Prof. Dr. Werner Gleißner
5.1 Grundlagen
Gesamtrisikoposition bestimmen
Zielsetzung der Risikoaggregation ist nun, die Gesamtrisikoposition eines Projekts oder Unternehmens zu bestimmen. Dazu werden die Wahrscheinlichkeitsverteilungen einzelner Risiken zu einer Wahrscheinlichkeitsverteilung der Zielgröße des Unternehmens (z. B. Gewinn oder Cashflow) zusammengeführt. Aus dieser können dann Risikomaße für das Gesamtunternehmen berechnet werden, die den Gesamtrisikoumfang ausdrücken (vgl. Abschnitt 6).
Risikoaggregation bestimmt den Gesamtrisikoumfang mittels Monte-Carlo-Simulation
Die Beurteilung des Gesamtrisikoumfangs ermöglicht eine Aussage darüber, ob die Risikotragfähigkeit eines Unternehmens ausreichend ist, um den Risikoumfang des Unternehmens tatsächlich zu tragen und damit den Bestand des Unternehmens langfristig zu gewährleisten. Sollte der vorhandene Risikoumfang eines Unternehmens gemessen an der Risikotragfähigkeit zu hoch sein, werden zusätzliche Maßnahmen der Risikobewältigung erforderlich.
5.2 Risikoaggregation mittels Monte-Carlo-Simulation
Bei der Risikoaggregation werden mittels Simulation die durch Wahrscheinlichkeitsverteilungen beschriebenen Risiken in den Kontext der Unternehmensplanung gestellt, d. h., es wird jeweils gezeigt, welches Risiko an welcher Position der Planung (Erfolgsplanung) zu Abweichungen führen kann (s. Abb. 6). Mithilfe von Risikosimulationsverfahren (Monte-Carlo-Simulation) kann dann eine große repräsentative Anzahl möglicher risikobedingter Zukunftsszenarien berechnet und analysiert werden. Damit sind Rückschlüsse auf den Gesamtrisikoumfang, die Planungssicherung und die realistische Bandbreite, z. B. des Unternehmensergebnisses, möglich.
Abb. 6: Ablauf der Risikosimulation
Stichprobe der möglichen Szenarien
Die Monte-Carlo-Simulation liefert eine große "repräsentative Stichprobe" der risikobedingt möglichen Zukunftsszenarien des Unternehmens, die dann analysiert wird. Aus den ermittelten Realisationen der Zielgröße (z. B. Gewinn) ergeben sich aggregierte Häufigkeitsverteilungen. Ausgehend von der Häufigkeitsverteilung der Gewinne kann man unmittelbar auf die Risikomaße schließen, z. B. den Eigenkapitalbedarf (RAC) oder Variationskoeffizient des Unternehmens. Um eine Überschuldung zu vermeiden, wird nämlich zumindest so viel Eigenkapital benötigt, wie auch Verluste auftreten können, die dieses aufzehren.
Varianten zur Risikoerfassung
Bei bisher beschriebenen Risikoaggregationsmodellen wird immer zunächst von der Unternehmensplanung ausgegangen. Dabei existieren zwei (kombinierbare) Varianten der Risikoerfassung, nämlich
- die unmittelbare Berücksichtigung der Planungsunsicherheit bei den einzelnen Planungspositionen (d. h. das Beschreiben einer Planungsposition durch eine Verteilung, z. B. eine Normalverteilung) oder
- die separate quantitative Beschreibung eines Risikos durch eine geeignete Verteilungsfunktion (z. B. durch Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit bei ereignisorientierten Risiken) und die Zuordnung dieses Risikos in einem zweiten Schritt zu der Planungsposition, wo es Planabweichungen auslösen kann.