Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Mit der Berechnung der Rückstellung musste sich der BFH nicht befassen, da diese nicht Gegenstand des Verfahrens wurde. Demgemäß finden sich im Urteil keinerlei Hinweise auf die Kosten, die zurückgestellt wurden. Die Rückstellungsbildung hat nach den allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen.
Allerdings hat das BMF in seinem Schreiben v. 7.3.2013 weitere Ausführungen zur Berechnung gemacht. Danach dürfen nur die Aufwendungen einbezogen werden, die in direktem Zusammenhang mit der Durchführung einer zu erwartenden Betriebsprüfung stehen. Hierzu zählen z. B. die Kosten, die für die Inanspruchnahme rechtlicher oder steuerlicher Beratung zur Durchführung einer Betriebsprüfung entstehen. Nicht einzubeziehen sind insbesondere die allgemeinen Verwaltungskosten, die bei der Verpflichtung zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen nach § 257 HGB und § 147 AO, der Verpflichtung zur Erstellung des Jahresabschlusses und der Verpflichtung zur Anpassung des betrieblichen EDV-Systems an die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) berücksichtigt worden sind.
Zur Frage der Gemeinkosten hat der BFH eine grundlegende Entscheidung getroffen. Nach dem BFH Urteil vom 11.10.2012 sind grundsätzlich auch die fixen Gemeinkosten Gegenstand der handels- und steuerrechtlichen Rückstellungsbewertung. Allerdings dürften außerordentliche, neutrale und unangemessen hohe Kosten, z. B. Leerkosten bei ungenügender Kapazitätsauslastung als nicht angemessen anzusehen sein.
Es bleibt jedoch dabei, dass für die Ansätze in der Handels- und in der Steuerbilanz u. U. unterschiedliche Berechnungsmethoden anzuwenden sind. Dies begründet sich schon alleine auf der Tatsache, dass handelsrechtlich Kostensteigerungen einzubeziehen sind und eine abweichende Abzinsungsmethode anzuwenden ist.
Durch die Erweiterung des § 6 Abs. 1 EStG um Nr. 1b durch Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016, dürfte die Frage der Einbeziehung angemessener Teile der Verwaltungskosten in die Rückstellung geklärt sein. Hiernach brauchen bei der Berechnung der Herstellungskosten angemessene Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung sowie angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB nicht einbezogen werden. Zu beachten ist allerdings, dass das Wahlrecht in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben ist. Nach dem althergebrachten Grundsatz, dass handelsrechtliche Wahlrechte im Passivbereich steuerlich nicht berücksichtigungsfähig sind, bleiben diese Kosten bei der Rückstellungsberechnung außer Ansatz.
Berechnung der Rückstellung
Das Unternehmen ist als G1-Betrieb eingestuft und rechnet damit, dass eine Prüfung für den Anschlusszeitraum (07 bis 09) stattfinden wird. Die letzte Betriebsprüfung für den Zeitraum 03 bis 06 hat 5 Monate gedauert. Die nächste Prüfung wird voraussichtlich im Juli des Jahres 12 beginnen und wiederum etwa 5 Monate dauern. Es ist beabsichtigt, dem Prüfer einen Raum im eigenen Firmengebäude zur Verfügung zu stellen, für den jährliche Unterhaltungskosten von 6.000 EUR (Heizung, Energie, Reinigung etc.) entstehen. Außerdem entfällt auf den Raum ein anteiliger Abschreibungsbetrag von 3.600 EUR.
Damit der Zugriff auf das Buchführungssystem (Datenzugriff nach §§ 146, 147 AO) möglich ist, muss das System angepasst werden. Hierzu gehört insbesondere das Benutzerprofil. Es wird davon ausgegangen, dass hierfür voraussichtlich Kosten i. H. v. 1.000 EUR anfallen. Für die Betreuung des Betriebsprüfers durch eine externe EDV-Fachfirma rechnet man mit Kosten von 1.500 EUR.
Das EDV-System verursacht im Jahr Kosten von insgesamt 100.000 EUR. Darin enthalten sind Abschreibungen und laufende Kosten. Das System wird von 180 Benutzern genutzt.
Der Steuerberater des Unternehmens hat für die Betreuung der letzten Betriebsprüfung und den damit in Zusammenhang stehenden Aufwand 4.000 EUR berechnet. Die Buchhaltung rechnet mit 300 zusätzlichen Arbeitsstunden durch die Betriebsprüfung. Nach der Kostenstellenrechnung ist von einem Brutto-Stundenlohn von 30 EUR und zusätzlichen Arbeitgeber-Anteilen zur Sozialversicherung von 5,40 EUR auszugehen. Daneben wurden 20 % weitere lohnabhängige Kosten für Weihnachts- und Urlaubsgeld und sonstigen sozialen Aufwand auf den Brutto-Stundenlohn errechnet.
Das Unternehmen geht davon aus, dass die rein inflationsbedingte Kostensteigerung bis zum Beginn der nächsten Prüfung etwa 4 % beträgt. Tatsächlich erwartet die Firma aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit eine Kostensteigerung von ca. 12 %.
Auf dieser Basis soll in der Handels- und Steuerbilanz zum 31.12.09 eine Rückstellung für die Kosten einer Betriebsprüfung gebildet werden.