Wesentliches Element der Prozesskostenrechnung stellt die Ausrichtung auf betriebliche Prozesse dar. Ein Prozess ist eine Kette von Aktivitäten, die auf die Erbringung einer bestimmten Leistung ausgerichtet sind. Er ist gekennzeichnet durch eine konkrete Leistungsausbringung, bestimmte Qualitätsmerkmale (die häufig nicht explizit definiert sind), den Verbrauch von Ressourcen (Kosten), einen Kosteneinflussfaktor und analysierbare Bearbeitungszeiten.
Zu unterscheiden sind Hauptprozesse und Teilprozesse. Ein Hauptprozess stellt eine Kette homogener Teilprozesse dar, die demselben Kosteneinflussfaktor unterliegen. Homogen sind Teilprozesse dann, wenn sie sich im Hinblick auf Struktur, Ablauf, Arbeitsaufwand und dazu notwendigen Ressourcenverbrauch nicht grundsätzlich unterscheiden. Hauptprozesse des Gemeinkostenbereichs, die zumeist kostenstellenübergreifend anfallen, fassen die Teilprozesse in verschiedenen Kostenstellen zusammen.
Abb. 2: Schematische Darstellung einer Prozesskostenrechnung
Hauptprozesse
- Bearbeitung eines Kundenauftrags für das Inland
- Bearbeitung eines Kundenauftrags für das Ausland
- Beschaffung von Materialien
- Gewinnung neuer Kunden
Unter einem Teilprozess wird eine Kette homogener Aktivitäten innerhalb einer Kostenstelle zusammengefasst, die einem oder mehreren Hauptprozessen zugerechnet werden können.
Teilprozesse
Hauptprozess:
- Bearbeitung eines Kundenauftrags für das Ausland
Teilprozesse:
- Auftragseingang bearbeiten
- Fertigungsmeldung bearbeiten
- Produkt lagern
- Lieferschein erstellen
- Zollpapiere erstellen
- Spedition beauftragen
- Ware versenden
- Rechnung erstellen und versenden
Zentrale Aufgabe und Voraussetzung einer Prozesskostenrechnung stellt die Prozess- oder Aktivitätenanalyse des Unternehmens dar. Für jede Kostenstelle werden die dort ablaufenden Teilprozesse mit ihren Bearbeitungszeiten festgehalten. Die erkannten Prozesse werden bezüglich ihres Verhaltens im Hinblick auf die Veränderung des Leistungs- und damit auch Kostenvolumens der Kostenstelle untersucht.
Leistungsmengeninduzierte (lmi) Prozesse stehen in einem (annähernd) proportionalen Zusammenhang zu Leistungsvolumen und Kostenvolumen der Kostenstelle. Zeitmengenneutrale (lmn) Prozesse sind nur unmittelbar prozessabhängig und werden zur Unterstützung der leistungsmengeninduzierten Prozesse benötigt. Sie sind gekennzeichnet durch ein fehlendes Mengengerüst.
Für alle leistungsmengeninduzierten Prozesse sind nun Maßgrößen zu finden, mit deren Hilfe die Prozesse mengenmäßig quantifizierbar sind. Für leistungsmengenneutrale Prozesse wird aufgrund ihres Charakters keine Maßgröße benötigt.
Kostenstelle Versand
Teilprozess |
Verhalten |
Zeit Std. |
Maßgröße |
Fertigmeldung bearbeiten Lieferschein erstellen Zollpapiere erstellen Spediteur beauftragen Ableitung leiten |
lmi lmi lmi lmi lmn |
400 300 200 100 150 |
Anzahl der Fertigmeldungen Anzahl der Versendungen Anzahl der Auslandsversendungen Anzahl Versendungen |
|
|
1.150 |
|
2.1 Bezugsgrößen der Prozesskostenrechnung
Eine Maßgröße quantifiziert die Durchläufe der Teilprozesse und hat eine Doppelfunktion. Sie ist sowohl Maßstab für den Leistungsoutput als auch Messgröße für die Kostenverursachung bzw. die Ressourcenbeanspruchung je Teilprozess in der Kostenstelle. Mit ihrer Hilfe werden die Teilprozesse den Hauptprozessen zugerechnet. Der Kostentreiber (Cost Driver) hat im Prinzip die gleichen Funktionen wie die Maßgröße, jedoch werden durch ihn die Durchläufe (Anzahl) der Hauptprozesse gemessen. Er charakterisiert zusammen mit den ermittelten Hauptprozesskosten die Hauptkosteneinflussfaktoren der untersuchten Gemeinkostenbereiche.
Cost Driver und Maßgrößen müssen folgenden Anforderungen genügen:
- Sie müssen leicht handhabbar, d. h. durch die EDV erfassbar sein;
- sie sollen eine Parallelität zwischen Kostenstellenkosten und Prozessgrößen abbilden;
- sie sollen ein Maßstab der Kostenstellenleistung sein und somit einen Beschäftigungsindikator darstellen;
- es muss eine direkte oder indirekte Beziehung zum Produkt herstellbar sein.
2.2 Ermittlung des Prozesskostensatzes
Die Ableitung von Prozesskosten kann auf der analytischen Kostenplanung der Kostenstellen aufbauen, auf Vorjahreswerten aufgesetzt werden oder aber auf Prozessebene analytisch erfolgen. Da der Aufwand einer analytischen Planung der Kosten auf Prozessebene relativ hoch ist, wird in der Praxis häufig auf nach Kostenarten differenzierte Kostenstellenpläne zurückgegriffen. Dabei werden die einzelnen Kostenarten der Kostenstellen auf die Teilprozesse der Kostenstellen umgegliedert. Dazu werden zunächst die Personalkosten entsprechend der beanspruchten Arbeitszeiten den Teilprozessen zugerechnet. Die übrigen Kostenstellenkosten werden proportional zum Personaleinsatz auf die Teilprozesse verteilt. Sofern dieser Verteilungsschlüssel nicht gewählt werden kann, sind andere oder sogar mehrere Verteilungsschlüssel anzusetzen.
Ergebnis dieses Planungsschrittes sind die geplanten Kosten je Teilprozess. Häufig ist es sinnvoll, die Kosten leistungsmengenneutraler Teilprozesse auf die lmi-Prozesse zu verrechnen. Dies erfol...