Christoph Kopp, Johannes Grünbacher
Menge, Preis und Produktmix als Steuerungsgrößen
Für die Vertriebssteuerung der Lenzing AG sind primär zwei Sichten relevant: Die Produkt- und die Kundensicht. Mit Hinblick auf die Vertriebssteuerung sind für die Lenzing AG aus der Produktsicht insbesondere drei Steuerungsgrößen von Bedeutung: die verkaufte Menge pro Produktgruppe, der erzielte Preis pro Produktgruppe und der Produktmix. Abb. 2 gibt einen Überblick über die unterschiedlichen Steuerungsgrößen, deren wichtigste Einflussfaktoren und die zur Steuerung verwendeten Key Performance Indicators.
Abb. 2: Globale Steuerungsgrößen auf der Produktebene
Preis als Steuerungsgröße
Fasern sind einer jener Rohstoffe, für die Weltmarktpreise existieren. Demnach ist der Weltmarktpreis der stärkste Einflussfaktor auf die Preispolitik der Lenzing AG. Wie stark die Lenzing AG an den Weltmarktpreis gebunden ist, hängt von der zugrundeliegenden Faser ab. Je spezialisierter und hochwertiger eine Faser ist, desto eher können Prämien realisiert werden, die über den Weltmarktpreis hinausgehen und zudem eine gewisse Unabhängigkeit von Schwankungen der Weltmarktpreise erlauben.
Auswirkung des Weltmarktpreises auf die Vertriebsregion
Je nach Produktgruppe sowie Vertriebsregion und damit auch Volatilität im Markt findet in unterschiedlichen Abständen u. a. auf der Grundlage der erzielten Preise sowie der Marktpreis-Entwicklungen die Ableitung der Zielpreise für den Vertrieb statt.
Das primäre Ziel für den Vertrieb ist es, den gesetzten Zielpreis zu erfüllen oder überzuerfüllen. Die Erfüllung des Zielpreises wird produktgruppenspezifisch als Preisdurchsetzung aus dem Verhältnis des aktuell erzielten Preises und dem Zielpreis errechnet. 100 % bedeutet, dass der Zielpreis genau erreicht worden ist, Werte über 100 % zeigen eine Übererfüllung an.
Dabei steht das Preisziel in einem potenziellen Zielkonflikt zum Mengenziel – je höher der Zielpreis, desto schwieriger ist es, entsprechende Mengen zu verkaufen und vice versa.
Menge als Steuerungsgröße
Wie bei allen Industrieunternehmen ist eine möglichst hohe Auslastung der Produktionskapazitäten Voraussetzung für eine effiziente und kostengünstige Produktion. Aus den Kapazitäten der Produktionsstätten der Lenzing AG und dem Produktmix ergibt sich eine maximale Ausbringungsmenge, die das Unternehmen am Markt absetzen kann. Diese wird im Sales & Operations Planning der erwarteten Nachfrage gegenübergestellt.
Stringenter Planungsprozess als Grundlage zur Steuerung
Im Rahmen des Sales & Operations Planning (S&OP) wird vom Vertrieb quartalsweise ein Absatz-Forecast erstellt, der angibt, welche Produktgruppen zu einem bestimmten Preisniveau in den einzelnen Regionen abgesetzt werden können. Absatzmengen und erzielbare Preise werden dabei von den einzelnen Sales Managern eingeschätzt. Die vom Vertrieb geplanten Verkaufsmengen werden mit den Produktionsmengen abgeglichen.
- Bei einem Nachfrageüberhang werden die Mengen jenen Sales Managern zugeteilt, die den höchsten Deckungsbeitrag damit erwirtschaften können und diese Mengen als Ziele vereinbart.
- Bei einem Produktionsüberhang wird die Absatzmengen-Planung der Sales Manager um den Überhang als Ziel erhöht.
Zudem werden strategische und Risikoaspekte in der Mengenallokation neben der Deckungsbeitragsbetrachtung berücksichtigt (wie z. B. langfristige Partnerschaften, Innovationskraft, Loyalität, Wachstumspotenzial oder nicht mehr als x % Umsatz in einer der Vertriebsregionen). Während des Quartals erfolgt eine kontinuierliche Feinjustierung der Mengenallokation basierend auf tatsächlich verkauften Mengen und Preisen, die auch zu Anpassungen der Mengenziele führen kann.
Analog zu dem wichtigsten Key Performance Indicator in Bezug auf den Absatzpreis ist der führende Key Performance Indicator bei der Absatzmenge die Mengendurchsetzung. Die Mengendurchsetzung ist durch das Verhältnis der tatsächlich erreichten Absatzmenge und der Zielabsatzmenge pro Produktgruppe definiert und kann auf den einzelnen Sales Manager heruntergebrochen werden.
Produktmix als Steuerungsgröße
Zusätzlich wird das Produktportfolio im Sales & Operations Planning Prozess berücksichtigt. Das Produktportfolio ist dabei großteils durch die Produktionsanlagen und Spezialitätenmix determiniert, sodass kurzfristig nur eine eingeschränkte Flexibilität bei der Optimierung des Produktportfolios besteht. Nichtsdestotrotz wird diese Flexibilität genutzt und versucht die Produktions- und Absatzmengen der unterschiedlichen Produktgruppen hin zu den deckungsbeitragsstärksten Produktgruppen zu optimieren.
Produktbezogene Deckungsbeiträge zur Steuerung
Die produktbezogenen Deckungsbeiträge sind im Rahmen der Steuerung des Sales- und Operationsprozesses ein wichtiges Element. Sie steuern den Allokationsprozess zwischen Vertrieb und Produktion, indem eine Optimierung des Produktionsprogramms auf der Grundlage der produktbezogenen Deckungsbeiträge stattfindet. Hierbei gilt der Grundsatz, dass Produktgruppen mit einem höheren Deckungsbeitrag im Produktionsprog...