Die konkrete Festlegung der Preisuntergrenze ist von der Fragestellung abhängig.
3.1 Ermittlung der langfristigen erfolgswirksamen Preisuntergrenze
Geht es um die langfristige Mindestpreisfestsetzung, so muss ein Produkt/eine Leistung seine Investitionen decken. Im Rahmen einer produktbezogenen Investitionsrechnung wäre der kritische Preis zu bestimmen, der die Investitionsauszahlungen amortisiert. Die Preisuntergrenze wäre im Rahmen einer Product-Life-Cycle-Rechnung zu bestimmen. Allein das Zuordnungsproblem der produktübergreifenden Investitionen macht eine solche Vorgehensweise in den meisten Fällen unmöglich.
Langfristige Preisuntergrenze
Statt dessen wird die langfristige Preisuntergrenze durch die Vollkosten des Produkts (der Leistung) bestimmt.
Dahinter steht die Überlegung, dass langfristig die Vollkosten gedeckt sein müssen, damit ein Verlust vermieden wird. Abschreibungen und Zinsen, die in die Produktkalkulation eingehen, ersetzen den investitionsrechnerischen Ansatz. Wird eine Vollkostendeckung verlangt, so müssen alle fixen und proportionalen Kosten über den Preis erzielt werden.
Die Kalkulation der vollen Selbstkosten bestimmt die Preisuntergrenze. Dabei kann von folgendem Grundschema der Kalkulation ausgegangen werden:
Abb. 2: Kalkulation der Selbstkosten
Gegebenenfalls ist der so ermittelte "Netto-Preis" noch zu ergänzen um die Kalkulationspositionen: Provisionen, Kundenskonti, Kundenrabatte, (Mehrwertsteuer). Der "Brutto-Verkaufspreis" ist dann entsprechend zu kalkulieren:
Abb. 3: Einbeziehung von Provisionen, Skonti und Rabatten
3.2 Ermittlung der kurzfristigen erfolgswirksamen Preisuntergrenze
Kurzfristige erfolgswirksame Preisuntergrenze
Die kurzfristige erfolgswirksame Preisuntergrenze wird durch die Grenzselbstkosten bestimmt. Kurzfristig ist ein Verzicht auf die produktbezogene Deckung der vollen Kosten möglich. Die Kostendeckung der Gesamtkosten kann über den kalkulatorischen Ausgleich der Produkte erzielt werden.
Fixkosten, die von einem Produkt nicht gedeckt werden, sollen über die Deckungsbeiträge anderer Produkte ausgeglichen werden. Für die Bestimmung der kurzfristigen erfolgswirksamen Preisuntergrenze ist demnach folgendes Kalkulationsschema zugrunde zu legen:
Abb. 4: Kalkulation der Grenzselbstkosten
Die Einbeziehung von Provisionen, Kundenskonti und Kundenrabatten ist analog zur Abb. 3 vorzunehmen.
Bei standardisierten Produkten/Leistungen bestimmt die kurzfristige erfolgswirksame Preisuntergrenze, ob ein Produkt in das Produktions- und Absatzprogramm aufgenommen wird oder nicht. Liegen keine Verbundwirkungen vor, so werden nur solche Produkte, die einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaften, in das Programm aufgenommen. Die Grenzselbstkosten bestimmen also die Untergrenze. Produkte mit Preisen, die unterhalb der Grenzselbstkosten liegen, bringen keinen positiven Deckungsbeitrag und werden deshalb aus dem Programm gestrichen.
Unterbeschäftigung
In Situationen der Unterbeschäftigung, d. h., für alle geplanten Absatzmengen sind ausreichende Kapazitäten verfügbar, liegt die Preisuntergrenze bei den absoluten Grenzselbstkosten.
Die Entscheidung über die Aufnahme eines Produkts in das Produktions- und Absatzprogramm wird durch die Grenzselbstkosten bestimmt. Sind nicht für alle möglichen Absatzmengen ausreichende Kapazitäten vorhanden, ist die Entscheidung über die Zusammensetzung des Produktions- und Absatzprogramms unter Erfolgsgesichtspunkten aufgrund von sogenannten relativen Deckungsbeiträgen, bezogen auf die Engpässe des Unternehmens, zu treffen. Die auf die Engpasseinheit bezogenen relativen Deckungsbeiträge der einzelnen Produktarten bestimmen die Rangfolge für die Belegung der Engpässe.
Grenzselbstkosten als Preisuntergrenze
Die Grenzselbstkosten der Produkte als Preisuntergrenze müssen um Opportunitätskosten ergänzt werden, da durch die Engpasssituation jede Entscheidung zugunsten eines Produkts die Deckungsbeiträge anderer Produkte verdrängt.
Eine besondere Fragestellung nach der Preisuntergrenze ergibt sich für sogenannte Zusatzgeschäfte. Damit ist gemeint, dass zusätzlich zu den geplanten Produktions- und Absatzmengen und zusätzlich zu den geplanten Aufträgen, kurzfristig weitere Aufträge eingebunden werden sollen. Mit der Charakterisierung als Zusatzgeschäft soll zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich nicht um dauerhafte Geschäfte handelt, sondern das Zusatzgeschäft Einmaligkeitscharakter hat. Hier stellt sich dann die Frage, welchen Preis ein solches Zusatzgeschäft mindestens bringen muss, damit sich unter Erfolgsgesichtspunkten die Annahme lohnt.
Die besondere Problematik ergibt sich aus der Überlegung, dass solche Zusatzgeschäfte nicht isoliert betrachtet werden können, sondern die Auswirkung auf das geplante Produktions- und Absatzprogramm zu berücksichtigen ist.
Unter dem Gesichtspunkt, dass im Rahmen der kurzfristigen Planung des Produktions- und Absatzprogramms die Deckung der Kosten kalkuliert worden ist, das zu erzielende Deckungsbeitragsvolumen Fixkostendeckung und Plangewinn beinhaltet, kann bei einem solchen Zusatzgeschäft auf die Deckung von Vollkosten verzichtet wer...