Dipl.-Kfm. Michael Kappes, Sascha Brosig
Zusammenfassung
- Planung und Forecasting sind bei vielen Unternehmen zunehmend durch ein negatives Kosten-Nutzen-Verhältnis gekennzeichnet, was zu Handlungsdruck und der Frage führt, wie diese Prozesse neu ausgerichtet werden können.
- Der vorliegende Beitrag zeigt vier große Handlungsfelder, entlang derer eine Transformation hin zu wirkungsvollen und effizienten Steuerungsprozessen möglich ist.
- Das erste Handlungsfeld umfasst eine andere Prozessgestaltung in Richtung mehr Forecasting, kombiniert mit einer kompakten Zielsetzung. Die zentrale Voraussetzung ist hier ein adäquates Prozessverständnis.
- Das zweite Handlungsfeld ist eine Integration funktionaler Steuerungsprozesse (wie z. B. ein Personal-Forecast) mit der finanziellen Steuerung. Basis dafür bildet eine moderne Planungsplattform, die ein entsprechend integriertes Planungssystem abbildet.
- Das dritte Handlungsfeld ist eine pragmatische Automatisierung, insbesondere des Forecast-Prozesses, zur effizienten Erzeugung von Zukunftsinformationen.
- Das vierte und letzte Handlungsfeld stellt die Integration von Simulationsmodellen dar, sodass eine Modellierung und Bewertung verschiedener Szenarien möglich ist.
1 An der Modernisierung von Planung und Forecasting führt kein Weg vorbei
Hinter dem Kosten-Nutzen-Verhältnis vieler Planungs- und Forecast-Prozesse stehen schon seit langem große Fragezeichen: Helfen die Plan- und Forecast-Zahlen tatsächlich bei der Steuerung oder führen ambitionslose Planungen und politisierte Forecasts vielleicht sogar zu Fehlsteuerungen? Und ist der vielfach hohe Aufwand für die Generierung dieser Zahlen tatsächlich gerechtfertigt?
Die Dynamik des Unternehmensumfeldes und die allgemeine Unsicherheit haben in den letzten Jahren noch einmal zugenommen und die Schwächen traditioneller Planungs- und Forecast-Prozesse gnadenlos offengelegt. Außerdem ist es naheliegend anzunehmen, dass Dynamik und Unsicherheit in den kommenden Jahren nicht abnehmen werden.
Das Controlling, als Process Owner der Unternehmensplanung, agiert vielfach als eine Art "Datendienstleister"; die wertschöpfende Rolle des beratenden Business Partners kommt demgegenüber zu kurz. Will das Controlling sich neu positionieren, so müssen die Datenmanagement-Aktivitäten verringert und der Umfang der Entscheidungsunterstützung erhöht werden.
Und nicht zuletzt erfordert die Vision einer "Datadriven Company", wie sie von vielen Chief Financial Officers (CFOs) geäußert wird, passende und umfangreiche Zukunftsinformationen, die durch Planungs- und Forecast-Prozesse zu generieren sind. Reine Finanzdaten reichen dabei nicht mehr aus. Erst durch die Verbindung operativer und funktionaler Größen mit den Finanzgrößen entsteht eine belastbare Grundlage für datengetriebene Entscheidungen.
2 Viele Versuche der Weiterentwicklung und Neugestaltung sind in der Praxis ohne Erfolg
Vielen Unternehmen sind die Schwachstellen ihrer Planungs- und Forecasting-Prozesse seit langem bewusst, weshalb sie einzelne Initiativen gestartet haben, um diese Prozesse weiterzuentwickeln. Dabei wurde häufig auf isolierte Maßnahmen zurückgegriffen, wie z. B. die Einführung eines neuen Planungstools.
Veränderungen müssen aber sowohl auf prozessual-konzeptioneller als auf technologischer sowie auf kulturell-verhaltensorientierter Ebene erfolgen, um erfolgreich zu sein. Die Komplexität einer Neugestaltung der Planungs- und Forecast-Prozesse wird dabei häufig unterschätzt. Hinzu kommt, dass die oft zu lesenden Pauschalempfehlungen (à la "Top-down, mehr Maßnahmen, Ereignis-gesteuert ...") nur begrenzt hilfreich sind. Die vorzunehmenden Veränderungen müssen in ihren Auswirkungen und Voraussetzungen vollständig verstanden werden.
In der Konsequenz gibt es wenig Praxisbeispiele, die eine gelungene umfangreiche Transformation der Planungs- und Forecast-Prozesse zeigen. Andererseits muss auch betont werden, dass es dennoch Beispiele gibt und die hier geschilderten Veränderungen praxiserprobt sind. Unsere Prognose lautet, dass in den kommenden Jahren mehr und mehr Unternehmen ein solches Vorhaben angehen und die skizzierten Veränderungen schrittweise zum neuen Standard werden.
3 Zentrale Veränderungen für Planung und Forecasting
Im Folgenden sollen vier wesentliche Veränderungen im Zusammenhang mit Planung und Forecasting eingeordnet und in ihren Auswirkungen und Voraussetzungen konkretisiert werden (s. Abb. 1).
Dabei wurden die Erkenntnisse aus vielen Beratungsprojekten zusammengefasst und die jeweils zentralen Herausforderungen deutlich gemacht. Die Aussagen sind also weniger theoretisch und eher empirisch gestützt und sollen Hilfestellung bei der Strukturierung eigener Transformationsinitiativen geben.
In diesem Zusammenhang möchten wir aber unterstreichen, dass es zwar allgemeingültige und durchaus konkrete Handlungsempfehlungen gibt, aber die genaue Ausprägung immer unternehmensindividuell vorzunehmen ist; es gibt kein "One size fits all"!
Abb. 1: 4 zentrale Veränderungen für eine Transformation von Planung und Forecasting
4 Die Basis: Das richtige Zusammenspiel von Planung und Forecast
Am Anfang einer Neugestaltung sollte immer die Überlegung stehen, wie viel Planung und wie viel Forecasting für die Steuerung benötigt wird. Dazu muss der Unterschied zwischen Planung und Budgetierung einerseits und Forecasting andererseit...