Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
2.3.1 Relevante Beteiligungsgrenze bei Auslandsbeteiligungen
Der Gewinn aus der Veräußerung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 17 EStG). Voraussetzung ist u.a. eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung zu mindestens 1 % in den letzten fünf Jahren vor Veräußerung. Bei der Frage, ob die 1 %-Grenze überschritten wurde, ist bei Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft laut BFH als maßgebliche Bezugsgröße das tatsächlich übernommene Gesellschaftskapital heranzuziehen. Auf das genehmigte Kapital komme es insoweit nicht an, auch wenn es sich aus einem öffentlichen Register ergibt (BFH, Urteil v. 14.2.2023, IX R 23/21, BStBl II 2023 S. 557, zur Beteiligung an einer US-amerikanischen, nach dem Recht von Delaware gegründeten Corporation). Der BFH hielt dabei auch an seiner bisherigen Sichtweise fest, dass die US-amerikanische Corporation dem Typenvergleich standhält und die Beteiligung an dieser Gesellschaft eine Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG ist.
Der BFH folgte damit nicht der Sicht des FG Münster in seinen Urteilen v. 27.11.2013 (11 K 3468/11 E, betreffend eine Limited englischen Rechts) und v. 6.12.2016 (7 K 3225/13 E, betreffend eine nach dem Recht des US-Bundesstaats Nevada gegründete "Inc."), das auf das ins Handelsregister eingetragene "authorized capital" der betreffenden Gesellschaften abstellte.
2.3.2 Verluste aus Gesellschafterdarlehen
Verluste aus gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehen können bei Beteiligungen i.S.v. § 17 EStG zu nachträglichen Anschaffungskosten führen. Der mit dem Jahressteuergesetz 2019 neu eingeführte § 17 Abs. 2a EStG (erstmalige gesetzliche Grundlage für im Rahmen von § 17 EStG zu berücksichtigende (nachträgliche) Anschaffungskosten) enthält keine eigene Bewertungsnorm. Der BFH wendet zur Bewertung insoweit seine "alten" Grundsätze des sog. Eigenkapitalersatzrechts weiter an. Demnach ist ein in der Krise stehen gelassenes Darlehen mit dem zum Zeitpunkt des Eintritts der Krise bestehenden Teilwert zu bewerten (BFH, Urteil v. 18.7.2023, IX R 21/21).
Im konkreten Fall lag der Teilwert beim Stehenlassen in der Krise bei 0 EUR, so dass eine Berücksichtigung bei § 17 Abs. 2a EStG ausschied (zeitliche Anwendbarkeit aufgrund eines entsprechenden Antrags gewahrt). Dabei wies der BFH darauf hin, dass auch im Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2a Satz 3 Nr. 2 EStG bei einem Ansatz mit dem Teilwert der Darlehensausfall in Höhe des nicht werthaltigen Teils bei den Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich berücksichtigt werden könne. Da der Darlehensverlust aber vor dem 31.12.2008 eintrat, kam auch eine Berücksichtigung im Rahmen des § 20 EStG nicht in Betracht.
2.3.3 Disquotale Stimm- und Gewinnbezugsrechte
Für den BFH handelt es sich bei der disquotalen Ausgestaltung des Stimm- und Gewinnbezugsrechts bei einer GmbH um einen Umstand, der "den Preis beeinflusst" und der so nach § 9 Abs. 2 Satz 2 BewG bei der Bewertung zu berücksichtigen sei (abweichender Gewinnverteilungsschlüssel als wertbildender Faktor, BFH, Urteil v. 16.11.2022, X R 17/20, BStBl 2023 II S. 484). Im konkreten Fall ging es um die Bewertung einer Sachspende (schenkweise Übertragung einer im Privatvermögen gehaltene 89-%ige GmbH-Beteiligung) an eine gemeinnützige Stiftung, wobei der Anteil nur mit einem Gewinnbezugs- und Stimmrecht von 1 % ausgestattet war. Das hatte zur Folge, dass die geschenkte Beteiligung im Rahmen der Spendenregelung des § 10b EStG mit einem niedrigeren gemeinen Wert zu bewerten war. Für den BFH konnte die besonders stark ausgeprägte Disquotalität nicht durch einen pauschalen Bewertungsabschlag, sondern allein dadurch berücksichtigt werden, dass auf den übertragenen Anteil – entsprechend dem Gewinnbezugs- und Stimmrecht – nur 1 % des Gesamtwerts der GmbH entfällt. Hierfür sprach u.a., dass der übertragene Anteil nur über Gewinnausschüttungen – und damit i.H.v. 1 % – an dem Wert der GmbH partizipieren könne. Da der BFH Mängel bei der vom FG vorgenommenen Schätzung feststellte, wurde die Sache an das FG zurückverwiesen.
Im konkreten Fall galt die Norm des § 10b Abs. 3 EStG noch ohne die mit Wirkung ab 2009 geltende Ergänzung, wonach bei der Zuwendung eines Wirtschaftsguts, dessen Veräußerung einen Besteuerungstatbestand erfüllen würde, die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten ohne Herbeiführung einer Gewinnrealisierung nicht überschritten werden dürfen. Die im Fall aufgeworfene Bewertungsfrage bei disquotalen Stimm- und Gewinnbezugsrechten dürfte sich jedoch auch im Rahmen des – im Streitfall nicht anwendbaren – § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG stellen. Der BFH äußerte sich auch zu den Folgen u.a. für den Vertrauensschutz einer ausgestellten Zuwendungsbestätigung (§ 10b Abs. 4 EStG).