Daniel Käshammer, Dr. Andreas Bolik
2.9.1 (Mit-)vermietung von Betriebsvorrichtungen
Die Vermietung von Grundstücken ist umsatzsteuerfrei. Davon ausgeschlossen ist die Vermietung von Betriebsvorrichtungen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG). Der EuGH sieht diese Ausgestaltung nach dem deutschen UStG jedoch als nicht mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vereinbar an (EuGH, Urteil v. 4.5.2023, C-516/21). Der maßgebende Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL sei vielmehr dahin auszulegen, dass die Betriebsvorrichtung umsatzsteuerfrei mitvermietet wird, wenn die Vermietung der Betriebsvorrichtung eine Nebenleistung zu der Hauptleistung der umsatzsteuerfreien Grundstücksvermietung ist.
Der BFH folgte dieser Ansicht und änderte damit seine bisherige Rechtsprechung (BFH, Beschluss v. 17.8.2023, V R 7/23 (V R 22/20), BFH/NV 2023 S. 1386). Handelt es sich bei der Vermietung oder Verpachtung von auf Dauer eingebauten Betriebsvorrichtungen um eine Nebenleistung zu einer umsatzsteuerfreien Vermietung oder Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung, so ist die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen ebenfalls umsatzsteuerfrei. § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ist nicht anzuwenden. Folglich besteht kein Aufteilungsgebot für eine umsatzsteuerfreie Vermietung des Gebäudes einerseits und einer umsatzsteuerpflichtigen Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen andererseits. Stattdessen ist auch im Falle der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen die allgemeine Systematik (Nebenleistungen zu einer Hauptleistung sind umsatzsteuerlich so einzuordnen wie die Hauptleistung) anzuwenden.
Durch die geänderte Sichtweise ergibt sich Handlungsbedarf. Wird die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen nun als umsatzsteuerfrei eingeordnet, kann auf hierauf entfallende Eingangsleistungen keine Vorsteuer mehr abgezogen werden (mit Folgen für allgemeine betriebswirtschaftliche Kalkulationen und die Ausgestaltung bisheriger und neuer Mietverträge). Abzuwarten bleibt, wie die Finanzverwaltung und gegebenenfalls der Gesetzgeber auf den BFH-Beschluss reagieren. So ist denkbar, dass der Gesetzgeber die bisherige Rechtslage – die Aufteilung zwischen umsatzsteuerfreier Haupt- und umsatzsteuerpflichtiger Mitvermietung der Betriebsvorrichtung – durch eine Gesetzesänderung aufrechtzuerhalten versucht. Der BFH scheint in seiner Entscheidung anzudeuten, dass er eine Möglichkeit hierfür sieht. Denkbar ist aber auch, dass Finanzverwaltung und/oder Gesetzgeber die geänderte Rechtsauffassung der umsatzsteuerfreien Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen akzeptieren. Ob in diesem Fall Nichtbeanstandungsregelungen für die Vergangenheit und ggf. sogar Übergangsfristen für die Zukunft eingeräumt werden, ist ebenfalls offen.
Weiterhin sind auch Auswirkungen auf andere, aber vergleichbare Konstellationen möglich.
2.9.2 Behandlung von Reihengeschäften
Durch das Jahressteuergesetz 2019 v. 12.12.2019 (BGBl 2019 I S. 2451) wurde mit Wirkung zum 1.1.2020 die Regelung zum umsatzsteuerlichen Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6 UStG) geändert und um einen neuen § 3 Abs. 6a UStG (Behandlung der mittleren Unternehmer in der Reihe, die sowohl Abnehmer als auch (Weiter-)Lieferant der Ware sind) ergänzt. Transportieren die mittleren Unternehmer die Ware, ist für die Zuordnung der Warenbewegung zu einer Lieferung entscheidend, ob sie die Ware als Abnehmer der Lieferung an sie selbst transportieren oder als Lieferant ihrer (Weiter-)Lieferung. Hierfür spielt seit der Gesetzesänderung maßgeblich eine Rolle, ob und wie die Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer verwendet wird.
Reihengeschäfte liegen vor, wenn mehrere Unternehmer dieselbe Ware an den nächsten Unternehmer weiterliefern und die Ware von dem ersten veräußernden Unternehmer an den letzten Abnehmer transportiert wird. Die Warenbewegung wird nur einer der nacheinander folgenden Lieferungen zugeordnet, alle anderen Lieferungen in der Reihe sind sog. ruhende Lieferungen. Die Zuordnung der Warenbewegung ist insbesondere von Bedeutung, wenn die Ware von einem Land in ein anderes bewegt wird. Aus der Zuordnung folgt, welche der Lieferungen die umsatzsteuerbefreite Ausfuhr oder innergemeinschaftliche Lieferung ist und in welchem der Länder die Lieferungen umsatzsteuerbar sind.
Mit BMF-Schreiben v. 25.4.2023 (BStBl 2023 I S. 778) aktualisierte das BMF seinen Abschn. 3.14 UStAE. Neben der Anpassung der Verweise wurden Ausführungen zur Lieferung durch einen mittleren Händler der Reihe ergänzt. Auch in anderen Bereichen, beispielsweise bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und Warenbewegungen im Verhältnis zum Drittland, wurde der Abschnitt angepasst und erweitert.
Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Bis zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt enthielt das BMF-Schreiben eine Nichtbeanstandungsregelung (Nichtbeanstandung, wenn die Zuweisung der Transportverantwortlichkeit von den Beteiligten einvernehmlich abweichend der neuen Verwaltungsanweisungen bestimmt worden ist).
2.9.3 Fehlgeschlagenes Dreiecksgeschäft
Das in § 25b UStG normierte Dreiecksgeschäft als Sonderform des innergemeinschaftlichen Reihengeschäfts ermöglicht dem mittleren Unternehmer eine Verein...