Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
Die in Reaktion auf die BVerfG-Beschlüsse zur Verfassungswidrigkeit des alten Grundsteuerrechts (BVerfG, Urteil v. 10.4.2018, 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12, BFH/NV 2018 S. 703) verabschiedeten Gesetze zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (GrStRefG) v. 26.11.2019 (BGBl 2019 I S. 1794) sowie zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer (GrStRefUG v. 16.7.2021, BGBl 2021 I S. 2931) sehen eine Neubewertung der Grundstücke zum 1.1.2022 und die erstmalige Erhebung der neuen Grundsteuer zum 1.1.2025 vor.
Das Grundsteuerreformgesetz sieht neben dem sog. Bundesmodell zur Berechnung der neuen Grundsteuer u.a. eine Länderöffnungsklausel vor, nach der die einzelnen Bundesländer eigene Landesgrundsteuergesetze entwickeln konnten, die an die Belange und Strukturen des jeweiligen Bundeslands angepasst sind. Insbesondere aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen den eingesetzten Landesmodellen werden auch an den neuen Regelungen Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit geäußert. So steht bspw. das baden-württembergische Modell in der Kritik, da es lediglich die Bodenrichtwerte (und nicht die konkrete Bebauung) berücksichtigt (sog. Bodenwertmodell; Klage anhängig beim FG Baden-Württemberg unter 8 K 2368/22, 8 K 2491/22). Andere Bundesländer mit eigenem Landesmodell berücksichtigen dagegen neben der Grundstücksfläche auch die Gebäudefläche und Lage des Grundstücks (sog. Flächen-Lage-Modell). Auch dieses Modell sowie das bayerische Flächenmodell stehen in der Kritik hinsichtlich einer möglichen Verfassungswidrigkeit (anhängig beim Bayerischen VGH), jedoch hat das FG Nürnberg in einem Verfahren zur Aussetzung der Vollziehung die Regelungen des Bayerischen Grundsteuergesetzes als verfassungsgemäß beurteilt (FG Nürnberg, Beschluss v. 8.8.2023 (8 V 300/23).
Zum Bundesmodell, das in neun Bundesländern und mit Abweichungen in weiteren zwei Bundesländern angewandt wird, sind ebenfalls bereits Verfahren beim FG Berlin-Brandenburg (3 K 3026/23, 3 K 3170/22, 3 K 3018/23) anhängig. Das FG Rheinland-Pfalz hat in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Vollziehung der konkret betroffenen Grundsteuerwertbescheide wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts ausgesetzt. Das FG hat die Beschwerde zum BFH zugelassen (Beschlüsse v. 23.11.2023, 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23, Pressemitteilung des FG v. 27.11.2023). Beim FG Rheinland-Pfalz sind weitere Verfahren (u.a. 4 K 1189/23, 4 K 1190/23, 4 K 1217/23) anhängig.
Hingegen hat das Sächsische FG mit Urteil v. 24.10.2023 (2 K 574/23) die Regelungen des neuen Grundsteuergesetzes sowie die Sächsischen Sonderregelungen zur Feststellung der Grundsteuerwerte auf den 1.1.2022 und zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags auf den 1.1.2025 als rechtmäßig eingestuft.
Bisher ist u. E. noch kein anhängiges Hauptsacheverfahren bei einem obersten Bundesgericht und insbesondere nicht beim BVerfG bekannt. Dennoch sollte geprüft werden, ob Verfahren ggfs. über einen Einspruch gegen den Grundsteuerwertbescheid verbunden mit einem Antrag auf Verfahrensruhe offengehalten werden, um von einer für die Steuerpflichtigen günstigen und u.U. rückwirkenden etwaigen Entscheidung des BVerfG profitieren zu können.