstellung des komplexen Geschäfts. Die wesentlichen, direkt mit der führenden Ergebniskennzahl EBITDA verknüpften Erfolgstreiber sind:
- Neuregistrierungen nach Kanälen,
- durchschnittliche Transaktionswerte,
- Continued Sales,
- Kündigungspotenzial,
- wesentliche Kostentreiber: Costs per Lead, IT-Kosten, Personalkosten.
Abb. 4: Treibermodell eines Medienunternehmens
2.3 Vorgehen zur Aufstellung von Treibermodellen
Designprinzipien für Treibermodelle
Für die Aufstellung von Treibermodellen haben sich folgende Designprinzipien bewährt:
Direkte bzw. linear-mathemische Verknüpfung der Treiber mit der Ergebnisrechnung und Vermeidung von Korrelationen und Ähnlichem:
- Die direkte Verknüpfung ermöglicht nachvollziehbare Simulationen auf Basis der Veränderung einzelner Treiber.
- Durch Verzicht auf Korrelationskoeffizienten und Ähnliches stehen die Inhalte bzw. Treiber im Vordergrund und nicht die Frage, ob vielleicht die Koeffizienten falsch sind.
Wesentlichkeitsprinzip: Die Treibergrößen sollten 80 bis 90 % der Ergebnisentwicklung abdecken (aber nicht 100 %).
- Durch die bewusste Begrenzung erfolgt eine Fokussierung auf die wesentlichen Größen, so dass das Treibermodell auch für einen größeren Adressatenkreis nachvollziehbar ist.
- Der Aufwand für die in den meisten Fällen gewünschte und empfehlenswerte IT-seitige Implementierung der Treibermodelle wird begrenzt.
Treibermodelle sind immer spezifisch und variieren in Abhängigkeit von Branche, Geschäftsmodell und Unternehmensorganisation.
- Die Treibermodelle sind maßgeschneidert und spiegeln die "DNA" des Unternehmens bzw. des Unternehmensbereiches/der Funktion wider.
- Bei wesentlichen strategischen bzw. strukturellen Änderungen müssen die Modelle angepasst werden.
Im Idealfall sind für die Treibergrößen Istwerte systemseitig ableitbar.
- Auf diese Weise sinkt der manuelle Aufwand für die Ermittlung/Darstellung der Istwerte.
- Durch die systemseitige Ableitung ...