1.1 Der rastlose Vollblutunternehmer
Ein Unternehmer entwickelt und vertreibt mit einem innovativen Vertriebskonzept sehr erfolgreich Produkte im Lifestyle-Bereich. Das Unternehmen entwickelt sich hervorragend, der Unternehmer wird in seinem ländlich strukturierten Umfeld als großer Arbeitgeber zu einer bekannten Persönlichkeit und zu einem geschätzten Mäzen. Auf dem Höhepunkt der Unternehmensentwicklung und vor der nun anstehenden Internationalisierung kann der Unternehmer einem sehr attraktiven Übernahmeangebot nicht widerstehen und verkauft das Unternehmen zu einem sehr lukrativen Preis an ein Private-Equity-Unternehmen. Der Gründer scheidet vereinbarungsgemäß aus dem Unternehmen aus, das Top-Management wird neu besetzt.
Nach einer schöpferischen Pause merkt der Unternehmer bald, dass ihm die unternehmerische Tätigkeit fehlt. Gleichzeitig läuft "sein" altes Unternehmen in der neuen Eigentümerstruktur weniger erfolgreich. Führungskräfte verlassen gewollt und ungewollt das Unternehmen und suchen beim früheren Chef Rat. Die Idee, mit ihnen ein neues Unternehmen zu gründen, ohne die vereinbarte Wettbewerbsklausel zu verletzen, gewinnt an Kraft. Die fixe Idee, es allen und insbesondere den neuen Eigentümern "noch mal zu zeigen", führt unweigerlich zu einem erbitterten und beiderseits rufschädigenden Konflikt mit juristischen Auseinandersetzungen.
Es zeigt sich, dass ein in jungen Jahren mit viel Einsatz und Kreativität erarbeiteter Erfolg sich in einer späteren Lebensphase nicht so ohne Weiteres wiederholen lässt. Die Finanzmittel aus dem Verkauf des Unternehmens erlauben zwar Geschwindigkeit, aber wenn die Richtung nicht stimmt, kann das verhängnisvoll sein und zum persönlichen und finanziellen Ruin führen.
1.2 Der ausgefuchste Großkonzern
Ein Management-Buy-out aus einem Pharmakonzern wird mit viel unternehmerischem Geschick und einer erfolgreichen Produktstrategie zu einem sehr profitablen mittelständischen Unternehmen in ländlicher Region. Ein anderer Pharmakonzern hat großes Interesse an dem Produktportfolio und bietet den Eigentümer-Managern einen überragenden Kaufpreis. Due Diligence und Vertragsverhandlungen werden rasch durchgeführt, wobei der Konzern von einer Armada von Fachleuten vertreten wird, während das mittelständische Unternehmen den langjährigen Beratern aus dem persönlichen Umfeld vertraut.
Nach vollzogener Übernahme soll der bisherige Gesellschafter-Geschäftsführer noch eine Zeit lang in der Verantwortung stehen und den Integrationsprozess unterstützen. Allerdings erwartet der Konzern eine schnelle Übernahme seines umfangreichen Regelwerks bzgl. Strukturen, Abläufen und Kontrollen, was gegenüber der bisher eher unbürokratischen, personen- und vertrauensbasierten Arbeitsweise zu Spannungen und letztlich zum Ausscheiden des Gesellschafter-Geschäftsführers führt.
Anschließend erhöhen sich die Spannungen zwischen Zielunternehmen und Konzern, einige Schlüsselpersonen mit Know-how verlassen das Unternehmen. Aufgrund geänderter Produktionsabläufe treten Qualitätsprobleme auf, die zu Produktionsstillständen, Marktanteilsverlusten, Mehrkosten und in der Folge zu massiven Ergebnisproblemen führen. Kurz vor Ablauf der entsprechenden Gewährleistungsfristen fordert der Großkonzern unter Hinweis auf vereinbarte Garantien über die Qualität des Produktionsprozesses einen erheblichen Anteil des Kaufpreises zurück und setzt in einem umfangreichen Schiedsgerichtsverfahren einen Teil dieser Forderungen durch.