Larissa Baier, Dr. Carsten Bange
Zusammenfassung
- Um die gestiegenen Anforderungen an die Datennutzung und -analyse effizient zu erfüllen, prüfen immer mehr Unternehmen den Umstieg auf eine spezielle Business-Intelligence-Software.
- Sowohl Anwenderbefragungen als auch unsere Erfahrung aus 20 Jahren Softwareevaluation und Auswahlberatung zeigen, dass eine formelle und strukturierte Softwareauswahl das Risiko einer Fehlentscheidung signifikant senken kann.
- Es lohnt sich also, die Softwareauswahl fundiert anzugehen. In diesem Beitrag stellen wir unser bewährtes Vorgehensmodell zur Softwareauswahl vor und geben viele Hinweise für eine erfolgreiche Durchführung.
1 Strukturiertes Auswahlverfahren erhöht die Erfolgsaussichten
Der Einsatz ungeeigneter Software hat weitreichende Folgen, die von der Unzufriedenheit von Mitarbeitern über dauerhafte Effizienznachteile in der Prozessabwicklung bis hin zur Gefährdung des Geschäftsmodells reichen, sofern sich Wettbewerber durch neue Softwarelösungen oder eine bessere Datennutzung durchsetzen können. So zeigt die seit dem Jahr 2000 jährlich durchgeführte Befragung "BI Survey" von BARC unter mehr als 3.000 Anwendern von Business-Intelligence-Software konsistent, dass Unternehmen den Geschäftsnutzen ihrer Software durchschnittlich deutlich höher einschätzen (2019 mit Note 6 auf einer Skala von 0 (kein Geschäftsnutzen) bis 10 (höchster Geschäftsnutzen)) als wenn die Software ohne formelle Evaluation, also durch strategische Entscheidung, als Teil einer anderen Lösung oder anderen Gründen eingeführt wurde (Note 4,9) (s. Abb. 1).
Abb. 1: Erreichter Geschäftsnutzen (Business Benefit Index) von Business-Intelligence-Software, die in einer vergleichenden Evaluation ausgewählt wurde vs. BI-Software, die ohne formelle Evaluation eingesetzt wird (n=2011) (Quelle: BARC, https://bi-survey.com)
Strukturierte Softwareauswahl strategisch fundieren
Die Auswahl einer BI-Software sollte sich aus einer gesamtheitlichen BI-Strategie ableiten. Eine BI-Strategie bildet üblicherweise die fachlich/funktionalen, organisatorischen und technischen Kernaspekte des Einsatzes von entscheidungsunterstützenden Informationssystemen ab. Sie ist damit sowohl direkter Teil einer Unternehmensstrategie als auch Teil der IT-Strategie jedes Unternehmens. Die dort verankerten Grundsätze fließen als Rahmenparameter in die Auswahl der BI-Software ein.
Ein effizienter und gleichzeitig fundierter Prozess zur Auswahl jeder Standardsoftware kann in vier allgemeine Schritte unterteilt werden: Anforderungserhebung und Gewichtung, Markteingrenzung/Short List, Detailevaluierung sowie Ergebniskonsolidierung und Entscheidung.
Abb. 2: Typischer Prozess zur Auswahl einer Standardsoftware (Quelle: BARC)
Gefahr durch unzureichende Anforderungen
Jede Softwareauswahl sollte stets auf den fachlichen Anforderungen fußen. Typische Probleme bei Einführung oder späterer Nutzung von Softwarelösungen entstehen häufig durch eine unzureichende oder mangelhaft durchgeführte Anforderungsanalyse und eine unzureichende Überprüfung der Leistungsfähigkeit der gewählten Lösung. So lassen sich viele Gründe, die zur Ablösung von BI-Software führen, auf Fehler in der Softwareauswahl zurückführen (s. Abb. 3).
Abb. 3: Gründe für die Ablösung von Software, The BI Survey 19 (n= 354) (Quelle: BARC, https://bi-survey.com)
Um einige der in der Abb. 3 aufgeführten Fehler zu vermeiden, sollte ein besonderes Augenmerk auf die Phase der Anforderungsdiskussion gelegt werden. Die Aufnahme dieser Kriterien und deren Gewichtung stellen nämlich das Fundament für die eigentliche Werkzeugauswahl dar. Wird dieses lückenhaft und damit fehlerhaft erstellt, wirkt sich dies mittelbar auf die betrachteten Werkzeuge und damit den Erfolg oder Misserfolg der BI-Frontendauswahl aus.
2 Vorgehen bei der Softwareauswahl
2.1 Anforderungserhebung und Gewichtung
Anforderungserhebung wichtigste Phase
Da die Anforderungserhebungsphase die wichtigste Phase im gesamten Prozess ist, sollte ihr genügend Beachtung geschenkt werden. Einer der häufigsten Fehler im Rahmen der Anforderungsanalyse stellt der beschränkte Einbezug verschiedener Parteien im Unternehmen dar. Wir sehen häufig Softwareauswahlprojekte, die von einem bestimmten Unternehmensbereich ohne Hinzunahme oder Kommunikation an weitere Bereiche, durchgeführt werden. Handelt es sich um eine Spezialsoftware für einen bestimmten Anwendungsfall kann es sinnvoll sein den Kreis der Beteiligten aufgrund des eingeschränkten Empfänger- bzw. Nutzerkreises klein zu halten. Wenn jedoch andere Unternehmensbereiche ähnliche Lösungen einsetzen (können) oder die Software oder ihre Ergebnisse übergreifend genutzt werden, dann können durch eine übergreifende Softwareauswahl wahrscheinlich Synergieeffekte in Auswahl, Anschaffung und Betrieb der Lösungen erzielt werden. Grundlegend ist die Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen und IT um sowohl fachliche Aspekte der Softwarenutzung als auch technische Aspekte des Softwarebetriebes. Sobald der Kreis der Anforderungsgeber so definiert wurde, kann die Erfassung der Anforderungen erfolgen.
Formen der Anforderungserhebung
Eine Diskussion, Erfassung und Abstimmung von Anforderungen kann in unterschiedlich...