Dr. Mario Stephan, Benjamin Grether
Ausgangslage und Zielsetzung
Ein großer Flugzeugturbinenhersteller fragte an, ob durch den Einsatz von Predicitve Analytics der Prozess von Maintenance, Repair and Overhaul (MRO) schneller und effizienter gestaltet werden könnte. Das Unternehmen prüft in regelmäßigen Abständen die im Einsatz befindlichen Triebwerke auf Schäden an den Turbinenschaufeln und tauscht diese gegebenenfalls aus. Im bisherigen Prozess wurden Turbinenschaufeln aufwendig manuell und visuell auf Schäden und Partikeleinschläge untersucht. MitarbeiterInnen untersuchten White Light Scans der Turbinenschaufeln auf Auffälligkeiten und validierten diese manuell. Die Schadensklassifizierung war ungenau und stark abhängig von den untersuchenden MitarbeiterInnen. Ziel des Projektes war es, den MRO-Prozess durch Predictive Analytics zu automatisieren und gleichzeitig die Qualität zu erhöhen.
Vorgehen
Zur Modellierung wurden in diesem Projektbeispiel Methoden aus dem Bereich Computer Vision (Maschinelles Bildverstehen) und Machine Learning miteinander kombiniert. Die Computer Vision identifizierte auffällige Stellen auf den 3D-Scans, die anschließend mit Machine-Learning-Methoden nach "Schaden" und "kein Schaden" klassifiziert wurden. Als Grundlage für die Modellierung der Schadenserkennung dienten die bereits existierenden Scans der Turbinenschaufeln. Anschließend wurde ein Machine-Learning-Algorithmus zur Musterkennung auf die auf den Scans markierten Schäden trainiert. Zusätzlich zu den Scans wurden noch weitere Features zur Analyse und Klassifizierung berücksichtigt, wie bspw. Einsatzgebiet, Position am Flugzeug und Einsatzdauer. Um die beste Performance zu erreichen, wurden unter anderem die Algorithmen XGBoost, Random Forest und neuronales Netz getestet und miteinander verglichen. Die beste Performance erzielte ein XGBoost-Algorithmus.
Abb. 7: Projektergebnis
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Modellierung inklusive des Algorithmus wurden in eine webbasierte Applikation integriert. Die Mitarbeiter laden neue Scans in der App hoch, die dann automatisch auffällige Stellen markiert und klassifiziert. Die Genauigkeit der Schadenserkennung und Klassifizierung lag signifikant höher als bei der menschlichen Prüfung und die Automatisierung reduzierte den Zeitaufwand deutlich. Fälle, die vom Algorithmus nur mit einer niedrigen Wahrscheinlichkeit klassifiziert werden können, werden weiterhin von Mitarbeitern geprüft. Die Teilautomatisierung des Prozesses ermöglichte eine deutliche Effizienzsteigerung und zusätzlich lieferten die Analysen Erkenntnisse über die Einflussfaktoren für das Auftreten von Schäden, die wiederum in die zukünftige Entwicklung von Turbinen einfließen können.